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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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tant, Hr. v. Kempele, ihm in meinem Beiseyn aus
der Leipziger Heustraße im Namen des Muselmanns
zurückschrieb, dieser rochiere -- man wird seine Ge¬
danken darüber haben, daß er noch vor 2 Jahren
nach Paris abfuhr, um ins Palais Royal und in die
Societe du Sallon des Echecs zu gehen und sich dar¬
in als Schachgegner niederzusetzen und als Schach¬
sieger wieder aufzuspringen; wiewohl er nachher in
einer demokratischen Gasse viel zu sehr geprügelt
wurde, da er im Schlafe schrie: gardez la Reine --
bloß frappiren kanns einen und den andern, daß
seine Tochter ihm nie einen neuen Hut oder ei¬
ne neue Soubrette, die ihn ansteckte, anders
abgewann als zugleich mit einem Schach --
-- Aber darüber wundert und ärgert sich alles was
mich lieset, Leute von jedem Geschlecht und jedem
Alter, daß der Obristforstmeister geschworen hatte,
seine Tochter keiner andern Kanaille in der ganzen
Ritterschaft zu geben, als einer, die ihr ausser dem
Herzen noch ein Schach abgewönne -- und zwar
in sieben Wochen.

Sein Grund und Sorites war der: "ein guter
Mathematiker ist ein guter Schachspieler, also die¬
ser jener -- ein guter Mathematiker weiß die Dif¬

tant, Hr. v. Kempele, ihm in meinem Beiſeyn aus
der Leipziger Heuſtraße im Namen des Muſelmanns
zuruͤckſchrieb, dieſer rochiere — man wird ſeine Ge¬
danken daruͤber haben, daß er noch vor 2 Jahren
nach Paris abfuhr, um ins Palais Royal und in die
Société du Sallon des Echecs zu gehen und ſich dar¬
in als Schachgegner niederzuſetzen und als Schach¬
ſieger wieder aufzuſpringen; wiewohl er nachher in
einer demokratiſchen Gaſſe viel zu ſehr gepruͤgelt
wurde, da er im Schlafe ſchrie: gardéz la Reine
bloß frappiren kanns einen und den andern, daß
ſeine Tochter ihm nie einen neuen Hut oder ei¬
ne neue Soubrette, die ihn anſteckte, anders
abgewann als zugleich mit einem Schach —
— Aber daruͤber wundert und aͤrgert ſich alles was
mich lieſet, Leute von jedem Geſchlecht und jedem
Alter, daß der Obriſtforſtmeiſter geſchworen hatte,
ſeine Tochter keiner andern Kanaille in der ganzen
Ritterſchaft zu geben, als einer, die ihr auſſer dem
Herzen noch ein Schach abgewoͤnne — und zwar
in ſieben Wochen.

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[2/0038] tant, Hr. v. Kempele, ihm in meinem Beiſeyn aus der Leipziger Heuſtraße im Namen des Muſelmanns zuruͤckſchrieb, dieſer rochiere — man wird ſeine Ge¬ danken daruͤber haben, daß er noch vor 2 Jahren nach Paris abfuhr, um ins Palais Royal und in die Société du Sallon des Echecs zu gehen und ſich dar¬ in als Schachgegner niederzuſetzen und als Schach¬ ſieger wieder aufzuſpringen; wiewohl er nachher in einer demokratiſchen Gaſſe viel zu ſehr gepruͤgelt wurde, da er im Schlafe ſchrie: gardéz la Reine — bloß frappiren kanns einen und den andern, daß ſeine Tochter ihm nie einen neuen Hut oder ei¬ ne neue Soubrette, die ihn anſteckte, anders abgewann als zugleich mit einem Schach — — Aber daruͤber wundert und aͤrgert ſich alles was mich lieſet, Leute von jedem Geſchlecht und jedem Alter, daß der Obriſtforſtmeiſter geſchworen hatte, ſeine Tochter keiner andern Kanaille in der ganzen Ritterſchaft zu geben, als einer, die ihr auſſer dem Herzen noch ein Schach abgewoͤnne — und zwar in ſieben Wochen. Sein Grund und Sorites war der: „ein guter Mathematiker iſt ein guter Schachſpieler, alſo die¬ ſer jener — ein guter Mathematiker weiß die Dif¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/38>, abgerufen am 28.03.2024.