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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Dieser Sorgfaltstag war dem Arner sehr wich-
tig; er sezte mit dem Lieutenant eine genaue, und
diesen Raths- Meister- und Herren-Fehlern mit
Stärke zu Leib gehende Berathschlagungs-Form
für diesen Tag auf, und machte sie zur unabän-
derlichen Regel desselben; ließ sich auch durch nichts
abhalten, alljährlich an demselben gegenwärtig zu
seyn, und sagte seinen Dorfräthen und Aufsehern
bestimmt: wenn ich die Meister- Herren- und Raths-
Fehler bey euch einreißen lasse, so setze ich den
schlimmsten Wurm in das Fundament meines Ge-
bäudes, der mir alle Augenblicke den wichtigsten
Balken desselben, wo ich mich dessen am wenigsten
versehe, unterfressen kann. -- Auch das Weiber-
maul, das, wo es etwas zu regieren hat, leicht
dahin kömmt, schlimmer noch an dem besten Bal-
ken zu nagen als keine Herren-Fehler, kam wegen
den 5 Bundsfrauen an diesem Tage in Betrach-
tung; Arner und seine Dorfräthe überlegten, wie
bey den Männern, ob sich keine im geringsten einen
Ton anmaße, der bey den andern böses Blut
koche. --



Dieſer Sorgfaltstag war dem Arner ſehr wich-
tig; er ſezte mit dem Lieutenant eine genaue, und
dieſen Raths- Meiſter- und Herren-Fehlern mit
Staͤrke zu Leib gehende Berathſchlagungs-Form
fuͤr dieſen Tag auf, und machte ſie zur unabaͤn-
derlichen Regel deſſelben; ließ ſich auch durch nichts
abhalten, alljaͤhrlich an demſelben gegenwaͤrtig zu
ſeyn, und ſagte ſeinen Dorfraͤthen und Aufſehern
beſtimmt: wenn ich die Meiſter- Herren- und Raths-
Fehler bey euch einreißen laſſe, ſo ſetze ich den
ſchlimmſten Wurm in das Fundament meines Ge-
baͤudes, der mir alle Augenblicke den wichtigſten
Balken deſſelben, wo ich mich deſſen am wenigſten
verſehe, unterfreſſen kann. — Auch das Weiber-
maul, das, wo es etwas zu regieren hat, leicht
dahin koͤmmt, ſchlimmer noch an dem beſten Bal-
ken zu nagen als keine Herren-Fehler, kam wegen
den 5 Bundsfrauen an dieſem Tage in Betrach-
tung; Arner und ſeine Dorfraͤthe uͤberlegten, wie
bey den Maͤnnern, ob ſich keine im geringſten einen
Ton anmaße, der bey den andern boͤſes Blut
koche. —



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[268/0286] Dieſer Sorgfaltstag war dem Arner ſehr wich- tig; er ſezte mit dem Lieutenant eine genaue, und dieſen Raths- Meiſter- und Herren-Fehlern mit Staͤrke zu Leib gehende Berathſchlagungs-Form fuͤr dieſen Tag auf, und machte ſie zur unabaͤn- derlichen Regel deſſelben; ließ ſich auch durch nichts abhalten, alljaͤhrlich an demſelben gegenwaͤrtig zu ſeyn, und ſagte ſeinen Dorfraͤthen und Aufſehern beſtimmt: wenn ich die Meiſter- Herren- und Raths- Fehler bey euch einreißen laſſe, ſo ſetze ich den ſchlimmſten Wurm in das Fundament meines Ge- baͤudes, der mir alle Augenblicke den wichtigſten Balken deſſelben, wo ich mich deſſen am wenigſten verſehe, unterfreſſen kann. — Auch das Weiber- maul, das, wo es etwas zu regieren hat, leicht dahin koͤmmt, ſchlimmer noch an dem beſten Bal- ken zu nagen als keine Herren-Fehler, kam wegen den 5 Bundsfrauen an dieſem Tage in Betrach- tung; Arner und ſeine Dorfraͤthe uͤberlegten, wie bey den Maͤnnern, ob ſich keine im geringſten einen Ton anmaße, der bey den andern boͤſes Blut koche. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/286>, abgerufen am 25.04.2024.