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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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gen, und ihre Strümpfe recht binden; sie zeigte
ihnen alles, machte ihnen ihre Halstücher und
Fürtücher zurecht, wenn sie sie krumm anhat-
ten, und wo sie ein Loch an einem sah, nahm
sie Nadlen und Faden aus dem Sak, und
nähete sie ihnen zusammen. Wenn die Schul
bald aus war, machte sie denn allemal in der
ganzen Stube den Kehr, und sagte einem je-
den ob es heut brav, oder nur halb brav, oder
gar nichts nüz gearbeitet.

Dann dorften die so brav gewesen, zuerst
hervor zum Schulmeister, ihm b'hüt Gott euch,
zu sagen.

Die so nur halb brav gewesen, mußten
denn mit den andern zu ihm hervor.

Die überall schlecht gewesen, mußten vor
den andern zur Stuben hinaus, ohne daß sie
zu ihm hervor dörften.

Er bot denn den ersten die Hand, und sagte
einem jeden behüt dich Gott, du liebes Kind!

Den andern bot er die Hand nicht, und
sagte ihnen nur b'hüt dich Gott! --

Wenn eins zu spath kam, so war die Thür für
ihns zu, wie die Pforte einer Festung, wenn sie
zu ist; ob sie denn weinten oder nicht, das war
gleich viel, er sagte ihnen kurz, sie sollten jezt
nur heimgehen, es thue ihnen nur wohl wenn
sie lang daran sinnen, -- daß man alles, was

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gen, und ihre Struͤmpfe recht binden; ſie zeigte
ihnen alles, machte ihnen ihre Halstuͤcher und
Fuͤrtuͤcher zurecht, wenn ſie ſie krumm anhat-
ten, und wo ſie ein Loch an einem ſah, nahm
ſie Nadlen und Faden aus dem Sak, und
naͤhete ſie ihnen zuſammen. Wenn die Schul
bald aus war, machte ſie denn allemal in der
ganzen Stube den Kehr, und ſagte einem je-
den ob es heut brav, oder nur halb brav, oder
gar nichts nuͤz gearbeitet.

Dann dorften die ſo brav geweſen, zuerſt
hervor zum Schulmeiſter, ihm b’huͤt Gott euch,
zu ſagen.

Die ſo nur halb brav geweſen, mußten
denn mit den andern zu ihm hervor.

Die uͤberall ſchlecht geweſen, mußten vor
den andern zur Stuben hinaus, ohne daß ſie
zu ihm hervor doͤrften.

Er bot denn den erſten die Hand, und ſagte
einem jeden behuͤt dich Gott, du liebes Kind!

Den andern bot er die Hand nicht, und
ſagte ihnen nur b’huͤt dich Gott! —

Wenn eins zu ſpath kam, ſo war die Thuͤr fuͤr
ihns zu, wie die Pforte einer Feſtung, wenn ſie
zu iſt; ob ſie denn weinten oder nicht, das war
gleich viel, er ſagte ihnen kurz, ſie ſollten jezt
nur heimgehen, es thue ihnen nur wohl wenn
ſie lang daran ſinnen, — daß man alles, was

T 4
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[295/0317] gen, und ihre Struͤmpfe recht binden; ſie zeigte ihnen alles, machte ihnen ihre Halstuͤcher und Fuͤrtuͤcher zurecht, wenn ſie ſie krumm anhat- ten, und wo ſie ein Loch an einem ſah, nahm ſie Nadlen und Faden aus dem Sak, und naͤhete ſie ihnen zuſammen. Wenn die Schul bald aus war, machte ſie denn allemal in der ganzen Stube den Kehr, und ſagte einem je- den ob es heut brav, oder nur halb brav, oder gar nichts nuͤz gearbeitet. Dann dorften die ſo brav geweſen, zuerſt hervor zum Schulmeiſter, ihm b’huͤt Gott euch, zu ſagen. Die ſo nur halb brav geweſen, mußten denn mit den andern zu ihm hervor. Die uͤberall ſchlecht geweſen, mußten vor den andern zur Stuben hinaus, ohne daß ſie zu ihm hervor doͤrften. Er bot denn den erſten die Hand, und ſagte einem jeden behuͤt dich Gott, du liebes Kind! Den andern bot er die Hand nicht, und ſagte ihnen nur b’huͤt dich Gott! — Wenn eins zu ſpath kam, ſo war die Thuͤr fuͤr ihns zu, wie die Pforte einer Feſtung, wenn ſie zu iſt; ob ſie denn weinten oder nicht, das war gleich viel, er ſagte ihnen kurz, ſie ſollten jezt nur heimgehen, es thue ihnen nur wohl wenn ſie lang daran ſinnen, — daß man alles, was T 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/317>, abgerufen am 24.04.2024.