Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Herrn seinem Gott, und vor seinem Volk? --
Mangelt jemand deines Raths? -- Kennst du die
Ordnung deines Volks? -- Hanget die Jugend an
deinem Herzen? -- Bist du der Alten Trost? --
und der Leidenden Heil? Stehest du in der Ver-
wirrung des Volks wie ein Fels? -- Und wer in
der Welt Schifbruch leidet, findet er bey dir Trost,
wenn ihn die Wellen der See an dein Ufer tragen?
-- Wandelst du in der Kraft des Herrn deines
Gottes einher, und in seiner Liebe? --

So las er; -- dann bog er sich wieder tief
zur Erde, und sagte: Herr! sey mir gnädig in mei-
ner Schwachheit, denn ich bin ein Mensch, und
habe viel über mich genommen, in deinem Namen
und vor deinem Volk --! Dann las er fort,
öffentlich vor der ganzen Gemeinde, die Pflichten
und den Beruf eines christlichen Pfarrers, und das
Gemählde des Guten, das er durch seine Sorgfalt,
Weisheit, Ordnung und Amtstreu im Dorf, und
zum Segen desselben, auf Kind und Kindskinder
hinab stiften und fest gründen könne -- dann auch
das Gemählde des großen Unsegens und Unglücks,
das einer durch Mangel von Sorgfalt, Ordnung,
Einsichten und Amtstreue eben so, wie durch ein
ungöttliches, sorg- und pflichtloses Leben in einem
Dorf anrichten, und auf Kind und Kindskinder
hinunter fortpflanzen könne. In diesem Volksge-
mählde über die Pfarrer und ihren Dienst, war

der

dem Herrn ſeinem Gott, und vor ſeinem Volk? —
Mangelt jemand deines Raths? — Kennſt du die
Ordnung deines Volks? — Hanget die Jugend an
deinem Herzen? — Biſt du der Alten Troſt? —
und der Leidenden Heil? Steheſt du in der Ver-
wirrung des Volks wie ein Fels? — Und wer in
der Welt Schifbruch leidet, findet er bey dir Troſt,
wenn ihn die Wellen der See an dein Ufer tragen?
— Wandelſt du in der Kraft des Herrn deines
Gottes einher, und in ſeiner Liebe? —

So las er; — dann bog er ſich wieder tief
zur Erde, und ſagte: Herr! ſey mir gnaͤdig in mei-
ner Schwachheit, denn ich bin ein Menſch, und
habe viel uͤber mich genommen, in deinem Namen
und vor deinem Volk —! Dann las er fort,
oͤffentlich vor der ganzen Gemeinde, die Pflichten
und den Beruf eines chriſtlichen Pfarrers, und das
Gemaͤhlde des Guten, das er durch ſeine Sorgfalt,
Weisheit, Ordnung und Amtstreu im Dorf, und
zum Segen deſſelben, auf Kind und Kindskinder
hinab ſtiften und feſt gruͤnden koͤnne — dann auch
das Gemaͤhlde des großen Unſegens und Ungluͤcks,
das einer durch Mangel von Sorgfalt, Ordnung,
Einſichten und Amtstreue eben ſo, wie durch ein
ungoͤttliches, ſorg- und pflichtloſes Leben in einem
Dorf anrichten, und auf Kind und Kindskinder
hinunter fortpflanzen koͤnne. In dieſem Volksge-
maͤhlde uͤber die Pfarrer und ihren Dienſt, war

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0370" n="352"/>
dem Herrn &#x017F;einem Gott, und vor &#x017F;einem Volk? &#x2014;<lb/>
Mangelt jemand deines Raths? &#x2014; Kenn&#x017F;t du die<lb/>
Ordnung deines Volks? &#x2014; Hanget die Jugend an<lb/>
deinem Herzen? &#x2014; Bi&#x017F;t du der Alten Tro&#x017F;t? &#x2014;<lb/>
und der Leidenden Heil? Stehe&#x017F;t du in der Ver-<lb/>
wirrung des Volks wie ein Fels? &#x2014; Und wer in<lb/>
der Welt Schifbruch leidet, findet er bey dir Tro&#x017F;t,<lb/>
wenn ihn die Wellen der See an dein Ufer tragen?<lb/>
&#x2014; Wandel&#x017F;t du in der Kraft des Herrn deines<lb/>
Gottes einher, und in &#x017F;einer Liebe? &#x2014;</p><lb/>
        <p>So las er; &#x2014; dann bog er &#x017F;ich wieder tief<lb/>
zur Erde, und &#x017F;agte: Herr! &#x017F;ey mir gna&#x0364;dig in mei-<lb/>
ner Schwachheit, denn ich bin ein Men&#x017F;ch, und<lb/>
habe viel u&#x0364;ber mich genommen, in deinem Namen<lb/>
und vor deinem Volk &#x2014;! Dann las er fort,<lb/>
o&#x0364;ffentlich vor der ganzen Gemeinde, die Pflichten<lb/>
und den Beruf eines chri&#x017F;tlichen Pfarrers, und das<lb/>
Gema&#x0364;hlde des Guten, das er durch &#x017F;eine Sorgfalt,<lb/>
Weisheit, Ordnung und Amtstreu im Dorf, und<lb/>
zum Segen de&#x017F;&#x017F;elben, auf Kind und Kindskinder<lb/>
hinab &#x017F;tiften und fe&#x017F;t gru&#x0364;nden ko&#x0364;nne &#x2014; dann auch<lb/>
das Gema&#x0364;hlde des großen Un&#x017F;egens und Unglu&#x0364;cks,<lb/>
das einer durch Mangel von Sorgfalt, Ordnung,<lb/>
Ein&#x017F;ichten und Amtstreue eben &#x017F;o, wie durch ein<lb/>
ungo&#x0364;ttliches, &#x017F;org- und pflichtlo&#x017F;es Leben in einem<lb/>
Dorf anrichten, und auf Kind und Kindskinder<lb/>
hinunter fortpflanzen ko&#x0364;nne. In die&#x017F;em Volksge-<lb/>
ma&#x0364;hlde u&#x0364;ber die Pfarrer und ihren Dien&#x017F;t, war<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0370] dem Herrn ſeinem Gott, und vor ſeinem Volk? — Mangelt jemand deines Raths? — Kennſt du die Ordnung deines Volks? — Hanget die Jugend an deinem Herzen? — Biſt du der Alten Troſt? — und der Leidenden Heil? Steheſt du in der Ver- wirrung des Volks wie ein Fels? — Und wer in der Welt Schifbruch leidet, findet er bey dir Troſt, wenn ihn die Wellen der See an dein Ufer tragen? — Wandelſt du in der Kraft des Herrn deines Gottes einher, und in ſeiner Liebe? — So las er; — dann bog er ſich wieder tief zur Erde, und ſagte: Herr! ſey mir gnaͤdig in mei- ner Schwachheit, denn ich bin ein Menſch, und habe viel uͤber mich genommen, in deinem Namen und vor deinem Volk —! Dann las er fort, oͤffentlich vor der ganzen Gemeinde, die Pflichten und den Beruf eines chriſtlichen Pfarrers, und das Gemaͤhlde des Guten, das er durch ſeine Sorgfalt, Weisheit, Ordnung und Amtstreu im Dorf, und zum Segen deſſelben, auf Kind und Kindskinder hinab ſtiften und feſt gruͤnden koͤnne — dann auch das Gemaͤhlde des großen Unſegens und Ungluͤcks, das einer durch Mangel von Sorgfalt, Ordnung, Einſichten und Amtstreue eben ſo, wie durch ein ungoͤttliches, ſorg- und pflichtloſes Leben in einem Dorf anrichten, und auf Kind und Kindskinder hinunter fortpflanzen koͤnne. In dieſem Volksge- maͤhlde uͤber die Pfarrer und ihren Dienſt, war der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/370
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/370>, abgerufen am 30.04.2024.