Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

lytischen Landständen rein übersprungen hat: ich
weiß, wie es ihn kränkt, aber nun, da ich mit der
Welt darüber gesprochen, ist ihm nicht mehr zu
helfen.

Die Hauptstadt Scheerau besteht eigentlich aus
zwei Städten, aus Neu- oder Oberscheerau, wo
der Fürst residirt, und aus Alt- oder Unterschee[¬]
rau, wo der Rittmeister logirt. Ich meines Orts
bin längst überzeugt, daß die Sachsenhäuser nicht
halb so weit von den Frankfurthern abstehen als
die Altscheerauer von den Neuscheerauern, im Ton,
Gesicht, Kost und allem. Der Neuscheerauer hat
zu viel Hofton, um nicht Anstand und Schulden
und Wuth zu ausserhäuslichen Freuden zu haben,
und doch wieder zuviel Kurialton (weil alle höchste
Landeskollegien da sind), um nicht überall steife
Subordination entweder anzuerkennen oder abzufo¬
dern und um nicht aus dem Kammerherrn in den
Kanzelisten und Rechnungsrevisor zurückzufallen.
Das sieht nun der Altscheerauer ein. Der Neu¬
scheerauer hingegan sieht ein, daß jener folgende
Züge hat: wenn in Sina die Mäuler der Tisch¬
genossenschaft sich wie ein Doppelklavier zu gleicher
Zeit bewegen müssen; wenn in Monomotapa das

lytiſchen Landſtaͤnden rein uͤberſprungen hat: ich
weiß, wie es ihn kraͤnkt, aber nun, da ich mit der
Welt daruͤber geſprochen, iſt ihm nicht mehr zu
helfen.

Die Hauptſtadt Scheerau beſteht eigentlich aus
zwei Staͤdten, aus Neu- oder Oberſcheerau, wo
der Fuͤrſt reſidirt, und aus Alt- oder Unterſchee[¬]
rau, wo der Rittmeiſter logirt. Ich meines Orts
bin laͤngſt uͤberzeugt, daß die Sachſenhaͤuſer nicht
halb ſo weit von den Frankfurthern abſtehen als
die Altſcheerauer von den Neuſcheerauern, im Ton,
Geſicht, Koſt und allem. Der Neuſcheerauer hat
zu viel Hofton, um nicht Anſtand und Schulden
und Wuth zu auſſerhaͤuslichen Freuden zu haben,
und doch wieder zuviel Kurialton (weil alle hoͤchſte
Landeskollegien da ſind), um nicht uͤberall ſteife
Subordination entweder anzuerkennen oder abzufo¬
dern und um nicht aus dem Kammerherrn in den
Kanzeliſten und Rechnungsreviſor zuruͤckzufallen.
Das ſieht nun der Altſcheerauer ein. Der Neu¬
ſcheerauer hingegan ſieht ein, daß jener folgende
Zuͤge hat: wenn in Sina die Maͤuler der Tiſch¬
genoſſenſchaft ſich wie ein Doppelklavier zu gleicher
Zeit bewegen muͤſſen; wenn in Monomotapa das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="117"/>
lyti&#x017F;chen Land&#x017F;ta&#x0364;nden rein u&#x0364;ber&#x017F;prungen hat: ich<lb/>
weiß, wie es ihn kra&#x0364;nkt, aber nun, da ich mit der<lb/>
Welt daru&#x0364;ber ge&#x017F;prochen, i&#x017F;t ihm nicht mehr zu<lb/>
helfen.</p><lb/>
          <p>Die Haupt&#x017F;tadt Scheerau be&#x017F;teht eigentlich aus<lb/>
zwei Sta&#x0364;dten, aus Neu- oder Ober&#x017F;cheerau, wo<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t re&#x017F;idirt, und aus Alt- oder Unter&#x017F;chee<supplied>¬</supplied><lb/>
rau, wo der Rittmei&#x017F;ter logirt. Ich meines Orts<lb/>
bin la&#x0364;ng&#x017F;t u&#x0364;berzeugt, daß die Sach&#x017F;enha&#x0364;u&#x017F;er nicht<lb/>
halb &#x017F;o weit von den Frankfurthern ab&#x017F;tehen als<lb/>
die Alt&#x017F;cheerauer von den Neu&#x017F;cheerauern, im Ton,<lb/>
Ge&#x017F;icht, Ko&#x017F;t und allem. Der Neu&#x017F;cheerauer hat<lb/>
zu viel Hofton, um nicht An&#x017F;tand und Schulden<lb/>
und Wuth zu au&#x017F;&#x017F;erha&#x0364;uslichen Freuden zu haben,<lb/>
und doch wieder zuviel Kurialton (weil alle ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Landeskollegien da &#x017F;ind), um nicht u&#x0364;berall &#x017F;teife<lb/>
Subordination entweder anzuerkennen oder abzufo¬<lb/>
dern und um nicht aus dem Kammerherrn in den<lb/>
Kanzeli&#x017F;ten und Rechnungsrevi&#x017F;or zuru&#x0364;ckzufallen.<lb/>
Das &#x017F;ieht nun der Alt&#x017F;cheerauer ein. Der Neu¬<lb/>
&#x017F;cheerauer hingegan &#x017F;ieht ein, daß jener folgende<lb/>
Zu&#x0364;ge hat: wenn in Sina die Ma&#x0364;uler der Ti&#x017F;ch¬<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;ich wie ein Doppelklavier zu gleicher<lb/>
Zeit bewegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; wenn in Monomotapa das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0153] lytiſchen Landſtaͤnden rein uͤberſprungen hat: ich weiß, wie es ihn kraͤnkt, aber nun, da ich mit der Welt daruͤber geſprochen, iſt ihm nicht mehr zu helfen. Die Hauptſtadt Scheerau beſteht eigentlich aus zwei Staͤdten, aus Neu- oder Oberſcheerau, wo der Fuͤrſt reſidirt, und aus Alt- oder Unterſchee¬ rau, wo der Rittmeiſter logirt. Ich meines Orts bin laͤngſt uͤberzeugt, daß die Sachſenhaͤuſer nicht halb ſo weit von den Frankfurthern abſtehen als die Altſcheerauer von den Neuſcheerauern, im Ton, Geſicht, Koſt und allem. Der Neuſcheerauer hat zu viel Hofton, um nicht Anſtand und Schulden und Wuth zu auſſerhaͤuslichen Freuden zu haben, und doch wieder zuviel Kurialton (weil alle hoͤchſte Landeskollegien da ſind), um nicht uͤberall ſteife Subordination entweder anzuerkennen oder abzufo¬ dern und um nicht aus dem Kammerherrn in den Kanzeliſten und Rechnungsreviſor zuruͤckzufallen. Das ſieht nun der Altſcheerauer ein. Der Neu¬ ſcheerauer hingegan ſieht ein, daß jener folgende Zuͤge hat: wenn in Sina die Maͤuler der Tiſch¬ genoſſenſchaft ſich wie ein Doppelklavier zu gleicher Zeit bewegen muͤſſen; wenn in Monomotapa das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/153
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/153>, abgerufen am 28.03.2024.