Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr Brod auch mit Handverdienst suchen
müssen, und wenn sie nicht wie solche wohl-
erzogene Stadtleuthe auch zu einem bedächt-
lichen überlegten Wesen, und zum Ausspiz-
zen und Abtheilen eines jeden Kreuzers, der
ihnen durch die Hand geht, angeführt wer-
den, so werden die armen Baumwollenleuth,
mit allem Verdienst und mit aller Hilfe die
sie sonst hätten, in Ewigkeit nichts davon
tragen, als einen verderbten Leib und ein
elendes Alter -- und Junker! da man nicht
daran sinnen kann daß die verderbten Spin-
ner-Elteren ihre Kinder zu so einem ordent-
lichen und bedächtlichen Leben anhalten und
auferziehen werden, so bleibt nichts übrig,
als daß das Elend dieser Haushaltungen
fortdauret, so lang das Baumwollenspinnen
fortdaurt und ein Bein von ihnen lebt; oder
daß man in der Schul Einrichtungen mache,
die ihnen das ersezen, was sie von ihren
Elteren nicht bekommen; und doch so unum-
gänglich nöthig haben.

Und jezt wisset ihr Junker, was für ei-
nen Schulmeister wir haben, und wie we-
nig er im Stand ist auch nur ein Quintli
-- wann die armen Kinder gut werden
sollten, in sie hinein zu bringen.

Er fuhr mit Hize fort zu sagen:

Der Tropf weis minder als ein Kind in

ihr Brod auch mit Handverdienſt ſuchen
muͤſſen, und wenn ſie nicht wie ſolche wohl-
erzogene Stadtleuthe auch zu einem bedaͤcht-
lichen uͤberlegten Weſen, und zum Ausſpiz-
zen und Abtheilen eines jeden Kreuzers, der
ihnen durch die Hand geht, angefuͤhrt wer-
den, ſo werden die armen Baumwollenleuth,
mit allem Verdienſt und mit aller Hilfe die
ſie ſonſt haͤtten, in Ewigkeit nichts davon
tragen, als einen verderbten Leib und ein
elendes Alter — und Junker! da man nicht
daran ſinnen kann daß die verderbten Spin-
ner-Elteren ihre Kinder zu ſo einem ordent-
lichen und bedaͤchtlichen Leben anhalten und
auferziehen werden, ſo bleibt nichts uͤbrig,
als daß das Elend dieſer Haushaltungen
fortdauret, ſo lang das Baumwollenſpinnen
fortdaurt und ein Bein von ihnen lebt; oder
daß man in der Schul Einrichtungen mache,
die ihnen das erſezen, was ſie von ihren
Elteren nicht bekommen; und doch ſo unum-
gaͤnglich noͤthig haben.

Und jezt wiſſet ihr Junker, was fuͤr ei-
nen Schulmeiſter wir haben, und wie we-
nig er im Stand iſt auch nur ein Quintli
— wann die armen Kinder gut werden
ſollten, in ſie hinein zu bringen.

Er fuhr mit Hize fort zu ſagen:

Der Tropf weis minder als ein Kind in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="13"/>
ihr Brod auch mit Handverdien&#x017F;t &#x017F;uchen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und wenn &#x017F;ie nicht wie &#x017F;olche wohl-<lb/>
erzogene Stadtleuthe auch zu einem beda&#x0364;cht-<lb/>
lichen u&#x0364;berlegten We&#x017F;en, und zum Aus&#x017F;piz-<lb/>
zen und Abtheilen eines jeden Kreuzers, der<lb/>
ihnen durch die Hand geht, angefu&#x0364;hrt wer-<lb/>
den, &#x017F;o werden die armen Baumwollenleuth,<lb/>
mit allem Verdien&#x017F;t und mit aller Hilfe die<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tten, in Ewigkeit nichts davon<lb/>
tragen, als einen verderbten Leib und ein<lb/>
elendes Alter &#x2014; und Junker! da man nicht<lb/>
daran &#x017F;innen kann daß die verderbten Spin-<lb/>
ner-Elteren ihre Kinder zu &#x017F;o einem ordent-<lb/>
lichen und beda&#x0364;chtlichen Leben anhalten und<lb/>
auferziehen werden, &#x017F;o bleibt nichts u&#x0364;brig,<lb/>
als daß das Elend die&#x017F;er Haushaltungen<lb/>
fortdauret, &#x017F;o lang das Baumwollen&#x017F;pinnen<lb/>
fortdaurt und ein Bein von ihnen lebt; oder<lb/>
daß man in der Schul Einrichtungen mache,<lb/>
die ihnen das er&#x017F;ezen, was &#x017F;ie von ihren<lb/>
Elteren nicht bekommen; und doch &#x017F;o unum-<lb/>
ga&#x0364;nglich no&#x0364;thig haben.</p><lb/>
          <p>Und jezt wi&#x017F;&#x017F;et ihr Junker, was fu&#x0364;r ei-<lb/>
nen Schulmei&#x017F;ter wir haben, und wie we-<lb/>
nig er im Stand i&#x017F;t auch nur ein Quintli<lb/>
&#x2014; wann die armen Kinder gut werden<lb/>
&#x017F;ollten, in &#x017F;ie hinein zu bringen.</p><lb/>
          <p>Er fuhr mit Hize fort zu &#x017F;agen:</p><lb/>
          <p>Der Tropf weis minder als ein Kind in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0035] ihr Brod auch mit Handverdienſt ſuchen muͤſſen, und wenn ſie nicht wie ſolche wohl- erzogene Stadtleuthe auch zu einem bedaͤcht- lichen uͤberlegten Weſen, und zum Ausſpiz- zen und Abtheilen eines jeden Kreuzers, der ihnen durch die Hand geht, angefuͤhrt wer- den, ſo werden die armen Baumwollenleuth, mit allem Verdienſt und mit aller Hilfe die ſie ſonſt haͤtten, in Ewigkeit nichts davon tragen, als einen verderbten Leib und ein elendes Alter — und Junker! da man nicht daran ſinnen kann daß die verderbten Spin- ner-Elteren ihre Kinder zu ſo einem ordent- lichen und bedaͤchtlichen Leben anhalten und auferziehen werden, ſo bleibt nichts uͤbrig, als daß das Elend dieſer Haushaltungen fortdauret, ſo lang das Baumwollenſpinnen fortdaurt und ein Bein von ihnen lebt; oder daß man in der Schul Einrichtungen mache, die ihnen das erſezen, was ſie von ihren Elteren nicht bekommen; und doch ſo unum- gaͤnglich noͤthig haben. Und jezt wiſſet ihr Junker, was fuͤr ei- nen Schulmeiſter wir haben, und wie we- nig er im Stand iſt auch nur ein Quintli — wann die armen Kinder gut werden ſollten, in ſie hinein zu bringen. Er fuhr mit Hize fort zu ſagen: Der Tropf weis minder als ein Kind in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/35
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/35>, abgerufen am 16.10.2024.