Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir gaben unsern Pferden die Sporen, jagtem dem Zuge nach und schlossen uns demselben an. Der Häuptling begrüßte mich, indem er mit der Hand über die Stirne nach seiner Brust fuhr, und überreichte mir zum Zeichen des Wohlwollens seine Waffe, einen Kolben mit einem eisernen Knopfe, der mit vielen Spitzen versehen war und vollkommen einem sogenannten Morgenstern glich. Eine solche Waffe darf nur ein Scheik tragen.

Bis Sonnenaufgang blieb ich in des Scheik's Gesellschaft; dann aber trieb ich mein Pferd an, und um acht Uhr früh saß ich schon wieder in meinem Zimmer zu Bagdad, nachdem ich in der kurzen Zeit von drei und einem halben Tag 132 englische Meilen geritten und viel herum gegangen war. Man rechnet von Bagdad nach Hilla sechzig Meilen und von Hilla nach Birs-Nimrod sechs Meilen.

Ich hatte nun alles in und um Bagdad gesehen und wollte meine Weiterreise nach Ispahan antreten. Da sandte mir der persische Prinz Il-Hany-Ala-Culy-Mirza die Post, er habe aus seinem Vaterlande sehr böse Nachrichten erhalten, der Gouverneur von Ispahan sei ermordet worden und die ganze Provinz befinde sich in Aufstand. Von hier war daher der Eingang nach Persien nicht möglich. Ich faßte nun den Entschluß, vorläufig nach Mossul zu gehen und dort nach den Umständen die fernere Bahn meiner Reise zu bestimmen.

Bevor ich Bagdad verlasse, muß ich noch erwähnen, daß ich mich Anfangs sehr vor Skorpionen fürchtete, indem ich gehört und gelesen hatte, daß es deren hier sehr viele gäbe; allein weder in den Sardabs noch auf den Terrassen kam je einer zum Vorschein, und während

Wir gaben unsern Pferden die Sporen, jagtem dem Zuge nach und schlossen uns demselben an. Der Häuptling begrüßte mich, indem er mit der Hand über die Stirne nach seiner Brust fuhr, und überreichte mir zum Zeichen des Wohlwollens seine Waffe, einen Kolben mit einem eisernen Knopfe, der mit vielen Spitzen versehen war und vollkommen einem sogenannten Morgenstern glich. Eine solche Waffe darf nur ein Scheik tragen.

Bis Sonnenaufgang blieb ich in des Scheik’s Gesellschaft; dann aber trieb ich mein Pferd an, und um acht Uhr früh saß ich schon wieder in meinem Zimmer zu Bagdad, nachdem ich in der kurzen Zeit von drei und einem halben Tag 132 englische Meilen geritten und viel herum gegangen war. Man rechnet von Bagdad nach Hilla sechzig Meilen und von Hilla nach Birs-Nimrod sechs Meilen.

Ich hatte nun alles in und um Bagdad gesehen und wollte meine Weiterreise nach Ispahan antreten. Da sandte mir der persische Prinz Il-Hany-Ala-Culy-Mirza die Post, er habe aus seinem Vaterlande sehr böse Nachrichten erhalten, der Gouverneur von Ispahan sei ermordet worden und die ganze Provinz befinde sich in Aufstand. Von hier war daher der Eingang nach Persien nicht möglich. Ich faßte nun den Entschluß, vorläufig nach Mossul zu gehen und dort nach den Umständen die fernere Bahn meiner Reise zu bestimmen.

Bevor ich Bagdad verlasse, muß ich noch erwähnen, daß ich mich Anfangs sehr vor Skorpionen fürchtete, indem ich gehört und gelesen hatte, daß es deren hier sehr viele gäbe; allein weder in den Sardabs noch auf den Terrassen kam je einer zum Vorschein, und während

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0153" n="145"/>
Wir gaben unsern Pferden die Sporen, jagtem dem Zuge nach und schlossen uns demselben an. Der Häuptling begrüßte mich, indem er mit der Hand über die Stirne nach seiner Brust fuhr, und überreichte mir zum Zeichen des Wohlwollens seine Waffe, einen Kolben mit einem eisernen Knopfe, der mit vielen Spitzen versehen war und vollkommen einem sogenannten Morgenstern glich. Eine solche Waffe darf nur ein Scheik tragen.</p>
        <p>Bis Sonnenaufgang blieb ich in des Scheik&#x2019;s Gesellschaft; dann aber trieb ich mein Pferd an, und um acht Uhr früh saß ich schon wieder in meinem Zimmer zu <hi rendition="#aq">Bagdad</hi>, nachdem ich in der kurzen Zeit von drei und einem halben Tag 132 englische Meilen geritten und viel herum gegangen war. Man rechnet von <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> nach <hi rendition="#aq">Hilla</hi> sechzig Meilen und von <hi rendition="#aq">Hilla</hi> nach <hi rendition="#aq">Birs-Nimrod</hi> sechs Meilen.</p>
        <p>Ich hatte nun alles in und um <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> gesehen und wollte meine Weiterreise nach <hi rendition="#aq">Ispahan</hi> antreten. Da sandte mir der persische Prinz Il-Hany-Ala-Culy-Mirza die Post, er habe aus seinem Vaterlande sehr böse Nachrichten erhalten, der Gouverneur von <hi rendition="#aq">Ispahan</hi> sei ermordet worden und die ganze Provinz befinde sich in Aufstand. Von hier war daher der Eingang nach Persien nicht möglich. Ich faßte nun den Entschluß, vorläufig nach <hi rendition="#aq">Mossul</hi> zu gehen und dort nach den Umständen die fernere Bahn meiner Reise zu bestimmen.</p>
        <p>Bevor ich <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> verlasse, muß ich noch erwähnen, daß ich mich Anfangs sehr vor Skorpionen fürchtete, indem ich gehört und gelesen hatte, daß es deren hier sehr viele gäbe; allein weder in den Sardabs noch auf den Terrassen kam je einer zum Vorschein, und während
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0153] Wir gaben unsern Pferden die Sporen, jagtem dem Zuge nach und schlossen uns demselben an. Der Häuptling begrüßte mich, indem er mit der Hand über die Stirne nach seiner Brust fuhr, und überreichte mir zum Zeichen des Wohlwollens seine Waffe, einen Kolben mit einem eisernen Knopfe, der mit vielen Spitzen versehen war und vollkommen einem sogenannten Morgenstern glich. Eine solche Waffe darf nur ein Scheik tragen. Bis Sonnenaufgang blieb ich in des Scheik’s Gesellschaft; dann aber trieb ich mein Pferd an, und um acht Uhr früh saß ich schon wieder in meinem Zimmer zu Bagdad, nachdem ich in der kurzen Zeit von drei und einem halben Tag 132 englische Meilen geritten und viel herum gegangen war. Man rechnet von Bagdad nach Hilla sechzig Meilen und von Hilla nach Birs-Nimrod sechs Meilen. Ich hatte nun alles in und um Bagdad gesehen und wollte meine Weiterreise nach Ispahan antreten. Da sandte mir der persische Prinz Il-Hany-Ala-Culy-Mirza die Post, er habe aus seinem Vaterlande sehr böse Nachrichten erhalten, der Gouverneur von Ispahan sei ermordet worden und die ganze Provinz befinde sich in Aufstand. Von hier war daher der Eingang nach Persien nicht möglich. Ich faßte nun den Entschluß, vorläufig nach Mossul zu gehen und dort nach den Umständen die fernere Bahn meiner Reise zu bestimmen. Bevor ich Bagdad verlasse, muß ich noch erwähnen, daß ich mich Anfangs sehr vor Skorpionen fürchtete, indem ich gehört und gelesen hatte, daß es deren hier sehr viele gäbe; allein weder in den Sardabs noch auf den Terrassen kam je einer zum Vorschein, und während

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/153
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/153>, abgerufen am 19.04.2024.