Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 20.
Herzens Rührung, und Bekehrungsge-
danken.

Aber das war nicht der Sylvia Meynung; da sie
den Tag darauf nach einem langen Schlafe wie-
der erwachte, und wie der Schärer prophezeyet,
nicht mehr schrie -- ich bin gebissen -- ich bin ge-
bissen -- erinnerte sie sich, daß sie im Wald pfei-
fen gehört, und fand izt selber, der Hund sey an
sie gehezt worden; aber sie meynte nun, man sollte
fast halbe Dörfer einstecken, wenigstens jedermann,
der Hunde halte und pfeife, auch wer ihr feind
sey, und namentlich den Schulmeister, der, wenn ei-
ner, sagte sie heftig, im Stande ist einen solchen
Streich anzugeben, so ist es gewiß dieser. Aber der
General wollte nicht in diese Nuß beißen. Von
diesem ist keine Rede, war aufs erste Wort seine
Antwort, mit dem Zusatz, wärest du daheim ge-
blieben, oder hättest jemand mit genommen, wie
ich dirs angerathen, so würde dir das nicht be-
gegnet seyn.

Wollt ihr denn keinen Menschen für mich ein-
stecken lassen? sagte Sylvia.

§. 20.
Herzens Ruͤhrung, und Bekehrungsge-
danken.

Aber das war nicht der Sylvia Meynung; da ſie
den Tag darauf nach einem langen Schlafe wie-
der erwachte, und wie der Schaͤrer prophezeyet,
nicht mehr ſchrie — ich bin gebiſſen — ich bin ge-
biſſen — erinnerte ſie ſich, daß ſie im Wald pfei-
fen gehoͤrt, und fand izt ſelber, der Hund ſey an
ſie gehezt worden; aber ſie meynte nun, man ſollte
faſt halbe Doͤrfer einſtecken, wenigſtens jedermann,
der Hunde halte und pfeife, auch wer ihr feind
ſey, und namentlich den Schulmeiſter, der, wenn ei-
ner, ſagte ſie heftig, im Stande iſt einen ſolchen
Streich anzugeben, ſo iſt es gewiß dieſer. Aber der
General wollte nicht in dieſe Nuß beißen. Von
dieſem iſt keine Rede, war aufs erſte Wort ſeine
Antwort, mit dem Zuſatz, waͤreſt du daheim ge-
blieben, oder haͤtteſt jemand mit genommen, wie
ich dirs angerathen, ſo wuͤrde dir das nicht be-
gegnet ſeyn.

Wollt ihr denn keinen Menſchen fuͤr mich ein-
ſtecken laſſen? ſagte Sylvia.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0096" n="78"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">§. 20.<lb/>
Herzens Ru&#x0364;hrung, und Bekehrungsge-<lb/>
danken.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ber das war nicht der Sylvia Meynung; da &#x017F;ie<lb/>
den Tag darauf nach einem langen Schlafe wie-<lb/>
der erwachte, und wie der Scha&#x0364;rer prophezeyet,<lb/>
nicht mehr &#x017F;chrie &#x2014; ich bin gebi&#x017F;&#x017F;en &#x2014; ich bin ge-<lb/>
bi&#x017F;&#x017F;en &#x2014; erinnerte &#x017F;ie &#x017F;ich, daß &#x017F;ie im Wald pfei-<lb/>
fen geho&#x0364;rt, und fand izt &#x017F;elber, der Hund &#x017F;ey an<lb/>
&#x017F;ie gehezt worden; aber &#x017F;ie meynte nun, man &#x017F;ollte<lb/>
fa&#x017F;t halbe Do&#x0364;rfer ein&#x017F;tecken, wenig&#x017F;tens jedermann,<lb/>
der Hunde halte und pfeife, auch wer ihr feind<lb/>
&#x017F;ey, und namentlich den Schulmei&#x017F;ter, der, wenn ei-<lb/>
ner, &#x017F;agte &#x017F;ie heftig, im Stande i&#x017F;t einen &#x017F;olchen<lb/>
Streich anzugeben, &#x017F;o i&#x017F;t es gewiß die&#x017F;er. Aber der<lb/>
General wollte nicht in die&#x017F;e Nuß beißen. Von<lb/>
die&#x017F;em i&#x017F;t keine Rede, war aufs er&#x017F;te Wort &#x017F;eine<lb/>
Antwort, mit dem Zu&#x017F;atz, wa&#x0364;re&#x017F;t du daheim ge-<lb/>
blieben, oder ha&#x0364;tte&#x017F;t jemand mit genommen, wie<lb/>
ich dirs angerathen, &#x017F;o wu&#x0364;rde dir das nicht be-<lb/>
gegnet &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Wollt ihr denn keinen Men&#x017F;chen fu&#x0364;r mich ein-<lb/>
&#x017F;tecken la&#x017F;&#x017F;en? &#x017F;agte Sylvia.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0096] §. 20. Herzens Ruͤhrung, und Bekehrungsge- danken. Aber das war nicht der Sylvia Meynung; da ſie den Tag darauf nach einem langen Schlafe wie- der erwachte, und wie der Schaͤrer prophezeyet, nicht mehr ſchrie — ich bin gebiſſen — ich bin ge- biſſen — erinnerte ſie ſich, daß ſie im Wald pfei- fen gehoͤrt, und fand izt ſelber, der Hund ſey an ſie gehezt worden; aber ſie meynte nun, man ſollte faſt halbe Doͤrfer einſtecken, wenigſtens jedermann, der Hunde halte und pfeife, auch wer ihr feind ſey, und namentlich den Schulmeiſter, der, wenn ei- ner, ſagte ſie heftig, im Stande iſt einen ſolchen Streich anzugeben, ſo iſt es gewiß dieſer. Aber der General wollte nicht in dieſe Nuß beißen. Von dieſem iſt keine Rede, war aufs erſte Wort ſeine Antwort, mit dem Zuſatz, waͤreſt du daheim ge- blieben, oder haͤtteſt jemand mit genommen, wie ich dirs angerathen, ſo wuͤrde dir das nicht be- gegnet ſeyn. Wollt ihr denn keinen Menſchen fuͤr mich ein- ſtecken laſſen? ſagte Sylvia.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/96
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/96>, abgerufen am 29.03.2024.