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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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biß auf die Zähne, daß du ihn nicht an ihm
selber abkühlen darfst.

Ja, sagte der Schulmeister, ich habe schon
manchmal daran gedacht, wenn nur das ver-
fluchte Fronfastengeld nicht wäre, so weiß ich
schon, was ich thun wollte; -- und nach ei-
ner Weile sezte er hinzu, wenn mich etwas in
meinem Glauben irre machen könnte, so wäre
es das: wie der liebe Gott es zulassen kann,
daß seine treue Diener ihren wohlverdienten
Lohn und ihr tägliches Brod aus der Hand sol-
cher Heidenkezern ziehen sollen, denen sie so
tausendmal um deswillen schweigen müssen,
wenn sie noch so grosses Recht gegen sie haben.

Seine Frau sagte, sie seye einmal froh,
daß er nicht hinterfür seye.

Der Siegrist antwortete ihr: er könmte es
aber doch werden, wenn er so weder Tag noch
Nacht keine Ruhe habe.

Und sie riethen ihm beyde, er solle in Got-
tes Nahmen die Sachen nicht so zu Herzen
nehmen, und einmal des Nachts nichts mehr
dergleichen thun, man wisse doch nicht, was
einem dabey begegnen könnte. --



biß auf die Zaͤhne, daß du ihn nicht an ihm
ſelber abkuͤhlen darfſt.

Ja, ſagte der Schulmeiſter, ich habe ſchon
manchmal daran gedacht, wenn nur das ver-
fluchte Fronfaſtengeld nicht waͤre, ſo weiß ich
ſchon, was ich thun wollte; — und nach ei-
ner Weile ſezte er hinzu, wenn mich etwas in
meinem Glauben irre machen koͤnnte, ſo waͤre
es das: wie der liebe Gott es zulaſſen kann,
daß ſeine treue Diener ihren wohlverdienten
Lohn und ihr taͤgliches Brod aus der Hand ſol-
cher Heidenkezern ziehen ſollen, denen ſie ſo
tauſendmal um deswillen ſchweigen muͤſſen,
wenn ſie noch ſo groſſes Recht gegen ſie haben.

Seine Frau ſagte, ſie ſeye einmal froh,
daß er nicht hinterfuͤr ſeye.

Der Siegriſt antwortete ihr: er koͤnmte es
aber doch werden, wenn er ſo weder Tag noch
Nacht keine Ruhe habe.

Und ſie riethen ihm beyde, er ſolle in Got-
tes Nahmen die Sachen nicht ſo zu Herzen
nehmen, und einmal des Nachts nichts mehr
dergleichen thun, man wiſſe doch nicht, was
einem dabey begegnen koͤnnte. —



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[322/0344] biß auf die Zaͤhne, daß du ihn nicht an ihm ſelber abkuͤhlen darfſt. Ja, ſagte der Schulmeiſter, ich habe ſchon manchmal daran gedacht, wenn nur das ver- fluchte Fronfaſtengeld nicht waͤre, ſo weiß ich ſchon, was ich thun wollte; — und nach ei- ner Weile ſezte er hinzu, wenn mich etwas in meinem Glauben irre machen koͤnnte, ſo waͤre es das: wie der liebe Gott es zulaſſen kann, daß ſeine treue Diener ihren wohlverdienten Lohn und ihr taͤgliches Brod aus der Hand ſol- cher Heidenkezern ziehen ſollen, denen ſie ſo tauſendmal um deswillen ſchweigen muͤſſen, wenn ſie noch ſo groſſes Recht gegen ſie haben. Seine Frau ſagte, ſie ſeye einmal froh, daß er nicht hinterfuͤr ſeye. Der Siegriſt antwortete ihr: er koͤnmte es aber doch werden, wenn er ſo weder Tag noch Nacht keine Ruhe habe. Und ſie riethen ihm beyde, er ſolle in Got- tes Nahmen die Sachen nicht ſo zu Herzen nehmen, und einmal des Nachts nichts mehr dergleichen thun, man wiſſe doch nicht, was einem dabey begegnen koͤnnte. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/344>, abgerufen am 18.04.2024.