Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

und Mündigkeit, Hecheln und Mausefallen. Die
wenigsten Deutschen wissen, daß sie die Italiener
bei denen dieser Handelszweig blühet, reich aus¬
kaufen. Dieser Karakter schwang sich bald von ei¬
nem Hecheln-Kommissionair zu einem Hecheln-Asso¬
cie empor: er verfertigte die Mäusefallen, die er
aus Italien bezog, in Deutschland und die Maus¬
löcher waren sein Ophir und die Flachsfelder seine
Münzstädte. Die Hechel, die er vor dem Einkauf
seines Adelsdiplom an gegenwärtigen Thiermahler
verkaufte, schlug er ihm für seckstehalb Gulden
loß.

Er muß schon vor seiner Geburt in der andern
Welt in einem großen Hause gehandelt haben:
denn er brachte eine merkantilische Seele schon fer¬
tig mit. Es ist nämlich dumm von mir, daß ichs
nicht eher erzählet habe, daß er als Knabe von 9
Jahren in seiner Blatterkrankheit einen kleinen
Kaufladen aufsperrte -- wenn man nämlich Pocken
von ihm zum Inokuliren nahm, litt' ers nicht,
sondern sagte: "ja! um Geld und gute Worte!
er wäre ein Pocken-Sämereihändler und noch ein
junger Anfänger." Diesen Handel mit eigner
Manufaktur legt' ihm bald der Arzt und die

und Muͤndigkeit, Hecheln und Mauſefallen. Die
wenigſten Deutſchen wiſſen, daß ſie die Italiener
bei denen dieſer Handelszweig bluͤhet, reich aus¬
kaufen. Dieſer Karakter ſchwang ſich bald von ei¬
nem Hecheln-Kommiſſionair zu einem Hecheln-Aſſo¬
cié empor: er verfertigte die Maͤuſefallen, die er
aus Italien bezog, in Deutſchland und die Maus¬
loͤcher waren ſein Ophir und die Flachsfelder ſeine
Muͤnzſtaͤdte. Die Hechel, die er vor dem Einkauf
ſeines Adelsdiplom an gegenwaͤrtigen Thiermahler
verkaufte, ſchlug er ihm fuͤr ſeckstehalb Gulden
loß.

Er muß ſchon vor ſeiner Geburt in der andern
Welt in einem großen Hauſe gehandelt haben:
denn er brachte eine merkantiliſche Seele ſchon fer¬
tig mit. Es iſt naͤmlich dumm von mir, daß ichs
nicht eher erzaͤhlet habe, daß er als Knabe von 9
Jahren in ſeiner Blatterkrankheit einen kleinen
Kaufladen aufſperrte — wenn man naͤmlich Pocken
von ihm zum Inokuliren nahm, litt' ers nicht,
ſondern ſagte: „ja! um Geld und gute Worte!
er waͤre ein Pocken-Saͤmereihaͤndler und noch ein
junger Anfaͤnger.“ Dieſen Handel mit eigner
Manufaktur legt' ihm bald der Arzt und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0267" n="231"/>
und Mu&#x0364;ndigkeit, Hecheln und Mau&#x017F;efallen. Die<lb/>
wenig&#x017F;ten Deut&#x017F;chen wi&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie die Italiener<lb/>
bei denen die&#x017F;er Handelszweig blu&#x0364;het, reich aus¬<lb/>
kaufen. Die&#x017F;er Karakter &#x017F;chwang &#x017F;ich bald von ei¬<lb/>
nem Hecheln-Kommi&#x017F;&#x017F;ionair zu einem Hecheln-A&#x017F;&#x017F;<lb/>
ci<hi rendition="#aq">é</hi> empor: er verfertigte die Ma&#x0364;u&#x017F;efallen, die er<lb/>
aus Italien bezog, in Deut&#x017F;chland und die Maus¬<lb/>
lo&#x0364;cher waren &#x017F;ein Ophir und die Flachsfelder &#x017F;eine<lb/>
Mu&#x0364;nz&#x017F;ta&#x0364;dte. Die Hechel, die er vor dem Einkauf<lb/>
&#x017F;eines Adelsdiplom an gegenwa&#x0364;rtigen Thiermahler<lb/>
verkaufte, &#x017F;chlug er ihm fu&#x0364;r &#x017F;eckstehalb Gulden<lb/>
loß.</p><lb/>
          <p>Er muß &#x017F;chon vor &#x017F;einer Geburt in der andern<lb/>
Welt in einem großen Hau&#x017F;e gehandelt haben:<lb/>
denn er brachte eine merkantili&#x017F;che Seele &#x017F;chon fer¬<lb/>
tig mit. Es i&#x017F;t na&#x0364;mlich dumm von mir, daß ichs<lb/>
nicht eher erza&#x0364;hlet habe, daß er als Knabe von 9<lb/>
Jahren in &#x017F;einer Blatterkrankheit einen kleinen<lb/>
Kaufladen auf&#x017F;perrte &#x2014; wenn man na&#x0364;mlich Pocken<lb/>
von ihm zum Inokuliren nahm, litt' ers nicht,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;agte: &#x201E;ja! um Geld und gute Worte!<lb/>
er wa&#x0364;re ein Pocken-Sa&#x0364;mereiha&#x0364;ndler und noch ein<lb/>
junger Anfa&#x0364;nger.&#x201C; Die&#x017F;en Handel mit eigner<lb/>
Manufaktur legt' ihm bald der Arzt und die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0267] und Muͤndigkeit, Hecheln und Mauſefallen. Die wenigſten Deutſchen wiſſen, daß ſie die Italiener bei denen dieſer Handelszweig bluͤhet, reich aus¬ kaufen. Dieſer Karakter ſchwang ſich bald von ei¬ nem Hecheln-Kommiſſionair zu einem Hecheln-Aſſo¬ cié empor: er verfertigte die Maͤuſefallen, die er aus Italien bezog, in Deutſchland und die Maus¬ loͤcher waren ſein Ophir und die Flachsfelder ſeine Muͤnzſtaͤdte. Die Hechel, die er vor dem Einkauf ſeines Adelsdiplom an gegenwaͤrtigen Thiermahler verkaufte, ſchlug er ihm fuͤr ſeckstehalb Gulden loß. Er muß ſchon vor ſeiner Geburt in der andern Welt in einem großen Hauſe gehandelt haben: denn er brachte eine merkantiliſche Seele ſchon fer¬ tig mit. Es iſt naͤmlich dumm von mir, daß ichs nicht eher erzaͤhlet habe, daß er als Knabe von 9 Jahren in ſeiner Blatterkrankheit einen kleinen Kaufladen aufſperrte — wenn man naͤmlich Pocken von ihm zum Inokuliren nahm, litt' ers nicht, ſondern ſagte: „ja! um Geld und gute Worte! er waͤre ein Pocken-Saͤmereihaͤndler und noch ein junger Anfaͤnger.“ Dieſen Handel mit eigner Manufaktur legt' ihm bald der Arzt und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/267
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/267>, abgerufen am 28.03.2024.