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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

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an den jungen Männern nicht nur keine Schnurrbärte, sondern überhaupt gar keine Bärte sieht.

Was die Sitten und Gebräuche der Chinesen anbelangt, so bin ich nur im Stande einzelner zu erwähnen, indem es für den Fremden schwer, ja beinahe unmöglich ist, dieselben kennen zu lernen. Ich bemühte mich, so viel als möglich davon zu sehen, begab mich bei allen sich darbietenden Gelegenheiten unter das Volk und schrieb dann getreulich nieder, was ich alles bemerkt hatte.

Als ich eines Morgens ausging, begegneten mir mehr denn fünfzehn Verbrecher, die alle in das hölzerne Joch (Can-gue) gesperrt waren und zur Schau in den Straßen umher geführt wurden. Es besteht dieses Joch aus zwei großen Stücken Holz, die sich ineinander fügen und eine bis drei Oeffnungen haben, durch welche, je nach der Größe des Vergehens, der Kopf und eine oder beide Hände gesteckt werden. Ein solcher Block wiegt 50 bis 100 Pfund und drückt so schwer auf Achseln und Schultern, daß der arme Verbrecher nie die Nahrung selbst zum Munde führen kann, sondern warten muß, bis ihn irgend eine mitleidige Seele füttert. -- Solche Strafen währen von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten; im letzteren Falle erliegt der Verbrecher fast immer.

Eine andere Strafe ist das Prügeln mit dem Bambusrohre, welches, wenn es auf zarte Theile des Körpers geschieht, das Opfer oft schon nach dem fünfzehnten Streiche seiner irdischen Leiden für immer enthebt. -- Weitere Strafen, die jenen der christlichen Inquisition nichts nachgeben, sind: Haut abziehen, Glieder einquetschen, Sehnen aus den Füßen lösen u. s. w. Die Todesurtheile

an den jungen Männern nicht nur keine Schnurrbärte, sondern überhaupt gar keine Bärte sieht.

Was die Sitten und Gebräuche der Chinesen anbelangt, so bin ich nur im Stande einzelner zu erwähnen, indem es für den Fremden schwer, ja beinahe unmöglich ist, dieselben kennen zu lernen. Ich bemühte mich, so viel als möglich davon zu sehen, begab mich bei allen sich darbietenden Gelegenheiten unter das Volk und schrieb dann getreulich nieder, was ich alles bemerkt hatte.

Als ich eines Morgens ausging, begegneten mir mehr denn fünfzehn Verbrecher, die alle in das hölzerne Joch (Can-gue) gesperrt waren und zur Schau in den Straßen umher geführt wurden. Es besteht dieses Joch aus zwei großen Stücken Holz, die sich ineinander fügen und eine bis drei Oeffnungen haben, durch welche, je nach der Größe des Vergehens, der Kopf und eine oder beide Hände gesteckt werden. Ein solcher Block wiegt 50 bis 100 Pfund und drückt so schwer auf Achseln und Schultern, daß der arme Verbrecher nie die Nahrung selbst zum Munde führen kann, sondern warten muß, bis ihn irgend eine mitleidige Seele füttert. — Solche Strafen währen von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten; im letzteren Falle erliegt der Verbrecher fast immer.

Eine andere Strafe ist das Prügeln mit dem Bambusrohre, welches, wenn es auf zarte Theile des Körpers geschieht, das Opfer oft schon nach dem fünfzehnten Streiche seiner irdischen Leiden für immer enthebt. — Weitere Strafen, die jenen der christlichen Inquisition nichts nachgeben, sind: Haut abziehen, Glieder einquetschen, Sehnen aus den Füßen lösen u. s. w. Die Todesurtheile

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        <p>Als ich eines Morgens ausging, begegneten mir mehr denn fünfzehn Verbrecher, die alle in das hölzerne Joch (Can-gue) gesperrt waren und zur Schau in den Straßen umher geführt wurden. Es besteht dieses Joch aus zwei großen Stücken Holz, die sich ineinander fügen und eine bis drei Oeffnungen haben, durch welche, je nach der Größe des Vergehens, der Kopf und eine oder beide Hände gesteckt werden. Ein solcher Block wiegt 50 bis 100 Pfund und drückt so schwer auf Achseln und Schultern, daß der arme Verbrecher nie die Nahrung selbst zum Munde führen kann, sondern warten muß, bis ihn irgend eine mitleidige Seele füttert. &#x2014; Solche Strafen währen von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten; im letzteren Falle erliegt der Verbrecher fast immer.</p>
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[22/0029] an den jungen Männern nicht nur keine Schnurrbärte, sondern überhaupt gar keine Bärte sieht. Was die Sitten und Gebräuche der Chinesen anbelangt, so bin ich nur im Stande einzelner zu erwähnen, indem es für den Fremden schwer, ja beinahe unmöglich ist, dieselben kennen zu lernen. Ich bemühte mich, so viel als möglich davon zu sehen, begab mich bei allen sich darbietenden Gelegenheiten unter das Volk und schrieb dann getreulich nieder, was ich alles bemerkt hatte. Als ich eines Morgens ausging, begegneten mir mehr denn fünfzehn Verbrecher, die alle in das hölzerne Joch (Can-gue) gesperrt waren und zur Schau in den Straßen umher geführt wurden. Es besteht dieses Joch aus zwei großen Stücken Holz, die sich ineinander fügen und eine bis drei Oeffnungen haben, durch welche, je nach der Größe des Vergehens, der Kopf und eine oder beide Hände gesteckt werden. Ein solcher Block wiegt 50 bis 100 Pfund und drückt so schwer auf Achseln und Schultern, daß der arme Verbrecher nie die Nahrung selbst zum Munde führen kann, sondern warten muß, bis ihn irgend eine mitleidige Seele füttert. — Solche Strafen währen von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten; im letzteren Falle erliegt der Verbrecher fast immer. Eine andere Strafe ist das Prügeln mit dem Bambusrohre, welches, wenn es auf zarte Theile des Körpers geschieht, das Opfer oft schon nach dem fünfzehnten Streiche seiner irdischen Leiden für immer enthebt. — Weitere Strafen, die jenen der christlichen Inquisition nichts nachgeben, sind: Haut abziehen, Glieder einquetschen, Sehnen aus den Füßen lösen u. s. w. Die Todesurtheile

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/29>, abgerufen am 25.04.2024.