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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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5. ppo_011.002
b) Verhältniß der Einbildungskraft zur ppo_011.003
Sprache der Dichtkunst.
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Jst gleich das Gefühlsvermögen die ursprüngliche ppo_011.005
Quelle alles dichterischen Stoffes; so bedarf ppo_011.006
doch dieser Stoff bereits innerhalb des menschlichen ppo_011.007
Bewußtseyns einer eigenthümlichen Form und Gestaltung, ppo_011.008
bevor er durch die Sprache nach außen ppo_011.009
dargestellt werden kann. Diese Form und Gestaltung ppo_011.010
erhält der dichterische Stoff durch die ppo_011.011
Einbildungskraft,
nach der unerklärbaren Verbindung ppo_011.012
und Wechselwirkung, in welcher sie mit ppo_011.013
dem Gefühlsvermögen in dem Gemüthe des Dichters ppo_011.014
steht. Denn obgleich im Allgemeinen die Wirksamkeit ppo_011.015
der Einbildungskraft auf bestimmte Begriffe ppo_011.016
zurückgeführt werden kann; so bleibt doch das Verhältniß, ppo_011.017
in welchem sie zum Gefühlsvermögen bei ppo_011.018
jedem einzelnen Dichter (bei Milton, Pope, ppo_011.019
Klopstock, Matthisson, Schiller, Göthe
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u. a.) steht, unerklärbar. Aus diesem unerklärbaren ppo_011.021
Verhältnisse geht aber die dichterische Jndividualität ppo_011.022
hervor, die, bei allen classischen Dichtern, ppo_011.023
so unendlich verschieden ist, daß jeder wahre ppo_011.024
Dichter sogleich an dieser Jndividualität erkannt und ppo_011.025
von jedem andern vollendeten Dichter (Lessing von ppo_011.026
Joh. Andr. Cramer, Gellert von Haller, ppo_011.027
Thümmel
von Hölty, Bürger von Tiedge ppo_011.028
u. s. w.) unterschieden wird.

ppo_011.029

Nach der allgemeinen philosophischen Entwickelung ppo_011.030
und Durchführung der drei geistigen Vermögen, ppo_011.031
wird die Einbildungskraft als eine besondere ppo_011.032
Ankündigung der Thätigkeit (Function) des ppo_011.033
Vorstellungsvermögens aufgeführt. Allein sie unterscheidet

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5. ppo_011.002
b) Verhältniß der Einbildungskraft zur ppo_011.003
Sprache der Dichtkunst.
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Jst gleich das Gefühlsvermögen die ursprüngliche ppo_011.005
Quelle alles dichterischen Stoffes; so bedarf ppo_011.006
doch dieser Stoff bereits innerhalb des menschlichen ppo_011.007
Bewußtseyns einer eigenthümlichen Form und Gestaltung, ppo_011.008
bevor er durch die Sprache nach außen ppo_011.009
dargestellt werden kann. Diese Form und Gestaltung ppo_011.010
erhält der dichterische Stoff durch die ppo_011.011
Einbildungskraft,
nach der unerklärbaren Verbindung ppo_011.012
und Wechselwirkung, in welcher sie mit ppo_011.013
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der Einbildungskraft auf bestimmte Begriffe ppo_011.016
zurückgeführt werden kann; so bleibt doch das Verhältniß, ppo_011.017
in welchem sie zum Gefühlsvermögen bei ppo_011.018
jedem einzelnen Dichter (bei Milton, Pope, ppo_011.019
Klopstock, Matthisson, Schiller, Göthe
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u. a.) steht, unerklärbar. Aus diesem unerklärbaren ppo_011.021
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Dichter sogleich an dieser Jndividualität erkannt und ppo_011.025
von jedem andern vollendeten Dichter (Lessing von ppo_011.026
Joh. Andr. Cramer, Gellert von Haller, ppo_011.027
Thümmel
von Hölty, Bürger von Tiedge ppo_011.028
u. s. w.) unterschieden wird.

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Nach der allgemeinen philosophischen Entwickelung ppo_011.030
und Durchführung der drei geistigen Vermögen, ppo_011.031
wird die Einbildungskraft als eine besondere ppo_011.032
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[11/0023] ppo_011.001 5. ppo_011.002 b) Verhältniß der Einbildungskraft zur ppo_011.003 Sprache der Dichtkunst. ppo_011.004 Jst gleich das Gefühlsvermögen die ursprüngliche ppo_011.005 Quelle alles dichterischen Stoffes; so bedarf ppo_011.006 doch dieser Stoff bereits innerhalb des menschlichen ppo_011.007 Bewußtseyns einer eigenthümlichen Form und Gestaltung, ppo_011.008 bevor er durch die Sprache nach außen ppo_011.009 dargestellt werden kann. Diese Form und Gestaltung ppo_011.010 erhält der dichterische Stoff durch die ppo_011.011 Einbildungskraft, nach der unerklärbaren Verbindung ppo_011.012 und Wechselwirkung, in welcher sie mit ppo_011.013 dem Gefühlsvermögen in dem Gemüthe des Dichters ppo_011.014 steht. Denn obgleich im Allgemeinen die Wirksamkeit ppo_011.015 der Einbildungskraft auf bestimmte Begriffe ppo_011.016 zurückgeführt werden kann; so bleibt doch das Verhältniß, ppo_011.017 in welchem sie zum Gefühlsvermögen bei ppo_011.018 jedem einzelnen Dichter (bei Milton, Pope, ppo_011.019 Klopstock, Matthisson, Schiller, Göthe ppo_011.020 u. a.) steht, unerklärbar. Aus diesem unerklärbaren ppo_011.021 Verhältnisse geht aber die dichterische Jndividualität ppo_011.022 hervor, die, bei allen classischen Dichtern, ppo_011.023 so unendlich verschieden ist, daß jeder wahre ppo_011.024 Dichter sogleich an dieser Jndividualität erkannt und ppo_011.025 von jedem andern vollendeten Dichter (Lessing von ppo_011.026 Joh. Andr. Cramer, Gellert von Haller, ppo_011.027 Thümmel von Hölty, Bürger von Tiedge ppo_011.028 u. s. w.) unterschieden wird. ppo_011.029 Nach der allgemeinen philosophischen Entwickelung ppo_011.030 und Durchführung der drei geistigen Vermögen, ppo_011.031 wird die Einbildungskraft als eine besondere ppo_011.032 Ankündigung der Thätigkeit (Function) des ppo_011.033 Vorstellungsvermögens aufgeführt. Allein sie unterscheidet

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/23>, abgerufen am 16.04.2024.