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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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zerrten; seine Frau hielt ihm sogar ein Tuch
fürs Maul, daß er schweigen mußte.

Das volle Volk aber, das noch nicht stehen
konnte, wollte dem Claus jezt doch dies und
das sagen, er solls nicht übel nehmen, und der-
gleichen; aber er ließ ihnen nichts darausgehen,
und erwiederte ihnen: sie denken das alle auch,
was er gesagt habe, und er sey wohl sobald der
ehrlichste unter allen.

Und mit diesem Wort verwirrte er die Kerl
so, daß man ihre Sprach nicht mehr verstuhnd;
halb sollten sie lachen, halb wollten sie derglei-
chen thun, es sey ihnen Ernst, daß sie das nicht
denken. Das einte dorften sie nicht, und thaten
es doch, das andere konnten sie nicht, und woll-
ten es doch, und dies machte ein Durcheinan-
der, das unbeschreiblich; sie staggelten und gag-
gelten, wie wenn der Rausch durch das Wort
des Clausen wieder doppelt worden.

Hinter allen, erst nach diesem, kam die Spek-
molchin aus ihrem Graben, diese, die den Wein
noch stärker als alle andere im Kopf hatte, hielt
den Claus, von dem sie reden hörte, vor einen
ganz andern, lief mit offnen Armen auf ihn zu,
und rief schon von Ferne einmal über das an-
dere: mein lieber Claus! mein lieber Claus!
bist du da? bist du da? und wie wärs uns auch
gegangen, wenn du nicht da wärest? -- Aber
der Claus verstuhnd es nicht so, und zog, sobald

sie

zerrten; ſeine Frau hielt ihm ſogar ein Tuch
fuͤrs Maul, daß er ſchweigen mußte.

Das volle Volk aber, das noch nicht ſtehen
konnte, wollte dem Claus jezt doch dies und
das ſagen, er ſolls nicht uͤbel nehmen, und der-
gleichen; aber er ließ ihnen nichts darausgehen,
und erwiederte ihnen: ſie denken das alle auch,
was er geſagt habe, und er ſey wohl ſobald der
ehrlichſte unter allen.

Und mit dieſem Wort verwirrte er die Kerl
ſo, daß man ihre Sprach nicht mehr verſtuhnd;
halb ſollten ſie lachen, halb wollten ſie derglei-
chen thun, es ſey ihnen Ernſt, daß ſie das nicht
denken. Das einte dorften ſie nicht, und thaten
es doch, das andere konnten ſie nicht, und woll-
ten es doch, und dies machte ein Durcheinan-
der, das unbeſchreiblich; ſie ſtaggelten und gag-
gelten, wie wenn der Rauſch durch das Wort
des Clauſen wieder doppelt worden.

Hinter allen, erſt nach dieſem, kam die Spek-
molchin aus ihrem Graben, dieſe, die den Wein
noch ſtaͤrker als alle andere im Kopf hatte, hielt
den Claus, von dem ſie reden hoͤrte, vor einen
ganz andern, lief mit offnen Armen auf ihn zu,
und rief ſchon von Ferne einmal uͤber das an-
dere: mein lieber Claus! mein lieber Claus!
biſt du da? biſt du da? und wie waͤrs uns auch
gegangen, wenn du nicht da waͤreſt? — Aber
der Claus verſtuhnd es nicht ſo, und zog, ſobald

ſie
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[384/0406] zerrten; ſeine Frau hielt ihm ſogar ein Tuch fuͤrs Maul, daß er ſchweigen mußte. Das volle Volk aber, das noch nicht ſtehen konnte, wollte dem Claus jezt doch dies und das ſagen, er ſolls nicht uͤbel nehmen, und der- gleichen; aber er ließ ihnen nichts darausgehen, und erwiederte ihnen: ſie denken das alle auch, was er geſagt habe, und er ſey wohl ſobald der ehrlichſte unter allen. Und mit dieſem Wort verwirrte er die Kerl ſo, daß man ihre Sprach nicht mehr verſtuhnd; halb ſollten ſie lachen, halb wollten ſie derglei- chen thun, es ſey ihnen Ernſt, daß ſie das nicht denken. Das einte dorften ſie nicht, und thaten es doch, das andere konnten ſie nicht, und woll- ten es doch, und dies machte ein Durcheinan- der, das unbeſchreiblich; ſie ſtaggelten und gag- gelten, wie wenn der Rauſch durch das Wort des Clauſen wieder doppelt worden. Hinter allen, erſt nach dieſem, kam die Spek- molchin aus ihrem Graben, dieſe, die den Wein noch ſtaͤrker als alle andere im Kopf hatte, hielt den Claus, von dem ſie reden hoͤrte, vor einen ganz andern, lief mit offnen Armen auf ihn zu, und rief ſchon von Ferne einmal uͤber das an- dere: mein lieber Claus! mein lieber Claus! biſt du da? biſt du da? und wie waͤrs uns auch gegangen, wenn du nicht da waͤreſt? — Aber der Claus verſtuhnd es nicht ſo, und zog, ſobald ſie

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/406>, abgerufen am 28.03.2024.