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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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bewohnen; jede dieser kleinen Hütten putzt sich
scherzhaft mit dem heraushängenden Malzeichen oder
der Signatur irgend eines Handwerks. Mein
Häuschen hält eine Scheere als eine technische In¬
signie heraus, um kund zu thun, wer drinnen
wohne (welches ich thue), treibe das Damenschnei¬
der-Handwerk. Meine Schwester ist (nach dem Ex¬
ponenten eines hölzernen Strumpfs zu urtheilen)
ein Strumpfwirker; neben ihr schwankt ein hölzer¬
ner Stiefel oder ein hölzernes Bein (wer kanns
wissen?) und saget uns so gut wie ein Handwerks¬
grus den darin seßhaften Schuster an, welches nie¬
mand als mein Gustav ist.

Auf Beatens Hütte, die wie jetzige Damen
einen Hut oder ein Dach von Stroh aufhat, liegt
eine lange Leiter hinauf und kündigt die schöne
Bäuerin darin an und ist die Himmelsleiter, un¬
ter der man wenigstens Einen Engel sieht.

Es ist auch auswärts bekannt, daß unser Für¬
stenthum so gut seinen Gesundbrunnen hat und ha¬
ben muß als irgend eines auf der Fürstenbank --
(denn jedes muß eine solche pharmazevtische Quelle
wie einen Flakon bei sich führen, um gegen kame¬
ralistische Ohnmacht daran zu riechen) -- ferner

2. Theil. T

bewohnen; jede dieſer kleinen Huͤtten putzt ſich
ſcherzhaft mit dem heraushaͤngenden Malzeichen oder
der Signatur irgend eines Handwerks. Mein
Haͤuschen haͤlt eine Scheere als eine techniſche In¬
ſignie heraus, um kund zu thun, wer drinnen
wohne (welches ich thue), treibe das Damenſchnei¬
der-Handwerk. Meine Schweſter iſt (nach dem Ex¬
ponenten eines hoͤlzernen Strumpfs zu urtheilen)
ein Strumpfwirker; neben ihr ſchwankt ein hoͤlzer¬
ner Stiefel oder ein hoͤlzernes Bein (wer kanns
wiſſen?) und ſaget uns ſo gut wie ein Handwerks¬
grus den darin ſeßhaften Schuſter an, welches nie¬
mand als mein Guſtav iſt.

Auf Beatens Huͤtte, die wie jetzige Damen
einen Hut oder ein Dach von Stroh aufhat, liegt
eine lange Leiter hinauf und kuͤndigt die ſchoͤne
Baͤuerin darin an und iſt die Himmelsleiter, un¬
ter der man wenigſtens Einen Engel ſieht.

Es iſt auch auswaͤrts bekannt, daß unſer Fuͤr¬
ſtenthum ſo gut ſeinen Geſundbrunnen hat und ha¬
ben muß als irgend eines auf der Fuͤrſtenbank —
(denn jedes muß eine ſolche pharmazevtiſche Quelle
wie einen Flakon bei ſich fuͤhren, um gegen kame¬
raliſtiſche Ohnmacht daran zu riechen) — ferner

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[289/0299] bewohnen; jede dieſer kleinen Huͤtten putzt ſich ſcherzhaft mit dem heraushaͤngenden Malzeichen oder der Signatur irgend eines Handwerks. Mein Haͤuschen haͤlt eine Scheere als eine techniſche In¬ ſignie heraus, um kund zu thun, wer drinnen wohne (welches ich thue), treibe das Damenſchnei¬ der-Handwerk. Meine Schweſter iſt (nach dem Ex¬ ponenten eines hoͤlzernen Strumpfs zu urtheilen) ein Strumpfwirker; neben ihr ſchwankt ein hoͤlzer¬ ner Stiefel oder ein hoͤlzernes Bein (wer kanns wiſſen?) und ſaget uns ſo gut wie ein Handwerks¬ grus den darin ſeßhaften Schuſter an, welches nie¬ mand als mein Guſtav iſt. Auf Beatens Huͤtte, die wie jetzige Damen einen Hut oder ein Dach von Stroh aufhat, liegt eine lange Leiter hinauf und kuͤndigt die ſchoͤne Baͤuerin darin an und iſt die Himmelsleiter, un¬ ter der man wenigſtens Einen Engel ſieht. Es iſt auch auswaͤrts bekannt, daß unſer Fuͤr¬ ſtenthum ſo gut ſeinen Geſundbrunnen hat und ha¬ ben muß als irgend eines auf der Fuͤrſtenbank — (denn jedes muß eine ſolche pharmazevtiſche Quelle wie einen Flakon bei ſich fuͤhren, um gegen kame¬ raliſtiſche Ohnmacht daran zu riechen) — ferner 2. Theil. T

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/299>, abgerufen am 16.04.2024.