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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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25. Summula.
Musikalisches Deklamatorium.

Die Leser finden jetzt um 7 Uhr alle Maul-
bronner von Bildung in Nießens Deklamier-
saal. -- Das musikalische Vorspiel hat schon
ausgespielt -- Nieß geht mit "dem Ritter einer
größern Zeit" in der Hand, ihn drittels dekla-
mierend, drittels lesend, drittels tragierend lang-
sam zwischen der weiblichen und männlichen Kom-
pagniengasse auf und ab, und hält bald bey
diesem Mädchen still, bald bey jenem. Auch
Katzenberger ging auf und ab, aber einsam im
Vorsaal, theils um den reinen Musik-Wein
ohne poetischen Bleizucker einzuschlürfen, theils
weil es überhaupt seine Sitte war, im Vor-
zimmer eines Konzertsaales unter unaufhörli-
cher Erwartung des Billeteurs, daß er seine Ein-
laßkarte nehme, so lange im musikalischen Ge-
nusse gratis versunken hin und her zu spatzieren,
bis alles vorbey war. -- Der Vorleser steht

25. Summula.
Muſikaliſches Deklamatorium.

Die Leſer finden jetzt um 7 Uhr alle Maul-
bronner von Bildung in Nießens Deklamier-
ſaal. — Das muſikaliſche Vorſpiel hat ſchon
ausgeſpielt — Nieß geht mit „dem Ritter einer
groͤßern Zeit” in der Hand, ihn drittels dekla-
mierend, drittels leſend, drittels tragierend lang-
ſam zwiſchen der weiblichen und maͤnnlichen Kom-
pagniengaſſe auf und ab, und haͤlt bald bey
dieſem Maͤdchen ſtill, bald bey jenem. Auch
Katzenberger ging auf und ab, aber einſam im
Vorſaal, theils um den reinen Muſik-Wein
ohne poetiſchen Bleizucker einzuſchluͤrfen, theils
weil es uͤberhaupt ſeine Sitte war, im Vor-
zimmer eines Konzertſaales unter unaufhoͤrli-
cher Erwartung des Billeteurs, daß er ſeine Ein-
laßkarte nehme, ſo lange im muſikaliſchen Ge-
nuſſe gratis verſunken hin und her zu ſpatzieren,
bis alles vorbey war. — Der Vorleſer ſteht

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[154/0172] 25. Summula. Muſikaliſches Deklamatorium. Die Leſer finden jetzt um 7 Uhr alle Maul- bronner von Bildung in Nießens Deklamier- ſaal. — Das muſikaliſche Vorſpiel hat ſchon ausgeſpielt — Nieß geht mit „dem Ritter einer groͤßern Zeit” in der Hand, ihn drittels dekla- mierend, drittels leſend, drittels tragierend lang- ſam zwiſchen der weiblichen und maͤnnlichen Kom- pagniengaſſe auf und ab, und haͤlt bald bey dieſem Maͤdchen ſtill, bald bey jenem. Auch Katzenberger ging auf und ab, aber einſam im Vorſaal, theils um den reinen Muſik-Wein ohne poetiſchen Bleizucker einzuſchluͤrfen, theils weil es uͤberhaupt ſeine Sitte war, im Vor- zimmer eines Konzertſaales unter unaufhoͤrli- cher Erwartung des Billeteurs, daß er ſeine Ein- laßkarte nehme, ſo lange im muſikaliſchen Ge- nuſſe gratis verſunken hin und her zu ſpatzieren, bis alles vorbey war. — Der Vorleſer ſteht

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/172>, abgerufen am 28.03.2024.