Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

sie nahe an ihm war, das Thier, bey dem er
zustuhnd, am Zaum, daß sein Kopf just zwi-
schen ihn und die Frau hineinkam, da sie eben
meynte, sie falle ihrem Claus in die Arme. Als
sie aber jezt merkte, daß es ein Roßkopf, ließ
sie einen solchen Schrey, daß das Thier erschrak,
auffuhr, und die Frau, die an ihns angeklam-
mert war, mit sich vom Boden auflupfte.

§. 81.
Erziehung, und nichts anders, ist das
Ziel der Schul.

Mit dem allem war doch nichts weniger als
bewiesen, daß das neue Wesen im Dorf,
und die grosse Aenderung in allen Haushaltun-
gen gar keinen Bestand haben werde. Der Vor-
fall wirkte vielmehr wirklich zum Gegentheil,
und machte, daß die Marktleuthe, die sich schäm-
ten, was ihnen begegnet, wie wild hinter ihre
Arbeit hergiengen, und allen ihren Kräften
aufboten, die Scharte wieder auszuwezen.

Im übrigen aber baute der Junker in seiner
Meynung, das Dorf zu ändern, gar nicht auf
das alte Volk, sondern auf die Jugend und seine
Schul. Diesfalls aber zählte er auf nichts
weniger als auf ein Geschlecht, das dem näch-
sten, von dem es abstammt, so ungleich seyn

B b

ſie nahe an ihm war, das Thier, bey dem er
zuſtuhnd, am Zaum, daß ſein Kopf juſt zwi-
ſchen ihn und die Frau hineinkam, da ſie eben
meynte, ſie falle ihrem Claus in die Arme. Als
ſie aber jezt merkte, daß es ein Roßkopf, ließ
ſie einen ſolchen Schrey, daß das Thier erſchrak,
auffuhr, und die Frau, die an ihns angeklam-
mert war, mit ſich vom Boden auflupfte.

§. 81.
Erziehung, und nichts anders, iſt das
Ziel der Schul.

Mit dem allem war doch nichts weniger als
bewieſen, daß das neue Weſen im Dorf,
und die groſſe Aenderung in allen Haushaltun-
gen gar keinen Beſtand haben werde. Der Vor-
fall wirkte vielmehr wirklich zum Gegentheil,
und machte, daß die Marktleuthe, die ſich ſchaͤm-
ten, was ihnen begegnet, wie wild hinter ihre
Arbeit hergiengen, und allen ihren Kraͤften
aufboten, die Scharte wieder auszuwezen.

Im uͤbrigen aber baute der Junker in ſeiner
Meynung, das Dorf zu aͤndern, gar nicht auf
das alte Volk, ſondern auf die Jugend und ſeine
Schul. Diesfalls aber zaͤhlte er auf nichts
weniger als auf ein Geſchlecht, das dem naͤch-
ſten, von dem es abſtammt, ſo ungleich ſeyn

B b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0407" n="385"/>
&#x017F;ie nahe an ihm war, das Thier, bey dem er<lb/>
zu&#x017F;tuhnd, am Zaum, daß &#x017F;ein Kopf ju&#x017F;t zwi-<lb/>
&#x017F;chen ihn und die Frau hineinkam, da &#x017F;ie eben<lb/>
meynte, &#x017F;ie falle ihrem Claus in die Arme. Als<lb/>
&#x017F;ie aber jezt merkte, daß es ein Roßkopf, ließ<lb/>
&#x017F;ie einen &#x017F;olchen Schrey, daß das Thier er&#x017F;chrak,<lb/>
auffuhr, und die Frau, die an ihns angeklam-<lb/>
mert war, mit &#x017F;ich vom Boden auflupfte.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 81.<lb/>
Erziehung, und nichts anders, i&#x017F;t das<lb/>
Ziel der Schul.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>it dem allem war doch nichts weniger als<lb/>
bewie&#x017F;en, daß das neue We&#x017F;en im Dorf,<lb/>
und die gro&#x017F;&#x017F;e Aenderung in allen Haushaltun-<lb/>
gen gar keinen Be&#x017F;tand haben werde. Der Vor-<lb/>
fall wirkte vielmehr wirklich zum Gegentheil,<lb/>
und machte, daß die Marktleuthe, die &#x017F;ich &#x017F;cha&#x0364;m-<lb/>
ten, was ihnen begegnet, wie wild hinter ihre<lb/>
Arbeit hergiengen, und allen ihren Kra&#x0364;ften<lb/>
aufboten, die Scharte wieder auszuwezen.</p><lb/>
        <p>Im u&#x0364;brigen aber baute der Junker in &#x017F;einer<lb/>
Meynung, das Dorf zu a&#x0364;ndern, gar nicht auf<lb/>
das alte Volk, &#x017F;ondern auf die Jugend und &#x017F;eine<lb/>
Schul. Diesfalls aber za&#x0364;hlte er auf nichts<lb/>
weniger als auf ein Ge&#x017F;chlecht, das dem na&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten, von dem es ab&#x017F;tammt, &#x017F;o ungleich &#x017F;eyn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0407] ſie nahe an ihm war, das Thier, bey dem er zuſtuhnd, am Zaum, daß ſein Kopf juſt zwi- ſchen ihn und die Frau hineinkam, da ſie eben meynte, ſie falle ihrem Claus in die Arme. Als ſie aber jezt merkte, daß es ein Roßkopf, ließ ſie einen ſolchen Schrey, daß das Thier erſchrak, auffuhr, und die Frau, die an ihns angeklam- mert war, mit ſich vom Boden auflupfte. §. 81. Erziehung, und nichts anders, iſt das Ziel der Schul. Mit dem allem war doch nichts weniger als bewieſen, daß das neue Weſen im Dorf, und die groſſe Aenderung in allen Haushaltun- gen gar keinen Beſtand haben werde. Der Vor- fall wirkte vielmehr wirklich zum Gegentheil, und machte, daß die Marktleuthe, die ſich ſchaͤm- ten, was ihnen begegnet, wie wild hinter ihre Arbeit hergiengen, und allen ihren Kraͤften aufboten, die Scharte wieder auszuwezen. Im uͤbrigen aber baute der Junker in ſeiner Meynung, das Dorf zu aͤndern, gar nicht auf das alte Volk, ſondern auf die Jugend und ſeine Schul. Diesfalls aber zaͤhlte er auf nichts weniger als auf ein Geſchlecht, das dem naͤch- ſten, von dem es abſtammt, ſo ungleich ſeyn B b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/407
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/407>, abgerufen am 25.04.2024.