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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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schaftlichen und medizinischen Vorstellungen mit fort¬
geführet und morgen von uns fortgezogen. -- Die
Fortuna hat diesesmal keine Vapeurs und keine ein¬
seitigen Kopfschmerzen; alles glückt uns; eingepackt
ist alles -- meine Dilatationsgesuche sind geschrieben
-- aus Maußenbach darf mich niemand stöhren --
der Himmel ist himmlisch blau und ich brauche nicht
meinen Augen, sondern dem Cyanometer *) des
H. v. Saussure zu glauben -- ich sehe wie der Frühling
und seine gaukelnden Schmetterlinge aus und blühe
-- kurz: meinem Glück fehlte nichts als daß gar der
heutige Sektor glücklich geschrieben war, den ich bis
heute hinausspielte, um die ganze Vergangenheit
hinter mir zu haben und morgen nichts beschreiben
zu müssen als morgen. . . .

Und da der jezt auch fertig ist: so -- blauer Mai,
-- breite deine Liebes-Arme aus, schlage deine him¬
melblauen Augen auf, decke dein Jungfrauen-Ange¬
gesicht auf und betrete die Erde, damit alle Wesen
wonnetrunken an deine Wangen, in deine Arme, zu
deinen Füßen fallen und der Biograph auch wo liege!


*) Ein Blau-Messer, um die Grade des Himmelblaues abzu¬
messen.

ſchaftlichen und mediziniſchen Vorſtellungen mit fort¬
gefuͤhret und morgen von uns fortgezogen. — Die
Fortuna hat dieſesmal keine Vapeurs und keine ein¬
ſeitigen Kopfſchmerzen; alles gluͤckt uns; eingepackt
iſt alles — meine Dilatationsgeſuche ſind geſchrieben
— aus Maußenbach darf mich niemand ſtoͤhren —
der Himmel iſt himmliſch blau und ich brauche nicht
meinen Augen, ſondern dem Cyanometer *) des
H. v. Sauſſure zu glauben — ich ſehe wie der Fruͤhling
und ſeine gaukelnden Schmetterlinge aus und bluͤhe
— kurz: meinem Gluͤck fehlte nichts als daß gar der
heutige Sektor gluͤcklich geſchrieben war, den ich bis
heute hinausſpielte, um die ganze Vergangenheit
hinter mir zu haben und morgen nichts beſchreiben
zu muͤſſen als morgen. . . .

Und da der jezt auch fertig iſt: ſo — blauer Mai,
— breite deine Liebes-Arme aus, ſchlage deine him¬
melblauen Augen auf, decke dein Jungfrauen-Ange¬
geſicht auf und betrete die Erde, damit alle Weſen
wonnetrunken an deine Wangen, in deine Arme, zu
deinen Fuͤßen fallen und der Biograph auch wo liege!


*) Ein Blau-Meſſer, um die Grade des Himmelblaues abzu¬
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[281/0291] ſchaftlichen und mediziniſchen Vorſtellungen mit fort¬ gefuͤhret und morgen von uns fortgezogen. — Die Fortuna hat dieſesmal keine Vapeurs und keine ein¬ ſeitigen Kopfſchmerzen; alles gluͤckt uns; eingepackt iſt alles — meine Dilatationsgeſuche ſind geſchrieben — aus Maußenbach darf mich niemand ſtoͤhren — der Himmel iſt himmliſch blau und ich brauche nicht meinen Augen, ſondern dem Cyanometer *) des H. v. Sauſſure zu glauben — ich ſehe wie der Fruͤhling und ſeine gaukelnden Schmetterlinge aus und bluͤhe — kurz: meinem Gluͤck fehlte nichts als daß gar der heutige Sektor gluͤcklich geſchrieben war, den ich bis heute hinausſpielte, um die ganze Vergangenheit hinter mir zu haben und morgen nichts beſchreiben zu muͤſſen als morgen. . . . Und da der jezt auch fertig iſt: ſo — blauer Mai, — breite deine Liebes-Arme aus, ſchlage deine him¬ melblauen Augen auf, decke dein Jungfrauen-Ange¬ geſicht auf und betrete die Erde, damit alle Weſen wonnetrunken an deine Wangen, in deine Arme, zu deinen Fuͤßen fallen und der Biograph auch wo liege! *) Ein Blau-Meſſer, um die Grade des Himmelblaues abzu¬ meſſen.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/291>, abgerufen am 24.04.2024.