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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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denn, wie ist's jezt? Du kannst mirs wohl
auch sagen, nimmst den Hübel Rudj? Sie
antwortete ihm, ich will dir denn das sagen,
wenn du einmal ein Mann bist, jezt bist du ein
Bub; -- und lief in aller Hize von ihm weg,
und zur Gertrud.

Aber sie gieng ihr nicht ins Haus hinein,
und rufte nur unter der Thür, daß sie herun-
ter komme.

Die Maurerin merkte an ihrem Ton an, im
Augenblik, daß des Untervogts Historie schon
in ihr koche, -- und es war ihr nicht ganz
wohl bey der Sache; aber der Rudj, der eben
bey ihr war, erschrak, daß er zitterte.

Der arme Mann hatte längst allen Muth
verlohren, und besaß keine Art Stärke mehr,
als daß er sich in alles schiken, und alles über-
winden konnte.

Die Meyerin feuerte im Anfang, es seye
unverschämt und eselkopfig, wie sie es ihr ge-
macht. --

Gertrud ließ sie in einem fortreden, dadurch
ward sie nach und nach stiller. Endlich sagte
sie, warum redst du nicht? Du wirst mir doch
auch sagen wollen, was begegnet.

Weissest du das noch nicht, und machst so
gar? sagte da Gertrud; freylich will ich dirs
sagen, und erzehlte ihr denn, wie der gute
Junker mit des Rudis Kindern so freundlich

denn, wie iſt’s jezt? Du kannſt mirs wohl
auch ſagen, nimmſt den Huͤbel Rudj? Sie
antwortete ihm, ich will dir denn das ſagen,
wenn du einmal ein Mann biſt, jezt biſt du ein
Bub; — und lief in aller Hize von ihm weg,
und zur Gertrud.

Aber ſie gieng ihr nicht ins Haus hinein,
und rufte nur unter der Thuͤr, daß ſie herun-
ter komme.

Die Maurerin merkte an ihrem Ton an, im
Augenblik, daß des Untervogts Hiſtorie ſchon
in ihr koche, — und es war ihr nicht ganz
wohl bey der Sache; aber der Rudj, der eben
bey ihr war, erſchrak, daß er zitterte.

Der arme Mann hatte laͤngſt allen Muth
verlohren, und beſaß keine Art Staͤrke mehr,
als daß er ſich in alles ſchiken, und alles uͤber-
winden konnte.

Die Meyerin feuerte im Anfang, es ſeye
unverſchaͤmt und eſelkopfig, wie ſie es ihr ge-
macht. —

Gertrud ließ ſie in einem fortreden, dadurch
ward ſie nach und nach ſtiller. Endlich ſagte
ſie, warum redſt du nicht? Du wirſt mir doch
auch ſagen wollen, was begegnet.

Weiſſeſt du das noch nicht, und machſt ſo
gar? ſagte da Gertrud; freylich will ich dirs
ſagen, und erzehlte ihr denn, wie der gute
Junker mit des Rudis Kindern ſo freundlich

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[154/0176] denn, wie iſt’s jezt? Du kannſt mirs wohl auch ſagen, nimmſt den Huͤbel Rudj? Sie antwortete ihm, ich will dir denn das ſagen, wenn du einmal ein Mann biſt, jezt biſt du ein Bub; — und lief in aller Hize von ihm weg, und zur Gertrud. Aber ſie gieng ihr nicht ins Haus hinein, und rufte nur unter der Thuͤr, daß ſie herun- ter komme. Die Maurerin merkte an ihrem Ton an, im Augenblik, daß des Untervogts Hiſtorie ſchon in ihr koche, — und es war ihr nicht ganz wohl bey der Sache; aber der Rudj, der eben bey ihr war, erſchrak, daß er zitterte. Der arme Mann hatte laͤngſt allen Muth verlohren, und beſaß keine Art Staͤrke mehr, als daß er ſich in alles ſchiken, und alles uͤber- winden konnte. Die Meyerin feuerte im Anfang, es ſeye unverſchaͤmt und eſelkopfig, wie ſie es ihr ge- macht. — Gertrud ließ ſie in einem fortreden, dadurch ward ſie nach und nach ſtiller. Endlich ſagte ſie, warum redſt du nicht? Du wirſt mir doch auch ſagen wollen, was begegnet. Weiſſeſt du das noch nicht, und machſt ſo gar? ſagte da Gertrud; freylich will ich dirs ſagen, und erzehlte ihr denn, wie der gute Junker mit des Rudis Kindern ſo freundlich

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/176>, abgerufen am 19.04.2024.