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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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da sie noch zerschnitten waren, mich schöner an¬
blickten und besser erkannten . . . . . o stoße mich
nicht so weg von dir gieb mir nur deine Hand und
blicke weg." --

"Da!" sagte der zertrümmerte Amandus und
gab ihm die kalte schwarze -- Färbers Faust . . .
Der Haß überlief wie ein Schauer das liebreichste
Herz, das sich noch in einer menschlichen Brust
verblutete -- Gustav zerstampfte auf der Erde sei¬
ne Liebe und seinen Haß und gieng verstummt mit
erstickten Empfindungen aus dem Hause und am
andern Tage aus Oberscheerau.

Kaum hatte Amandus den gemißhandelten Ju¬
gendfreund über die Gasse zittern sehen: so gieng
er in sein Zimmer, hülte sich mit dem Kopfküssen
zu und ließ, ohne sich anzuklagen oder zu ent¬
schuldigen, seine Augen so viel weinen als sie konn¬
ten. Wir werden es hören, ob er sein krankes
Haupt wieder vom Kopfküssen erhob und wenn er
wieder von Gustav ins stille Land begleitet wur¬
de, aus dem er ihn zurück zu stoßen suchte. Ach
der Mensch! -- warum will dein sobald in Salz,
Wasser und Erde zerbröckelndes Herz ein anderes
zerbröckelndes Herz zerschlagen -- ach eh' du mit

da ſie noch zerſchnitten waren, mich ſchoͤner an¬
blickten und beſſer erkannten . . . . . o ſtoße mich
nicht ſo weg von dir gieb mir nur deine Hand und
blicke weg.“ —

„Da!“ ſagte der zertruͤmmerte Amandus und
gab ihm die kalte ſchwarze — Faͤrbers Fauſt . . .
Der Haß uͤberlief wie ein Schauer das liebreichſte
Herz, das ſich noch in einer menſchlichen Bruſt
verblutete — Guſtav zerſtampfte auf der Erde ſei¬
ne Liebe und ſeinen Haß und gieng verſtummt mit
erſtickten Empfindungen aus dem Hauſe und am
andern Tage aus Oberſcheerau.

Kaum hatte Amandus den gemißhandelten Ju¬
gendfreund uͤber die Gaſſe zittern ſehen: ſo gieng
er in ſein Zimmer, huͤlte ſich mit dem Kopfkuͤſſen
zu und ließ, ohne ſich anzuklagen oder zu ent¬
ſchuldigen, ſeine Augen ſo viel weinen als ſie konn¬
ten. Wir werden es hoͤren, ob er ſein krankes
Haupt wieder vom Kopfkuͤſſen erhob und wenn er
wieder von Guſtav ins ſtille Land begleitet wur¬
de, aus dem er ihn zuruͤck zu ſtoßen ſuchte. Ach
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[360/0396] da ſie noch zerſchnitten waren, mich ſchoͤner an¬ blickten und beſſer erkannten . . . . . o ſtoße mich nicht ſo weg von dir gieb mir nur deine Hand und blicke weg.“ — „Da!“ ſagte der zertruͤmmerte Amandus und gab ihm die kalte ſchwarze — Faͤrbers Fauſt . . . Der Haß uͤberlief wie ein Schauer das liebreichſte Herz, das ſich noch in einer menſchlichen Bruſt verblutete — Guſtav zerſtampfte auf der Erde ſei¬ ne Liebe und ſeinen Haß und gieng verſtummt mit erſtickten Empfindungen aus dem Hauſe und am andern Tage aus Oberſcheerau. Kaum hatte Amandus den gemißhandelten Ju¬ gendfreund uͤber die Gaſſe zittern ſehen: ſo gieng er in ſein Zimmer, huͤlte ſich mit dem Kopfkuͤſſen zu und ließ, ohne ſich anzuklagen oder zu ent¬ ſchuldigen, ſeine Augen ſo viel weinen als ſie konn¬ ten. Wir werden es hoͤren, ob er ſein krankes Haupt wieder vom Kopfkuͤſſen erhob und wenn er wieder von Guſtav ins ſtille Land begleitet wur¬ de, aus dem er ihn zuruͤck zu ſtoßen ſuchte. Ach der Menſch! — warum will dein ſobald in Salz, Waſſer und Erde zerbroͤckelndes Herz ein anderes zerbroͤckelndes Herz zerſchlagen — ach eh' du mit

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/396>, abgerufen am 29.03.2024.