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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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wohl es freilich auch andre giebt, die wieder sei-
nen Parade-Namen nicht kennen. Gleichwohl
gelangten alle Mädchenbriefe leicht unter der
Aufschrift Theudobach an den Dichter Nieß --
bloß durch die Oberzeremonienmeister oder Hof-
marschälle der Autoren; man macht nämlich
einen Umschlag an die Verleger.

Nun hatte Nieß als ein überall berühmter
Bühnen-Dichter sich längst vorgesetzt, einen Ba-
deort zu besuchen, als den schicklichsten Ort den
ein Autor voll Lorbeeren, der gern ein lebendiges
Pantheon um sich aufführte, zu erwählen hat,
besonders wegen des vornehmen Morgen-Trink-
gelags und der Maskenfreiheiten, und des Kon-
gresses des Reichthums und der Bildung solcher
Oerter. Er ertheilte Maulbronn, das seine
Stücke jeden Sommer spielte, den Preis jenes
Besuches; nur aber wollt' er um seine Aben-
theuer pikanter und scherzhafter zu haben, allda
inkognito unter seinem eignen Namen Nieß an-
langen, den Badegästen eine musikalische dekla-
matorische Akademie von Theudobachs Stücken
geben; und dann gerade, wenn der sämmtliche

wohl es freilich auch andre giebt, die wieder ſei-
nen Parade-Namen nicht kennen. Gleichwohl
gelangten alle Maͤdchenbriefe leicht unter der
Aufſchrift Theudobach an den Dichter Nieß —
bloß durch die Oberzeremonienmeiſter oder Hof-
marſchaͤlle der Autoren; man macht naͤmlich
einen Umſchlag an die Verleger.

Nun hatte Nieß als ein uͤberall beruͤhmter
Buͤhnen-Dichter ſich längſt vorgeſetzt, einen Ba-
deort zu beſuchen, als den ſchicklichſten Ort den
ein Autor voll Lorbeeren, der gern ein lebendiges
Pantheon um ſich auffuͤhrte, zu erwaͤhlen hat,
beſonders wegen des vornehmen Morgen-Trink-
gelags und der Maskenfreiheiten, und des Kon-
greſſes des Reichthums und der Bildung ſolcher
Oerter. Er ertheilte Maulbronn, das ſeine
Stuͤcke jeden Sommer ſpielte, den Preis jenes
Beſuches; nur aber wollt’ er um ſeine Aben-
theuer pikanter und ſcherzhafter zu haben, allda
inkognito unter ſeinem eignen Namen Nieß an-
langen, den Badegaͤſten eine muſikaliſche dekla-
matoriſche Akademie von Theudobachs Stuͤcken
geben; und dann gerade, wenn der ſaͤmmtliche

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[18/0036] wohl es freilich auch andre giebt, die wieder ſei- nen Parade-Namen nicht kennen. Gleichwohl gelangten alle Maͤdchenbriefe leicht unter der Aufſchrift Theudobach an den Dichter Nieß — bloß durch die Oberzeremonienmeiſter oder Hof- marſchaͤlle der Autoren; man macht naͤmlich einen Umſchlag an die Verleger. Nun hatte Nieß als ein uͤberall beruͤhmter Buͤhnen-Dichter ſich längſt vorgeſetzt, einen Ba- deort zu beſuchen, als den ſchicklichſten Ort den ein Autor voll Lorbeeren, der gern ein lebendiges Pantheon um ſich auffuͤhrte, zu erwaͤhlen hat, beſonders wegen des vornehmen Morgen-Trink- gelags und der Maskenfreiheiten, und des Kon- greſſes des Reichthums und der Bildung ſolcher Oerter. Er ertheilte Maulbronn, das ſeine Stuͤcke jeden Sommer ſpielte, den Preis jenes Beſuches; nur aber wollt’ er um ſeine Aben- theuer pikanter und ſcherzhafter zu haben, allda inkognito unter ſeinem eignen Namen Nieß an- langen, den Badegaͤſten eine muſikaliſche dekla- matoriſche Akademie von Theudobachs Stuͤcken geben; und dann gerade, wenn der ſaͤmmtliche

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/36>, abgerufen am 29.03.2024.