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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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Hause und unter der Bürste hatte, während die
andern die Dental-Buchstaben aussprachen.

Da man nach den neuesten Lehrbüchern die
Trigonometrie und die Busen bloß in ebene und
sphärische eintheilen kann: und da sie ganz die
scheinbare Wahl vor sich hatte: so zog ihr me߬
künstlicher Geist diejenigen Größen, die dem Wei¬
sen die meiste Anstrengung und das meiste Vergnü¬
gen geben, vor -- die sphärischen.

Der Anzug selber suchte, von den Schuhro¬
setten bis zu den Hutrosetten, seinen Werth in
der Form weit weniger als in der Materie, und
konnte mithin mit dem Auge weniger als auf Ju¬
velier-Wagen geschätzet werden, nach
Schönheitslinien als nach Karaths -- es blieb also
zwischen ihr und ihrer gesetzgebenden Puppe immer
ein Unterschied: übrigens muste sie sich nach dieser
so gut wie jede andre tragen. Ich will nur ein
Wort zu seiner Zeit über die Puppen sagen.


Das Wort über die Puppen.

Diese Hölzer haben bekanntlich die gesetzgeben¬
de Macht über den schönern Theil der weiblichen

Hauſe und unter der Buͤrſte hatte, waͤhrend die
andern die Dental-Buchſtaben ausſprachen.

Da man nach den neueſten Lehrbuͤchern die
Trigonometrie und die Buſen bloß in ebene und
ſphaͤriſche eintheilen kann: und da ſie ganz die
ſcheinbare Wahl vor ſich hatte: ſo zog ihr me߬
kuͤnſtlicher Geiſt diejenigen Groͤßen, die dem Wei¬
ſen die meiſte Anſtrengung und das meiſte Vergnuͤ¬
gen geben, vor — die ſphaͤriſchen.

Der Anzug ſelber ſuchte, von den Schuhro¬
ſetten bis zu den Hutroſetten, ſeinen Werth in
der Form weit weniger als in der Materie, und
konnte mithin mit dem Auge weniger als auf Ju¬
velier-Wagen geſchaͤtzet werden, nach
Schoͤnheitslinien als nach Karaths — es blieb alſo
zwiſchen ihr und ihrer geſetzgebenden Puppe immer
ein Unterſchied: uͤbrigens muſte ſie ſich nach dieſer
ſo gut wie jede andre tragen. Ich will nur ein
Wort zu ſeiner Zeit uͤber die Puppen ſagen.


Das Wort uͤber die Puppen.

Dieſe Hoͤlzer haben bekanntlich die geſetzgeben¬
de Macht uͤber den ſchoͤnern Theil der weiblichen

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[204/0214] Hauſe und unter der Buͤrſte hatte, waͤhrend die andern die Dental-Buchſtaben ausſprachen. Da man nach den neueſten Lehrbuͤchern die Trigonometrie und die Buſen bloß in ebene und ſphaͤriſche eintheilen kann: und da ſie ganz die ſcheinbare Wahl vor ſich hatte: ſo zog ihr me߬ kuͤnſtlicher Geiſt diejenigen Groͤßen, die dem Wei¬ ſen die meiſte Anſtrengung und das meiſte Vergnuͤ¬ gen geben, vor — die ſphaͤriſchen. Der Anzug ſelber ſuchte, von den Schuhro¬ ſetten bis zu den Hutroſetten, ſeinen Werth in der Form weit weniger als in der Materie, und konnte mithin mit dem Auge weniger als auf Ju¬ velier-Wagen geſchaͤtzet werden, nach Schoͤnheitslinien als nach Karaths — es blieb alſo zwiſchen ihr und ihrer geſetzgebenden Puppe immer ein Unterſchied: uͤbrigens muſte ſie ſich nach dieſer ſo gut wie jede andre tragen. Ich will nur ein Wort zu ſeiner Zeit uͤber die Puppen ſagen. Das Wort uͤber die Puppen. Dieſe Hoͤlzer haben bekanntlich die geſetzgeben¬ de Macht uͤber den ſchoͤnern Theil der weiblichen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/214>, abgerufen am 23.04.2024.