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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Rekrutenwildpret zu fangen war, den Leithund
machte, und daß er sich verdächtig an den kleinen
Gustav mit seinen Fabrikaten drängte. Ein solches
Anhäkeln an Kinder ist immer zweideutig. Kinder
lieben Bediente besonders; und vollends Gustav,
der schlechterdings auch später nicht vermochte je¬
mand zu hassen, den er in seiner Kindheit lieb ge¬
habt. Von allen Unthaten, die Robisch an ihm
verübt hätte, wäre gleichwohl das Band der Dank¬
barkeit für das elende Insektenstockhaus, das den
Wall entvölkerte, nicht entzwei gegangen.

Was in der salomonischen Schloßkirche war,
sollte Zucker fressen, weil Kinder ihn für das Uni¬
versalessen ansehen; und es wären die schönsten
Inhaftaten verhungert, wenn nicht ihr Frohnvogt,
Gustav, vom Kammerjäger noch einen Staarmatz
zum Geschenk bekommen hätte: denn den Matz ließ
er auch in das Pantheon hineinspringen und der
fraß alles was nichts zu fressen hatte.... Wenn
ich hier unter die Flügeldecken der Insekten und in
die Kehle des Matzens die richtigsten Reflexionen
und die kühnsten Winke versteckt habe: so hoff' ich
man finde sich in dergleichen schön.

Rekrutenwildpret zu fangen war, den Leithund
machte, und daß er ſich verdaͤchtig an den kleinen
Guſtav mit ſeinen Fabrikaten draͤngte. Ein ſolches
Anhaͤkeln an Kinder iſt immer zweideutig. Kinder
lieben Bediente beſonders; und vollends Guſtav,
der ſchlechterdings auch ſpaͤter nicht vermochte je¬
mand zu haſſen, den er in ſeiner Kindheit lieb ge¬
habt. Von allen Unthaten, die Robiſch an ihm
veruͤbt haͤtte, waͤre gleichwohl das Band der Dank¬
barkeit fuͤr das elende Inſektenſtockhaus, das den
Wall entvoͤlkerte, nicht entzwei gegangen.

Was in der ſalomoniſchen Schloßkirche war,
ſollte Zucker freſſen, weil Kinder ihn fuͤr das Uni¬
verſaleſſen anſehen; und es waͤren die ſchoͤnſten
Inhaftaten verhungert, wenn nicht ihr Frohnvogt,
Guſtav, vom Kammerjaͤger noch einen Staarmatz
zum Geſchenk bekommen haͤtte: denn den Matz ließ
er auch in das Pantheon hineinſpringen und der
fraß alles was nichts zu freſſen hatte.... Wenn
ich hier unter die Fluͤgeldecken der Inſekten und in
die Kehle des Matzens die richtigſten Reflexionen
und die kuͤhnſten Winke verſteckt habe: ſo hoff' ich
man finde ſich in dergleichen ſchoͤn.

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[86/0122] Rekrutenwildpret zu fangen war, den Leithund machte, und daß er ſich verdaͤchtig an den kleinen Guſtav mit ſeinen Fabrikaten draͤngte. Ein ſolches Anhaͤkeln an Kinder iſt immer zweideutig. Kinder lieben Bediente beſonders; und vollends Guſtav, der ſchlechterdings auch ſpaͤter nicht vermochte je¬ mand zu haſſen, den er in ſeiner Kindheit lieb ge¬ habt. Von allen Unthaten, die Robiſch an ihm veruͤbt haͤtte, waͤre gleichwohl das Band der Dank¬ barkeit fuͤr das elende Inſektenſtockhaus, das den Wall entvoͤlkerte, nicht entzwei gegangen. Was in der ſalomoniſchen Schloßkirche war, ſollte Zucker freſſen, weil Kinder ihn fuͤr das Uni¬ verſaleſſen anſehen; und es waͤren die ſchoͤnſten Inhaftaten verhungert, wenn nicht ihr Frohnvogt, Guſtav, vom Kammerjaͤger noch einen Staarmatz zum Geſchenk bekommen haͤtte: denn den Matz ließ er auch in das Pantheon hineinſpringen und der fraß alles was nichts zu freſſen hatte.... Wenn ich hier unter die Fluͤgeldecken der Inſekten und in die Kehle des Matzens die richtigſten Reflexionen und die kuͤhnſten Winke verſteckt habe: ſo hoff' ich man finde ſich in dergleichen ſchoͤn.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/122>, abgerufen am 28.03.2024.