Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

rohr lapidarisch schön hineingezeichnet. "Fenk!"
rief ich mechanisch. "Weit kannst du nicht weg
seyn," dacht' ich: denn da jeder Europäer (sogar
auf seinen Plantagen) den Schnitt seiner Feder, an
einem eignen Worte prüfet und da der Doktor
schon ganze Bogen mit dem Probierlaut heureuse-
ment
als ersten Abdrucke seiner Feder vollgemacht;
so wußt' ich gleich wie es war.

-- Und bei mir saß er; und lachte (sicher mehr
über die Krankheitshistorie von meiner Schwester
als über meine Invaliden-Gestalt) mich so lange
aus, daß ich, da ich nicht wußte, sollt' ich la¬
chen oder zürnen, am besten eines um das andre
that. -- Aber bald kam er in meinen Fall und mußte
auch eines um das das andre thun -- bei einer Histo¬
rie, die uns, nämlich der ganzen hypochondrischen Jun¬
to, zur Schande gereicht und die ich doch erzähle.

Es war nämlich ein naher Vetter von mir,
Fedderlein genannt, auch in der Stube, der bei¬
des ein Scheerauer Schuster und Thürmer ist: er
sorgt für die Stiefel und für die Sicherheit der
Stadt und hat mit Leder und Chronologie (wegen
dem Läuten) zu thun. Mein naher Vetter war
kohlschwarz und betrübt, nicht über meine Krank¬

rohr lapidariſch ſchoͤn hineingezeichnet. „Fenk!“
rief ich mechaniſch. „Weit kannſt du nicht weg
ſeyn,“ dacht' ich: denn da jeder Europaͤer (ſogar
auf ſeinen Plantagen) den Schnitt ſeiner Feder, an
einem eignen Worte pruͤfet und da der Doktor
ſchon ganze Bogen mit dem Probierlaut heureuſe-
ment
als erſten Abdrucke ſeiner Feder vollgemacht;
ſo wußt' ich gleich wie es war.

— Und bei mir ſaß er; und lachte (ſicher mehr
uͤber die Krankheitshiſtorie von meiner Schweſter
als uͤber meine Invaliden-Geſtalt) mich ſo lange
aus, daß ich, da ich nicht wußte, ſollt' ich la¬
chen oder zuͤrnen, am beſten eines um das andre
that. — Aber bald kam er in meinen Fall und mußte
auch eines um das das andre thun — bei einer Hiſto¬
rie, die uns, naͤmlich der ganzen hypochondriſchen Jun¬
to, zur Schande gereicht und die ich doch erzaͤhle.

Es war naͤmlich ein naher Vetter von mir,
Fedderlein genannt, auch in der Stube, der bei¬
des ein Scheerauer Schuſter und Thuͤrmer iſt: er
ſorgt fuͤr die Stiefel und fuͤr die Sicherheit der
Stadt und hat mit Leder und Chronologie (wegen
dem Laͤuten) zu thun. Mein naher Vetter war
kohlſchwarz und betruͤbt, nicht uͤber meine Krank¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="262"/>
rohr lapidari&#x017F;ch &#x017F;cho&#x0364;n hineingezeichnet. &#x201E;Fenk!&#x201C;<lb/>
rief ich mechani&#x017F;ch. &#x201E;Weit kann&#x017F;t du nicht weg<lb/>
&#x017F;eyn,&#x201C; dacht' ich: denn da jeder Europa&#x0364;er (&#x017F;ogar<lb/>
auf &#x017F;einen Plantagen) den Schnitt &#x017F;einer Feder, an<lb/>
einem eignen Worte pru&#x0364;fet und da der Doktor<lb/>
&#x017F;chon ganze Bogen mit dem Probierlaut <hi rendition="#aq">heureu&#x017F;e-<lb/>
ment</hi> als er&#x017F;ten Abdrucke &#x017F;einer Feder vollgemacht;<lb/>
&#x017F;o wußt' ich gleich wie es war.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Und bei mir &#x017F;aß er; und lachte (&#x017F;icher mehr<lb/>
u&#x0364;ber die Krankheitshi&#x017F;torie von meiner Schwe&#x017F;ter<lb/>
als u&#x0364;ber meine Invaliden-Ge&#x017F;talt) mich &#x017F;o lange<lb/>
aus, daß ich, da ich nicht wußte, &#x017F;ollt' ich la¬<lb/>
chen oder zu&#x0364;rnen, am be&#x017F;ten eines um das andre<lb/>
that. &#x2014; Aber bald kam er in meinen Fall und mußte<lb/>
auch eines um das das andre thun &#x2014; bei einer Hi&#x017F;to¬<lb/>
rie, die uns, na&#x0364;mlich der ganzen hypochondri&#x017F;chen Jun¬<lb/>
to, zur Schande gereicht und die ich doch erza&#x0364;hle.</p><lb/>
          <p>Es war na&#x0364;mlich ein naher Vetter von mir,<lb/>
Fedderlein genannt, auch in der Stube, der bei¬<lb/>
des ein Scheerauer Schu&#x017F;ter und Thu&#x0364;rmer i&#x017F;t: er<lb/>
&#x017F;orgt fu&#x0364;r die Stiefel und fu&#x0364;r die Sicherheit der<lb/>
Stadt und hat mit Leder und Chronologie (wegen<lb/>
dem La&#x0364;uten) zu thun. Mein naher Vetter war<lb/>
kohl&#x017F;chwarz und betru&#x0364;bt, nicht u&#x0364;ber meine Krank¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0272] rohr lapidariſch ſchoͤn hineingezeichnet. „Fenk!“ rief ich mechaniſch. „Weit kannſt du nicht weg ſeyn,“ dacht' ich: denn da jeder Europaͤer (ſogar auf ſeinen Plantagen) den Schnitt ſeiner Feder, an einem eignen Worte pruͤfet und da der Doktor ſchon ganze Bogen mit dem Probierlaut heureuſe- ment als erſten Abdrucke ſeiner Feder vollgemacht; ſo wußt' ich gleich wie es war. — Und bei mir ſaß er; und lachte (ſicher mehr uͤber die Krankheitshiſtorie von meiner Schweſter als uͤber meine Invaliden-Geſtalt) mich ſo lange aus, daß ich, da ich nicht wußte, ſollt' ich la¬ chen oder zuͤrnen, am beſten eines um das andre that. — Aber bald kam er in meinen Fall und mußte auch eines um das das andre thun — bei einer Hiſto¬ rie, die uns, naͤmlich der ganzen hypochondriſchen Jun¬ to, zur Schande gereicht und die ich doch erzaͤhle. Es war naͤmlich ein naher Vetter von mir, Fedderlein genannt, auch in der Stube, der bei¬ des ein Scheerauer Schuſter und Thuͤrmer iſt: er ſorgt fuͤr die Stiefel und fuͤr die Sicherheit der Stadt und hat mit Leder und Chronologie (wegen dem Laͤuten) zu thun. Mein naher Vetter war kohlſchwarz und betruͤbt, nicht uͤber meine Krank¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/272
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/272>, abgerufen am 18.04.2024.