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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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seinen Papa und seine Mama bieten; aber ich war
bei nichts der Plus Lizitans als bei Gustavs Por¬
trait, das er auch losschlug. Der Edelmann hieß
-- Röper, von dem ich oben gesagt, daß er an
Einem Tage Ehemann und Stiefvater geworden.

Und hier hängst du ja, Gustav, mir und mei¬
nem Schreibtisch gegenüber und wenn ich über et¬
was sinne, so stößet mein Auge immer auf dich.
Viele tadeln mich, mein kleiner Held, daß ich
dich hier zwischen Shakespear und Winkelmann
(von Bause) aufgenagelt; aber hast du nicht --
das bedenken zu wenige -- einen Nasen-Schwibbo¬
gen, auf dem schwere und hohe Gedanken ruhen
und der oft unter der Hand des Todes sich noch
schöner wölbt, und hast du nicht unter dem Kno¬
chen-Architrab ein weites Auge, durch das die
Natur wie durch eine Ehrenpforte in die Seele
zieht, und ein gewölbtes Haus des Geistes und
alles, womit du deine in Kupfer gestochne Nach¬
barschaft verdienest und aushältst?

Der Leser sollte jezt wissen (es geschieht aber
weiter hinten) was mich jezt nöthigt, meinen Sek¬
tor plötzlich auszumachen und einzusperren. . . .


ſeinen Papa und ſeine Mama bieten; aber ich war
bei nichts der Plus Lizitans als bei Guſtavs Por¬
trait, das er auch losſchlug. Der Edelmann hieß
— Roͤper, von dem ich oben geſagt, daß er an
Einem Tage Ehemann und Stiefvater geworden.

Und hier haͤngſt du ja, Guſtav, mir und mei¬
nem Schreibtiſch gegenuͤber und wenn ich uͤber et¬
was ſinne, ſo ſtoͤßet mein Auge immer auf dich.
Viele tadeln mich, mein kleiner Held, daß ich
dich hier zwiſchen Shakeſpear und Winkelmann
(von Bauſe) aufgenagelt; aber haſt du nicht —
das bedenken zu wenige — einen Naſen-Schwibbo¬
gen, auf dem ſchwere und hohe Gedanken ruhen
und der oft unter der Hand des Todes ſich noch
ſchoͤner woͤlbt, und haſt du nicht unter dem Kno¬
chen-Architrab ein weites Auge, durch das die
Natur wie durch eine Ehrenpforte in die Seele
zieht, und ein gewoͤlbtes Haus des Geiſtes und
alles, womit du deine in Kupfer geſtochne Nach¬
barſchaft verdieneſt und aushaͤltſt?

Der Leſer ſollte jezt wiſſen (es geſchieht aber
weiter hinten) was mich jezt noͤthigt, meinen Sek¬
tor ploͤtzlich auszumachen und einzuſperren. . . .


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[73/0109] ſeinen Papa und ſeine Mama bieten; aber ich war bei nichts der Plus Lizitans als bei Guſtavs Por¬ trait, das er auch losſchlug. Der Edelmann hieß — Roͤper, von dem ich oben geſagt, daß er an Einem Tage Ehemann und Stiefvater geworden. Und hier haͤngſt du ja, Guſtav, mir und mei¬ nem Schreibtiſch gegenuͤber und wenn ich uͤber et¬ was ſinne, ſo ſtoͤßet mein Auge immer auf dich. Viele tadeln mich, mein kleiner Held, daß ich dich hier zwiſchen Shakeſpear und Winkelmann (von Bauſe) aufgenagelt; aber haſt du nicht — das bedenken zu wenige — einen Naſen-Schwibbo¬ gen, auf dem ſchwere und hohe Gedanken ruhen und der oft unter der Hand des Todes ſich noch ſchoͤner woͤlbt, und haſt du nicht unter dem Kno¬ chen-Architrab ein weites Auge, durch das die Natur wie durch eine Ehrenpforte in die Seele zieht, und ein gewoͤlbtes Haus des Geiſtes und alles, womit du deine in Kupfer geſtochne Nach¬ barſchaft verdieneſt und aushaͤltſt? Der Leſer ſollte jezt wiſſen (es geſchieht aber weiter hinten) was mich jezt noͤthigt, meinen Sek¬ tor ploͤtzlich auszumachen und einzuſperren. . . .

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/109>, abgerufen am 29.03.2024.