Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

ppo_036.001
von Luther, Klopstock, Göthe, Schiller, ppo_036.002
Kosegarten, Matthisson
u. a. sogleich ppo_036.003
erkennen und von jedem andern Schriftsteller unterscheiden. ppo_036.004
Allein fehlerhaft wird die Manier, ppo_036.005
wenn sie nicht aus der Jndividualität des Schriftstellers ppo_036.006
selbst hervorgeht, sondern auf der bloßen ppo_036.007
Nachahmung eines originellen Dichters beruht. Deshalb ppo_036.008
sind denn auch die Nachäffungen der eigenthümlichen ppo_036.009
Manier von Göthe, Schiller, Matthisson ppo_036.010
und andern so widerlich, während wir dem ppo_036.011
selbstständigen Dichter gern die Wiederkehr von Formen ppo_036.012
verzeihen, die er einmal aus seiner Eigenthümlichkeit ppo_036.013
ausgeprägt und den meisten seiner Werke ppo_036.014
ertheilt hat.

ppo_036.015
1) Die lyrische Form der Dichtkunst.
ppo_036.016
13. ppo_036.017
Charakter und einzelne Theile der lyrischen ppo_036.018
Dichtkunst.
ppo_036.019

Der Charakter der lyrischen Dichtkunst besteht ppo_036.020
nicht, wie einige Theoretiker wollen, in der ppo_036.021
Erregung, sondern in der idealisirten Darstellung ppo_036.022
(Objectivisirung) bestimmter individueller Gefühle ppo_036.023
unter der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. ppo_036.024
Bei allen einzelnen Erzeugnissen der lyrischen Dichtkunst ppo_036.025
beruht daher der dargestellte Stoff auf den ppo_036.026
subjectiven Gefühlen des Dichters, welche durch ppo_036.027
seine selbstthätige Einbildungskraft unter einer idealischen ppo_036.028
Umgebung aufgefaßt, und nach dieser idealischen

ppo_036.001
von Luther, Klopstock, Göthe, Schiller, ppo_036.002
Kosegarten, Matthisson
u. a. sogleich ppo_036.003
erkennen und von jedem andern Schriftsteller unterscheiden. ppo_036.004
Allein fehlerhaft wird die Manier, ppo_036.005
wenn sie nicht aus der Jndividualität des Schriftstellers ppo_036.006
selbst hervorgeht, sondern auf der bloßen ppo_036.007
Nachahmung eines originellen Dichters beruht. Deshalb ppo_036.008
sind denn auch die Nachäffungen der eigenthümlichen ppo_036.009
Manier von Göthe, Schiller, Matthisson ppo_036.010
und andern so widerlich, während wir dem ppo_036.011
selbstständigen Dichter gern die Wiederkehr von Formen ppo_036.012
verzeihen, die er einmal aus seiner Eigenthümlichkeit ppo_036.013
ausgeprägt und den meisten seiner Werke ppo_036.014
ertheilt hat.

ppo_036.015
1) Die lyrische Form der Dichtkunst.
ppo_036.016
13. ppo_036.017
Charakter und einzelne Theile der lyrischen ppo_036.018
Dichtkunst.
ppo_036.019

Der Charakter der lyrischen Dichtkunst besteht ppo_036.020
nicht, wie einige Theoretiker wollen, in der ppo_036.021
Erregung, sondern in der idealisirten Darstellung ppo_036.022
(Objectivisirung) bestimmter individueller Gefühle ppo_036.023
unter der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. ppo_036.024
Bei allen einzelnen Erzeugnissen der lyrischen Dichtkunst ppo_036.025
beruht daher der dargestellte Stoff auf den ppo_036.026
subjectiven Gefühlen des Dichters, welche durch ppo_036.027
seine selbstthätige Einbildungskraft unter einer idealischen ppo_036.028
Umgebung aufgefaßt, und nach dieser idealischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" n="36"/><lb n="ppo_036.001"/> von <hi rendition="#g">Luther, Klopstock, Göthe, Schiller, <lb n="ppo_036.002"/>Kosegarten, Matthisson</hi> u. a. sogleich <lb n="ppo_036.003"/>erkennen und von jedem andern Schriftsteller unterscheiden. <lb n="ppo_036.004"/>Allein <hi rendition="#g">fehlerhaft</hi> wird die Manier, <lb n="ppo_036.005"/>wenn sie nicht aus der Jndividualität des Schriftstellers <lb n="ppo_036.006"/>selbst hervorgeht, sondern auf der bloßen <lb n="ppo_036.007"/>Nachahmung eines originellen Dichters beruht. Deshalb <lb n="ppo_036.008"/>sind denn auch die Nachäffungen der eigenthümlichen <lb n="ppo_036.009"/>Manier von <hi rendition="#g">Göthe, Schiller, Matthisson</hi> <lb n="ppo_036.010"/>und andern so widerlich, während wir dem <lb n="ppo_036.011"/>selbstständigen Dichter gern die Wiederkehr von Formen <lb n="ppo_036.012"/>verzeihen, die er einmal aus seiner Eigenthümlichkeit <lb n="ppo_036.013"/>ausgeprägt und den meisten seiner Werke <lb n="ppo_036.014"/>ertheilt hat.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <lb n="ppo_036.015"/>
        <head> <hi rendition="#c">1) <hi rendition="#g">Die lyrische Form der Dichtkunst.</hi></hi> </head>
        <lb n="ppo_036.016"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c">13. <lb n="ppo_036.017"/><hi rendition="#g">Charakter und einzelne Theile der lyrischen <lb n="ppo_036.018"/>Dichtkunst.</hi></hi> </head>
          <lb n="ppo_036.019"/>
          <p>  Der <hi rendition="#g">Charakter</hi> der lyrischen Dichtkunst besteht <lb n="ppo_036.020"/>nicht, wie einige Theoretiker wollen, in der <lb n="ppo_036.021"/>Erregung, sondern in der idealisirten Darstellung <lb n="ppo_036.022"/>(Objectivisirung) bestimmter individueller Gefühle <lb n="ppo_036.023"/>unter der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. <lb n="ppo_036.024"/>Bei allen einzelnen Erzeugnissen der lyrischen Dichtkunst <lb n="ppo_036.025"/>beruht daher der dargestellte <hi rendition="#g">Stoff</hi> auf den <lb n="ppo_036.026"/>subjectiven Gefühlen des Dichters, welche durch <lb n="ppo_036.027"/>seine selbstthätige Einbildungskraft unter einer <hi rendition="#g">idealischen</hi> <lb n="ppo_036.028"/>Umgebung aufgefaßt, und nach dieser idealischen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0048] ppo_036.001 von Luther, Klopstock, Göthe, Schiller, ppo_036.002 Kosegarten, Matthisson u. a. sogleich ppo_036.003 erkennen und von jedem andern Schriftsteller unterscheiden. ppo_036.004 Allein fehlerhaft wird die Manier, ppo_036.005 wenn sie nicht aus der Jndividualität des Schriftstellers ppo_036.006 selbst hervorgeht, sondern auf der bloßen ppo_036.007 Nachahmung eines originellen Dichters beruht. Deshalb ppo_036.008 sind denn auch die Nachäffungen der eigenthümlichen ppo_036.009 Manier von Göthe, Schiller, Matthisson ppo_036.010 und andern so widerlich, während wir dem ppo_036.011 selbstständigen Dichter gern die Wiederkehr von Formen ppo_036.012 verzeihen, die er einmal aus seiner Eigenthümlichkeit ppo_036.013 ausgeprägt und den meisten seiner Werke ppo_036.014 ertheilt hat. ppo_036.015 1) Die lyrische Form der Dichtkunst. ppo_036.016 13. ppo_036.017 Charakter und einzelne Theile der lyrischen ppo_036.018 Dichtkunst. ppo_036.019 Der Charakter der lyrischen Dichtkunst besteht ppo_036.020 nicht, wie einige Theoretiker wollen, in der ppo_036.021 Erregung, sondern in der idealisirten Darstellung ppo_036.022 (Objectivisirung) bestimmter individueller Gefühle ppo_036.023 unter der Einheit einer vollendeten ästhetischen Form. ppo_036.024 Bei allen einzelnen Erzeugnissen der lyrischen Dichtkunst ppo_036.025 beruht daher der dargestellte Stoff auf den ppo_036.026 subjectiven Gefühlen des Dichters, welche durch ppo_036.027 seine selbstthätige Einbildungskraft unter einer idealischen ppo_036.028 Umgebung aufgefaßt, und nach dieser idealischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/48
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/48>, abgerufen am 14.10.2024.