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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils siebendes Buch.
[Spaltenumbruch] wüchse, wenn er wie andere gepflan-
tzet würde.

Die Mußkatnuß ist auch eine von
denjenigen Waaren, davon die Hollän-
der
alleine Meister sind, massen es sonst
keine giebet, als auf den Jnseln Nero/
Lontour, Poulay/ Rosgain, Po-
leron/ Granapuis/ Dame,
und auf
der grossen Jnsel Banda in Asien;
nicht in Westindien, wie zwar ein neu-
er Scribent saget; und ist bewunderns
werth, daß so wenig Land dennoch der
gantzen Welt vollauf Mußkatnüsse zu
verschaffen vermag. Doch ist es gar
leichtlich zu glauben; denn man muß
wissen, daß diese Jnseln dermassen voll
solcher Bäume sind, daß es schier un-
glaublich. So liegen überdiß diese Jn-
seln unter einer so herrlichen Himmels-
Gegend, daß diese Bäume fort für fort
mit Blüten und Früchten beladen ste-
hen, und man sie des Jahres dreymahl
zu sammlen pflegt; im April, August
und December: doch werden diejenigen,
die im April gesammlet worden, höher
denn die andern geschätzt. Diese Ge-
gend ist auch dermassen temperiret, daß
die Männer bis ins 120. Jahr leben,
und sich um nichts, als um essen und
trincken, schlaffen und spatziren gehen
bekümmern, da indessen die Weiber be-
müßiget sind die grüne Schale von den
Mußkatnüssen zu reissen, die Macis zu
trucknen, und die harte Schale, darin-
nen die Nuß lieget, zu zerbrechen, denn
sie die vornehmste Waare des Landes
ist, und bey nahe alles, wovon sie das
Leben erhalten.

Diesemnach sind die Mußkatnüsse
nichts anders denn der Kern dieser
Früchte, mit einer harten, dünnen und
schwärtzlichten Schale bedecket. Uber
dieser befindet sich noch eine Decke, wel-
che aber diese Schale nur zum Theil um-
hüllet, und zart und röthlich ist, eines
lieblichen Geruchs und aromatischen
Macis, Muß-
katenblumen.
Siehe Fig. 192.
würtzhaften Geschmacks, die wir Ma-
cis,
gemeine Leute aber Mußkaten-
blumen
nennen. Nach der Macis folgt
die auswendige grüne, zu nichts nicht
dienliche Schale. Dergestalt kan man
aus ietzt angeführten ersehen, daß die
Mußkatnüsse nicht nur zwey (nach
dem Berichte eines neuen Scribenten)
sondern drey Decken oder Schalen ha-
ben, die innerste Schale, die Macis, und
[Spaltenumbruch] die äusserste Schale: und diß ist so ge-
wiß, daß iedweder, der sich nur die Mü-
he geben, und eine eingemachte Muß-
katnuß mitten von einander schneiden
will, ietztgedachte drey Theile alsobald
finden wird.

Die Bäume, welche die runden oder
gemeinen Mußkatnüsse tragen, wach-
sen allein an wohlgebaueten Orten: die
aber die langen tragen, stehen im Holtze
und Wäldern, daher sie auch von den
Holländern Männlein oder wildeWilbe Muß-
katnüsse.

Mußkatnüsse genennet werden. Die-
weil sie aber gar wenig bräuchlich sind,
indem sie bey nahe weder Geruch noch
Geschmack haben, derowegen bekom-
men wir sie so gar selten zu sehen. Die
Alten nenneten sie Azerbes.

Azerbes.

Was die gemeinen Mußkatnüsse
betrifft, dieselben muß man in der Sor-
te, oder unsortirt, d. i. wie sie aus Hol-
land
kommen, erwehlen, doch daß sie
wohl beblümet seyn, schwer und dichte,
aussenher graulicht, innen röthlicht, und
als ob sie marmoriret wären sehen, auch
voller fetticht- und schmierichter Feuch-
tigkeit sind, denn dieses ist das Zeichen,
daß sie frisch seyn. Dabey müssen sie
fein lieblich riechen, wenn sie geschälet
oder gerieben werden, und wenn man
sie in den Mund nimmt, müssen sie einen
heissen und beissenden aromatischen Ge-
schmack haben. Das Löchlein belan-
gend, davon ist der allgemeine irrige
Wahn, daß man glaubet, dieses verrin-
gere ihre Güte; denn es ist keine eintzige
Mußkate ohne dieses Löchlein, und er-
blickt man es alsofort, so bald man das
kleine Häutlein, welches, so zu sagen, ihr
Käume ist, hinweggenommen hat.

Der Gebrauch der Mußcaten ist zu
bekannt, daß unnöthig, mich dabey auf-
zuhalten: nur will ich dieses gedencken,
daß sie auch in etwas zur Artzney ge-
brauchet werden; denn, wenn man sie
mit Zucker zu Pulver gestossen, in war-
men Weine einnimmt, ist dieses ein vor-
treffliches Mittel wider die kalten Flüs-
se/
und man hat diesem Pulver den Na-
men poudre Duc, Hertzogspulver, ge-Hertzogs-
Pulver.

geben. Die ordentliche dosis zu einem
Pfund Zucker sind zwey Untzen Muß-
katnüsse, dazu etliche noch etwas Zimmt
thun. Die Einwohner der Jnsel Ban-
da
machen die annoch grünen Mußkat-Eingemachte
Mußkatnüsse

nüsse ein, welche uns hernach die Hol-

län-
R 2

Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
[Spaltenumbruch] wuͤchſe, wenn er wie andere gepflan-
tzet wuͤrde.

Die Mußkatnuß iſt auch eine von
denjenigen Waaren, davon die Hollaͤn-
der
alleine Meiſter ſind, maſſen es ſonſt
keine giebet, als auf den Jnſeln Nero/
Lontour, Poulay/ Rosgain, Po-
leron/ Granapuis/ Dame,
und auf
der groſſen Jnſel Banda in Aſien;
nicht in Weſtindien, wie zwar ein neu-
er Scribent ſaget; und iſt bewunderns
werth, daß ſo wenig Land dennoch der
gantzen Welt vollauf Mußkatnuͤſſe zu
verſchaffen vermag. Doch iſt es gar
leichtlich zu glauben; denn man muß
wiſſen, daß dieſe Jnſeln dermaſſen voll
ſolcher Baͤume ſind, daß es ſchier un-
glaublich. So liegen uͤberdiß dieſe Jn-
ſeln unter einer ſo herrlichen Himmels-
Gegend, daß dieſe Baͤume fort fuͤr fort
mit Bluͤten und Fruͤchten beladen ſte-
hen, und man ſie des Jahres dreymahl
zu ſammlen pflegt; im April, Auguſt
und December: doch werden diejenigen,
die im April geſammlet worden, hoͤher
denn die andern geſchaͤtzt. Dieſe Ge-
gend iſt auch dermaſſen temperiret, daß
die Maͤnner bis ins 120. Jahr leben,
und ſich um nichts, als um eſſen und
trincken, ſchlaffen und ſpatziren gehen
bekuͤmmern, da indeſſen die Weiber be-
muͤßiget ſind die gruͤne Schale von den
Mußkatnuͤſſen zu reiſſen, die Macis zu
trucknen, und die harte Schale, darin-
nen die Nuß lieget, zu zerbrechen, denn
ſie die vornehmſte Waare des Landes
iſt, und bey nahe alles, wovon ſie das
Leben erhalten.

Dieſemnach ſind die Mußkatnuͤſſe
nichts anders denn der Kern dieſer
Fruͤchte, mit einer harten, duͤnnen und
ſchwaͤrtzlichten Schale bedecket. Uber
dieſer befindet ſich noch eine Decke, wel-
che aber dieſe Schale nur zum Theil um-
huͤllet, und zart und roͤthlich iſt, eines
lieblichen Geruchs und aromatiſchen
Macis, Muß-
katenblumen.
Siehe Fig. 192.
wuͤrtzhaften Geſchmacks, die wir Ma-
cis,
gemeine Leute aber Mußkaten-
blumen
nennen. Nach der Macis folgt
die auswendige gruͤne, zu nichts nicht
dienliche Schale. Dergeſtalt kan man
aus ietzt angefuͤhrten erſehen, daß die
Mußkatnuͤſſe nicht nur zwey (nach
dem Berichte eines neuen Scribenten)
ſondern drey Decken oder Schalen ha-
ben, die innerſte Schale, die Macis, und
[Spaltenumbruch] die aͤuſſerſte Schale: und diß iſt ſo ge-
wiß, daß iedweder, der ſich nur die Muͤ-
he geben, und eine eingemachte Muß-
katnuß mitten von einander ſchneiden
will, ietztgedachte drey Theile alſobald
finden wird.

Die Baͤume, welche die runden oder
gemeinen Mußkatnuͤſſe tragen, wach-
ſen allein an wohlgebaueten Orten: die
aber die langen tragen, ſtehen im Holtze
und Waͤldern, daher ſie auch von den
Hollaͤndern Maͤnnlein oder wildeWilbe Muß-
katnuͤſſe.

Mußkatnuͤſſe genennet werden. Die-
weil ſie aber gar wenig braͤuchlich ſind,
indem ſie bey nahe weder Geruch noch
Geſchmack haben, derowegen bekom-
men wir ſie ſo gar ſelten zu ſehen. Die
Alten nenneten ſie Azerbes.

Azerbes.

Was die gemeinen Mußkatnuͤſſe
betrifft, dieſelben muß man in der Sor-
te, oder unſortirt, d. i. wie ſie aus Hol-
land
kommen, erwehlen, doch daß ſie
wohl bebluͤmet ſeyn, ſchwer und dichte,
auſſenher graulicht, innen roͤthlicht, und
als ob ſie marmoriret waͤren ſehen, auch
voller fetticht- und ſchmierichter Feuch-
tigkeit ſind, denn dieſes iſt das Zeichen,
daß ſie friſch ſeyn. Dabey muͤſſen ſie
fein lieblich riechen, wenn ſie geſchaͤlet
oder gerieben werden, und wenn man
ſie in den Mund nimmt, muͤſſen ſie einen
heiſſen und beiſſenden aromatiſchen Ge-
ſchmack haben. Das Loͤchlein belan-
gend, davon iſt der allgemeine irrige
Wahn, daß man glaubet, dieſes verrin-
gere ihre Guͤte; denn es iſt keine eintzige
Mußkate ohne dieſes Loͤchlein, und er-
blickt man es alſofort, ſo bald man das
kleine Haͤutlein, welches, ſo zu ſagen, ihr
Kaͤume iſt, hinweggenommen hat.

Der Gebrauch der Mußcaten iſt zu
bekannt, daß unnoͤthig, mich dabey auf-
zuhalten: nur will ich dieſes gedencken,
daß ſie auch in etwas zur Artzney ge-
brauchet werden; denn, wenn man ſie
mit Zucker zu Pulver geſtoſſen, in war-
men Weine einnimmt, iſt dieſes ein vor-
treffliches Mittel wider die kalten Fluͤſ-
ſe/
und man hat dieſem Pulver den Na-
men poudre Duc, Hertzogspulver, ge-Hertzogs-
Pulver.

geben. Die ordentliche doſis zu einem
Pfund Zucker ſind zwey Untzen Muß-
katnuͤſſe, dazu etliche noch etwas Zimmt
thun. Die Einwohner der Jnſel Ban-
da
machen die annoch gruͤnen Mußkat-Eingemachte
Mußkatnuͤſſe

nuͤſſe ein, welche uns hernach die Hol-

laͤn-
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[0225] Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch. wuͤchſe, wenn er wie andere gepflan- tzet wuͤrde. Die Mußkatnuß iſt auch eine von denjenigen Waaren, davon die Hollaͤn- der alleine Meiſter ſind, maſſen es ſonſt keine giebet, als auf den Jnſeln Nero/ Lontour, Poulay/ Rosgain, Po- leron/ Granapuis/ Dame, und auf der groſſen Jnſel Banda in Aſien; nicht in Weſtindien, wie zwar ein neu- er Scribent ſaget; und iſt bewunderns werth, daß ſo wenig Land dennoch der gantzen Welt vollauf Mußkatnuͤſſe zu verſchaffen vermag. Doch iſt es gar leichtlich zu glauben; denn man muß wiſſen, daß dieſe Jnſeln dermaſſen voll ſolcher Baͤume ſind, daß es ſchier un- glaublich. So liegen uͤberdiß dieſe Jn- ſeln unter einer ſo herrlichen Himmels- Gegend, daß dieſe Baͤume fort fuͤr fort mit Bluͤten und Fruͤchten beladen ſte- hen, und man ſie des Jahres dreymahl zu ſammlen pflegt; im April, Auguſt und December: doch werden diejenigen, die im April geſammlet worden, hoͤher denn die andern geſchaͤtzt. Dieſe Ge- gend iſt auch dermaſſen temperiret, daß die Maͤnner bis ins 120. Jahr leben, und ſich um nichts, als um eſſen und trincken, ſchlaffen und ſpatziren gehen bekuͤmmern, da indeſſen die Weiber be- muͤßiget ſind die gruͤne Schale von den Mußkatnuͤſſen zu reiſſen, die Macis zu trucknen, und die harte Schale, darin- nen die Nuß lieget, zu zerbrechen, denn ſie die vornehmſte Waare des Landes iſt, und bey nahe alles, wovon ſie das Leben erhalten. Dieſemnach ſind die Mußkatnuͤſſe nichts anders denn der Kern dieſer Fruͤchte, mit einer harten, duͤnnen und ſchwaͤrtzlichten Schale bedecket. Uber dieſer befindet ſich noch eine Decke, wel- che aber dieſe Schale nur zum Theil um- huͤllet, und zart und roͤthlich iſt, eines lieblichen Geruchs und aromatiſchen wuͤrtzhaften Geſchmacks, die wir Ma- cis, gemeine Leute aber Mußkaten- blumen nennen. Nach der Macis folgt die auswendige gruͤne, zu nichts nicht dienliche Schale. Dergeſtalt kan man aus ietzt angefuͤhrten erſehen, daß die Mußkatnuͤſſe nicht nur zwey (nach dem Berichte eines neuen Scribenten) ſondern drey Decken oder Schalen ha- ben, die innerſte Schale, die Macis, und die aͤuſſerſte Schale: und diß iſt ſo ge- wiß, daß iedweder, der ſich nur die Muͤ- he geben, und eine eingemachte Muß- katnuß mitten von einander ſchneiden will, ietztgedachte drey Theile alſobald finden wird. Macis, Muß- katenblumen. Siehe Fig. 192. Die Baͤume, welche die runden oder gemeinen Mußkatnuͤſſe tragen, wach- ſen allein an wohlgebaueten Orten: die aber die langen tragen, ſtehen im Holtze und Waͤldern, daher ſie auch von den Hollaͤndern Maͤnnlein oder wilde Mußkatnuͤſſe genennet werden. Die- weil ſie aber gar wenig braͤuchlich ſind, indem ſie bey nahe weder Geruch noch Geſchmack haben, derowegen bekom- men wir ſie ſo gar ſelten zu ſehen. Die Alten nenneten ſie Azerbes. Wilbe Muß- katnuͤſſe. Was die gemeinen Mußkatnuͤſſe betrifft, dieſelben muß man in der Sor- te, oder unſortirt, d. i. wie ſie aus Hol- land kommen, erwehlen, doch daß ſie wohl bebluͤmet ſeyn, ſchwer und dichte, auſſenher graulicht, innen roͤthlicht, und als ob ſie marmoriret waͤren ſehen, auch voller fetticht- und ſchmierichter Feuch- tigkeit ſind, denn dieſes iſt das Zeichen, daß ſie friſch ſeyn. Dabey muͤſſen ſie fein lieblich riechen, wenn ſie geſchaͤlet oder gerieben werden, und wenn man ſie in den Mund nimmt, muͤſſen ſie einen heiſſen und beiſſenden aromatiſchen Ge- ſchmack haben. Das Loͤchlein belan- gend, davon iſt der allgemeine irrige Wahn, daß man glaubet, dieſes verrin- gere ihre Guͤte; denn es iſt keine eintzige Mußkate ohne dieſes Loͤchlein, und er- blickt man es alſofort, ſo bald man das kleine Haͤutlein, welches, ſo zu ſagen, ihr Kaͤume iſt, hinweggenommen hat. Der Gebrauch der Mußcaten iſt zu bekannt, daß unnoͤthig, mich dabey auf- zuhalten: nur will ich dieſes gedencken, daß ſie auch in etwas zur Artzney ge- brauchet werden; denn, wenn man ſie mit Zucker zu Pulver geſtoſſen, in war- men Weine einnimmt, iſt dieſes ein vor- treffliches Mittel wider die kalten Fluͤſ- ſe/ und man hat dieſem Pulver den Na- men poudre Duc, Hertzogspulver, ge- geben. Die ordentliche doſis zu einem Pfund Zucker ſind zwey Untzen Muß- katnuͤſſe, dazu etliche noch etwas Zimmt thun. Die Einwohner der Jnſel Ban- da machen die annoch gruͤnen Mußkat- nuͤſſe ein, welche uns hernach die Hol- laͤn- Hertzogs- Pulver. Eingemachte Mußkatnuͤſſe R 2

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/225>, abgerufen am 18.04.2024.