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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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Viktor der Sohn des Pfarrers Eyman ist . . . .
Aber welche helle weite Beleuchtung giebt nicht die¬
ser Vollmond unserer ganzen Geschichte, auf die bis¬
her nur eine Mondssichel schien? --

Ich gesteh' es, schon beim ersten Kapitel fiel es
mir auf, daß Viktor ein Arzt war: jetzt ist's er¬
klärt; denn der medizinische Doktorhut war die be¬
ste Montgolfiere und das Wünschhütlein für einen
bürgerlichen Legaten des Lords, um damit leichter
um den Thron zu schweben und auf den mürben
Jenner einzuwirken; auch konnte Sebastian nach
seiner künftigen Devalvazion und nach dem Verlust
des Federhuts am besten in den medizinschen sein
tägliches bürgerliches Brod einsammeln -- sah der
Lord. Das war Ein Grund, warum dieser jenen
für seinen Sohn ausgab. Ein anderer ist: Viktor
war der Rolle beim Fürsten durch seine Laune, Ge¬
wandheit, Gefälligkeit u. s. w. am meisten gewach¬
sen, wozu noch die empfehlende Aehnlichkeit trat,
die er mit dem fünften bis jetzt noch verlornen Soh¬
ne, den Jenner so liebte, in allem, das Alter aus¬
genommen, besaß. Da nur ein Leibarzt der Günst¬
ling seyn sollte: so konnte der Lord keinen von den
fürstlichen Söhnen dazu nehmen, weil diese Juristen
werden mußten, um in die künftigen Aemter einzu¬
passen. -- Seinen eignen Sohn Julius konnt' er
nicht brauchen, weil er blind war -- beiläufig! der

Viktor der Sohn des Pfarrers Eyman iſt . . . .
Aber welche helle weite Beleuchtung giebt nicht die¬
ſer Vollmond unſerer ganzen Geſchichte, auf die bis¬
her nur eine Mondsſichel ſchien? —

Ich geſteh' es, ſchon beim erſten Kapitel fiel es
mir auf, daß Viktor ein Arzt war: jetzt iſt's er¬
klaͤrt; denn der mediziniſche Doktorhut war die be¬
ſte Montgolfiere und das Wuͤnſchhuͤtlein fuͤr einen
buͤrgerlichen Legaten des Lords, um damit leichter
um den Thron zu ſchweben und auf den muͤrben
Jenner einzuwirken; auch konnte Sebaſtian nach
ſeiner kuͤnftigen Devalvazion und nach dem Verluſt
des Federhuts am beſten in den medizinſchen ſein
taͤgliches buͤrgerliches Brod einſammeln — ſah der
Lord. Das war Ein Grund, warum dieſer jenen
fuͤr ſeinen Sohn ausgab. Ein anderer iſt: Viktor
war der Rolle beim Fuͤrſten durch ſeine Laune, Ge¬
wandheit, Gefaͤlligkeit u. ſ. w. am meiſten gewach¬
ſen, wozu noch die empfehlende Aehnlichkeit trat,
die er mit dem fuͤnften bis jetzt noch verlornen Soh¬
ne, den Jenner ſo liebte, in allem, das Alter aus¬
genommen, beſaß. Da nur ein Leibarzt der Guͤnſt¬
ling ſeyn ſollte: ſo konnte der Lord keinen von den
fuͤrſtlichen Soͤhnen dazu nehmen, weil dieſe Juriſten
werden mußten, um in die kuͤnftigen Aemter einzu¬
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nicht brauchen, weil er blind war — beilaͤufig! der

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[303/0313] Viktor der Sohn des Pfarrers Eyman iſt . . . . Aber welche helle weite Beleuchtung giebt nicht die¬ ſer Vollmond unſerer ganzen Geſchichte, auf die bis¬ her nur eine Mondsſichel ſchien? — Ich geſteh' es, ſchon beim erſten Kapitel fiel es mir auf, daß Viktor ein Arzt war: jetzt iſt's er¬ klaͤrt; denn der mediziniſche Doktorhut war die be¬ ſte Montgolfiere und das Wuͤnſchhuͤtlein fuͤr einen buͤrgerlichen Legaten des Lords, um damit leichter um den Thron zu ſchweben und auf den muͤrben Jenner einzuwirken; auch konnte Sebaſtian nach ſeiner kuͤnftigen Devalvazion und nach dem Verluſt des Federhuts am beſten in den medizinſchen ſein taͤgliches buͤrgerliches Brod einſammeln — ſah der Lord. Das war Ein Grund, warum dieſer jenen fuͤr ſeinen Sohn ausgab. Ein anderer iſt: Viktor war der Rolle beim Fuͤrſten durch ſeine Laune, Ge¬ wandheit, Gefaͤlligkeit u. ſ. w. am meiſten gewach¬ ſen, wozu noch die empfehlende Aehnlichkeit trat, die er mit dem fuͤnften bis jetzt noch verlornen Soh¬ ne, den Jenner ſo liebte, in allem, das Alter aus¬ genommen, beſaß. Da nur ein Leibarzt der Guͤnſt¬ ling ſeyn ſollte: ſo konnte der Lord keinen von den fuͤrſtlichen Soͤhnen dazu nehmen, weil dieſe Juriſten werden mußten, um in die kuͤnftigen Aemter einzu¬ paſſen. — Seinen eignen Sohn Julius konnt' er nicht brauchen, weil er blind war — beilaͤufig! der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/313>, abgerufen am 28.03.2024.