Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Solche Leuthe hatte der Lienert den Tag
über um sich; doch auch andre; mit den mei-
sten G'sellen war er vollkommen zufrieden,
und von den Taglöhneren machten ihm auch
etliche dann und wann Freud.

§. 9.
Vater-Freuden..

Aussert dem Michel, den er allenthalben
brauchen konnte war ihm keiner so lieb
als der junge Bärr; dieser sang und pfiff
immer bey seiner Arbeit, wenn ihm auch
der Schweis tropfenweis von der Stirne lief.

Ihrer viele konnten das nicht an ihm lei-
den, und der Lenk sagte einmal beym Abend-
brod ihm in's Gesicht, er könnte mit seinem
Singen und Pfeiffen wohl warten bis er auch
ein ganzes Hembd hätte; aber der Bärr pfiff
sein Lied nur desto läuter, denn er hatte der-
gleichen Sachen nicht gern im Kopf wie der
da sagte: erst da das Lied aus, brach er
noch einen Mundvoll ab, sagte ihm dann:
meynest du etwann es mache einem die
Hembder ganz, wenn man nicht pfeiffe.

Es spahrte keiner wie er, den Taglohn,
und keiner sprang so mit ihm heim, ihn seiner
Frauen zu bringen und zu zeigen.


C 3

Solche Leuthe hatte der Lienert den Tag
uͤber um ſich; doch auch andre; mit den mei-
ſten G’ſellen war er vollkommen zufrieden,
und von den Tagloͤhneren machten ihm auch
etliche dann und wann Freud.

§. 9.
Vater-Freuden..

Auſſert dem Michel, den er allenthalben
brauchen konnte war ihm keiner ſo lieb
als der junge Baͤrr; dieſer ſang und pfiff
immer bey ſeiner Arbeit, wenn ihm auch
der Schweis tropfenweis von der Stirne lief.

Ihrer viele konnten das nicht an ihm lei-
den, und der Lenk ſagte einmal beym Abend-
brod ihm in’s Geſicht, er koͤnnte mit ſeinem
Singen und Pfeiffen wohl warten bis er auch
ein ganzes Hembd haͤtte; aber der Baͤrr pfiff
ſein Lied nur deſto laͤuter, denn er hatte der-
gleichen Sachen nicht gern im Kopf wie der
da ſagte: erſt da das Lied aus, brach er
noch einen Mundvoll ab, ſagte ihm dann:
meyneſt du etwann es mache einem die
Hembder ganz, wenn man nicht pfeiffe.

Es ſpahrte keiner wie er, den Taglohn,
und keiner ſprang ſo mit ihm heim, ihn ſeiner
Frauen zu bringen und zu zeigen.


C 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0059" n="37"/>
        <p>Solche Leuthe hatte der Lienert den Tag<lb/>
u&#x0364;ber um &#x017F;ich; doch auch andre; mit den mei-<lb/>
&#x017F;ten G&#x2019;&#x017F;ellen war er vollkommen zufrieden,<lb/>
und von den Taglo&#x0364;hneren machten ihm auch<lb/>
etliche dann und wann Freud.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 9.<lb/>
Vater-Freuden..</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>u&#x017F;&#x017F;ert dem Michel, den er allenthalben<lb/>
brauchen konnte war ihm keiner &#x017F;o lieb<lb/>
als der junge Ba&#x0364;rr; die&#x017F;er &#x017F;ang und pfiff<lb/>
immer bey &#x017F;einer Arbeit, wenn ihm auch<lb/>
der Schweis tropfenweis von der Stirne lief.</p><lb/>
        <p>Ihrer viele konnten das nicht an ihm lei-<lb/>
den, und der Lenk &#x017F;agte einmal beym Abend-<lb/>
brod ihm in&#x2019;s Ge&#x017F;icht, er ko&#x0364;nnte mit &#x017F;einem<lb/>
Singen und Pfeiffen wohl warten bis er auch<lb/>
ein ganzes Hembd ha&#x0364;tte; aber der Ba&#x0364;rr pfiff<lb/>
&#x017F;ein Lied nur de&#x017F;to la&#x0364;uter, denn er hatte der-<lb/>
gleichen Sachen nicht gern im Kopf wie der<lb/>
da &#x017F;agte: er&#x017F;t da das Lied aus, brach er<lb/>
noch einen Mundvoll ab, &#x017F;agte ihm dann:<lb/>
meyne&#x017F;t du etwann es mache einem die<lb/>
Hembder ganz, wenn man nicht pfeiffe.</p><lb/>
        <p>Es &#x017F;pahrte keiner wie er, den Taglohn,<lb/>
und keiner &#x017F;prang &#x017F;o mit ihm heim, ihn &#x017F;einer<lb/>
Frauen zu bringen und zu zeigen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0059] Solche Leuthe hatte der Lienert den Tag uͤber um ſich; doch auch andre; mit den mei- ſten G’ſellen war er vollkommen zufrieden, und von den Tagloͤhneren machten ihm auch etliche dann und wann Freud. §. 9. Vater-Freuden.. Auſſert dem Michel, den er allenthalben brauchen konnte war ihm keiner ſo lieb als der junge Baͤrr; dieſer ſang und pfiff immer bey ſeiner Arbeit, wenn ihm auch der Schweis tropfenweis von der Stirne lief. Ihrer viele konnten das nicht an ihm lei- den, und der Lenk ſagte einmal beym Abend- brod ihm in’s Geſicht, er koͤnnte mit ſeinem Singen und Pfeiffen wohl warten bis er auch ein ganzes Hembd haͤtte; aber der Baͤrr pfiff ſein Lied nur deſto laͤuter, denn er hatte der- gleichen Sachen nicht gern im Kopf wie der da ſagte: erſt da das Lied aus, brach er noch einen Mundvoll ab, ſagte ihm dann: meyneſt du etwann es mache einem die Hembder ganz, wenn man nicht pfeiffe. Es ſpahrte keiner wie er, den Taglohn, und keiner ſprang ſo mit ihm heim, ihn ſeiner Frauen zu bringen und zu zeigen. C 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/59
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/59>, abgerufen am 29.03.2024.