Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Funfzig Maximen
furt, der das Rothe und Schwarze, samt art-
lichen Figuren,
so geschickt in Reime zu brin-
gen weiß, z. E. poetische Trinkgläser, Kannen,
Becher, Säulen, etc. desgleichen Hn. D. Kno-
blochs
aus Zittau Gedichte. Denn wenn sie
gleich oft mehr als zu erhaben, mithin der krie-
chenden Poesie
entgegen sind; darf man doch
nur jede Strophe in einzele Sätze, und diese
wieder in poetische Maximen auflösen. Sind
solche denn unsern Maximen entgegen: So keh-
ren wir selbige nur gerade um, so verwandeln
sich solche in gleichförmige Kunst-Regeln mit de-
nen unsrigen.

7. Maxime.

Was sehr witzige und lernbegierige Köpfe sind,
denen geben wir die größten Meister-Stücke un-
serer Gegner, der poetischen Helden, in die
Hände, rathen ihnen, auf die Spur zu kom-
men, diesen und jenen Einfall anzubringen; und
wenn wir erst hinter ihre Dicht-Maximen ge-
kommen, kehren wir solche nur um: So müs-
sen nothwendig Modelle einer Hans-Sachsi-
schen und kriechenden Poesie herauskommen.

8. Maxime.

Eben dieser Methode werde ich mich alhier
bedienen, und entweder das, wo unsere Gegner
selbst manchmal auf unsere Seite unvermerkt
getreten
sind, hier zum Grunde legen, weil die
Beypflichtung eines Feindes von großem Ge-
wichte ist; oder aber ich werde die Gedichte ei-

nes

Funfzig Maximen
furt, der das Rothe und Schwarze, ſamt art-
lichen Figuren,
ſo geſchickt in Reime zu brin-
gen weiß, z. E. poetiſche Trinkglaͤſer, Kannen,
Becher, Saͤulen, ꝛc. desgleichen Hn. D. Kno-
blochs
aus Zittau Gedichte. Denn wenn ſie
gleich oft mehr als zu erhaben, mithin der krie-
chenden Poeſie
entgegen ſind; darf man doch
nur jede Strophe in einzele Saͤtze, und dieſe
wieder in poetiſche Maximen aufloͤſen. Sind
ſolche denn unſern Maximen entgegen: So keh-
ren wir ſelbige nur gerade um, ſo verwandeln
ſich ſolche in gleichfoͤrmige Kunſt-Regeln mit de-
nen unſrigen.

7. Maxime.

Was ſehr witzige und lernbegierige Koͤpfe ſind,
denen geben wir die groͤßten Meiſter-Stuͤcke un-
ſerer Gegner, der poetiſchen Helden, in die
Haͤnde, rathen ihnen, auf die Spur zu kom-
men, dieſen und jenen Einfall anzubringen; und
wenn wir erſt hinter ihre Dicht-Maximen ge-
kommen, kehren wir ſolche nur um: So muͤſ-
ſen nothwendig Modelle einer Hans-Sachſi-
ſchen und kriechenden Poeſie herauskommen.

8. Maxime.

Eben dieſer Methode werde ich mich alhier
bedienen, und entweder das, wo unſere Gegner
ſelbſt manchmal auf unſere Seite unvermerkt
getreten
ſind, hier zum Grunde legen, weil die
Beypflichtung eines Feindes von großem Ge-
wichte iſt; oder aber ich werde die Gedichte ei-

nes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="66"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Funfzig Maximen</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">furt,</hi> der das Rothe und Schwarze, &#x017F;amt <hi rendition="#fr">art-<lb/>
lichen Figuren,</hi> &#x017F;o ge&#x017F;chickt in Reime zu brin-<lb/>
gen weiß, z. E. poeti&#x017F;che Trinkgla&#x0364;&#x017F;er, Kannen,<lb/>
Becher, Sa&#x0364;ulen, &#xA75B;c. desgleichen Hn. D. <hi rendition="#fr">Kno-<lb/>
blochs</hi> aus Zittau Gedichte. Denn wenn &#x017F;ie<lb/>
gleich oft <hi rendition="#fr">mehr als zu erhaben,</hi> mithin der <hi rendition="#fr">krie-<lb/>
chenden Poe&#x017F;ie</hi> entgegen &#x017F;ind; darf man doch<lb/>
nur jede Strophe in einzele Sa&#x0364;tze, und die&#x017F;e<lb/>
wieder in poeti&#x017F;che Maximen auflo&#x0364;&#x017F;en. Sind<lb/>
&#x017F;olche denn un&#x017F;ern Maximen entgegen: So keh-<lb/>
ren wir &#x017F;elbige nur gerade um, &#x017F;o verwandeln<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;olche in gleichfo&#x0364;rmige Kun&#x017F;t-Regeln mit de-<lb/>
nen un&#x017F;rigen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">7. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Was &#x017F;ehr witzige und lernbegierige Ko&#x0364;pfe &#x017F;ind,<lb/>
denen geben wir die gro&#x0364;ßten Mei&#x017F;ter-Stu&#x0364;cke un-<lb/>
&#x017F;erer Gegner, der <hi rendition="#fr">poeti&#x017F;chen Helden,</hi> in die<lb/>
Ha&#x0364;nde, rathen ihnen, auf die Spur zu kom-<lb/>
men, die&#x017F;en und jenen Einfall anzubringen; und<lb/>
wenn wir er&#x017F;t hinter ihre <hi rendition="#fr">Dicht-Maximen</hi> ge-<lb/>
kommen, kehren wir &#x017F;olche nur um: So mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en nothwendig <hi rendition="#fr">Modelle</hi> einer Hans-Sach&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen und kriechenden Poe&#x017F;ie herauskommen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">8. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Eben die&#x017F;er Methode werde ich mich alhier<lb/>
bedienen, und entweder das, wo un&#x017F;ere Gegner<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t manchmal <hi rendition="#fr">auf un&#x017F;ere Seite unvermerkt<lb/>
getreten</hi> &#x017F;ind, hier zum Grunde legen, weil die<lb/>
Beypflichtung eines Feindes von großem Ge-<lb/>
wichte i&#x017F;t; oder aber ich werde die Gedichte ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nes</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0074] Funfzig Maximen furt, der das Rothe und Schwarze, ſamt art- lichen Figuren, ſo geſchickt in Reime zu brin- gen weiß, z. E. poetiſche Trinkglaͤſer, Kannen, Becher, Saͤulen, ꝛc. desgleichen Hn. D. Kno- blochs aus Zittau Gedichte. Denn wenn ſie gleich oft mehr als zu erhaben, mithin der krie- chenden Poeſie entgegen ſind; darf man doch nur jede Strophe in einzele Saͤtze, und dieſe wieder in poetiſche Maximen aufloͤſen. Sind ſolche denn unſern Maximen entgegen: So keh- ren wir ſelbige nur gerade um, ſo verwandeln ſich ſolche in gleichfoͤrmige Kunſt-Regeln mit de- nen unſrigen. 7. Maxime. Was ſehr witzige und lernbegierige Koͤpfe ſind, denen geben wir die groͤßten Meiſter-Stuͤcke un- ſerer Gegner, der poetiſchen Helden, in die Haͤnde, rathen ihnen, auf die Spur zu kom- men, dieſen und jenen Einfall anzubringen; und wenn wir erſt hinter ihre Dicht-Maximen ge- kommen, kehren wir ſolche nur um: So muͤſ- ſen nothwendig Modelle einer Hans-Sachſi- ſchen und kriechenden Poeſie herauskommen. 8. Maxime. Eben dieſer Methode werde ich mich alhier bedienen, und entweder das, wo unſere Gegner ſelbſt manchmal auf unſere Seite unvermerkt getreten ſind, hier zum Grunde legen, weil die Beypflichtung eines Feindes von großem Ge- wichte iſt; oder aber ich werde die Gedichte ei- nes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/74
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/74>, abgerufen am 16.04.2024.