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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Wann sie nun den Terpentin gesamm-
let, welches des Jahres zweymahl ge-
schicht, im Frühling und im Herbste, so
bringen sie ihn in Tonnen und Bocks-
häuten nach Lyon, und verkauffen ihn
den Spezereyhändlern, von denen
wir ihn hernach erhandeln. Derohal-
ben lasse man sich berichten, und glaube
nicht, daß dasjenige, was wir unter
dem Titel des Venedischen Terpen-
tins
verkauffen, solcher sey und daher
komme: so soll man ihn auch fernerhin
Feiner Ter-
pentin.
nicht mehr also nennen, sondern feinen
Terpentin aus dem Holtze bey Pi-
latre/
oder von Lyon.

Doch dem sey wie ihm wolle, man
erwehle nur diesen Terpentin, der so
klar und so weiß sey, als immer seyn kan,
und nehme sich in Acht, daß er nicht nach-
gemacht, oder Terpentinöl dazu gethan
worden sey; welches man iedoch gantz
leichtlich an Geruch, Farbe und der Con-
sistentz vermercken kan: oder aber, man
tuncket ein Stücklein Papier drein, und
zündet es an, so giebt es eine schwartze
stinckende Flamme, wenn er mit diesem
Oele vermehret worden, da hingegen,
wann sie ihn gelassen, wie er von Na-
tur ist, als wie Hartz riecht, und nicht so
geschwinde weglodert. Auch kan man
es erkennen, wenn man einen Tropfen
auf den Nagel thut, denn wo er rein ist,
bleibt er darauf stehen, wo er aber ver-
mischet ist, zerfließt er.

Es ist dieser Terpentin, wegen seiner
herrlichen Eigenschaften, nicht allein zu
vielen dienlich, sondern es gebrauchen
ihn auch allerley Handwercker, doch
vornehmlich diejenigen, welche Verniß
machen.

Die dritte Gattung des Terpentins
ist der gemeine, deme der Name Ter-
pentin von Bayonne
oder von Bour-
deaux/
gegeben worden. Er ist weiß,
und so dicke, wie Honig; wird solcher
gestalt bereitet, als wie in dem Berichte
stehet, der mir von Dax zugeschicket
worden, denn von diesem Orte kommt
schier aller Terpentin, den wir verkauf-
fen, über Bourdeaux, Nantes und
Rouan. Dieser Terpentin aber rin-
net nicht aus den Fichten und Tannen,
wie zwar ihrer viele vermeinen; son-
dern er wird von einem weissen und
harten Hartz bereitet, das wir Galipot
[Spaltenumbruch] zu nennen pflegen, die Bergleute aber
Barras.

Was nun den aufrichtigen Vene-
tianischen
und Cyprischen Terpen-
tin
betrifft, zusamt dem, der von Pisa
kommt, von denenselben bekommen
wir gar keinen zu sehen, dann der, den
wir unter dem Namen des Venedischen
verkauffen, ist nur Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre/
etliche Meilen von
Lyon gelegen. Dem Cyprischen
wird der von Chio substituiret, und
dem von Pisa derjenige, der aus Fran-
che Comte
kommt, ingleichen der ge-
meine/
unter den Terpentinöl gerühret
worden und etwas weniges Grünspan,
damit er einen grünlichten Blick bekom-
me: wiewohl es ziemlich ungereimt
heraus kommt. Denn erstlich ist der
aufrichtige Pisische Terpentin weiß-
gelblicht. Zum andern verderbt dieser
nachgemachte Terpentin alle Sachen,
damit er vermischet wird, und dieses
wegen des Terpentinöls, welches sich
nicht zu allen und ieden Dingen schicket.
Und drittens, weil er grünlicht siehet, da
doch im Gegentheil der Pisanische gelb-
licht ist.

Es wird aber schier an keinem Orte
so viel falscher Terpentin gemacht, als
wie zu Rouan: daher auch alle Tabu-
letkramer daselbst hin ziehen, und diese
liederliche Waare kauffen, welche sie
hernachmahls den Apotheckern und an-
dern Leuten auf dem Lande, die sich eben
so genau nicht darauf verstehen, für
aufrichtigen Venedischen Terpentin
verhandeln. Treffen sie aber verstän-
dige Apothecker an, so sagen sie, es sey
freylich kein rechter Venedischer, doch
käme er von Pisa. Und diese abgefeim-
ten Betrüger; darunter ich doch die-
jenigen nicht will mit begriffen haben,
welche etwa ohngefehr noch ehrlich seyn
möchten; nennen diesen Terpentin und
alle Spezereyen, so wohl einfache als
zusammengesetzte; ob sie schon wissen,
daß sie nachgemachet sind, und sie diesel-
ben entweder bereits gemischt gekauffet,
oder aber sie selbst verfälschet; la Gourre,Gourre.
und diejenigen, die sie verkauffen,
Gourreurs.

Was die compositiones Pharmacevticas
betrifft, dieselben heissen sie Bernetz/ da-Bernez.
mit die Apothecker, denen es gehöret, sie
zu visitiren, nicht verstehen mögen, was

es

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] Wann ſie nun den Terpentin geſamm-
let, welches des Jahres zweymahl ge-
ſchicht, im Fruͤhling und im Herbſte, ſo
bringen ſie ihn in Tonnen und Bocks-
haͤuten nach Lyon, und verkauffen ihn
den Spezereyhaͤndlern, von denen
wir ihn hernach erhandeln. Derohal-
ben laſſe man ſich berichten, und glaube
nicht, daß dasjenige, was wir unter
dem Titel des Venediſchen Terpen-
tins
verkauffen, ſolcher ſey und daher
komme: ſo ſoll man ihn auch fernerhin
Feiner Ter-
pentin.
nicht mehr alſo nennen, ſondern feinen
Terpentin aus dem Holtze bey Pi-
latre/
oder von Lyon.

Doch dem ſey wie ihm wolle, man
erwehle nur dieſen Terpentin, der ſo
klar und ſo weiß ſey, als immer ſeyn kan,
und nehme ſich in Acht, daß eꝛ nicht nach-
gemacht, oder Terpentinoͤl dazu gethan
worden ſey; welches man iedoch gantz
leichtlich an Geruch, Farbe und der Con-
ſiſtentz vermercken kan: oder aber, man
tuncket ein Stuͤcklein Papier drein, und
zuͤndet es an, ſo giebt es eine ſchwartze
ſtinckende Flamme, wenn er mit dieſem
Oele vermehret worden, da hingegen,
wann ſie ihn gelaſſen, wie er von Na-
tur iſt, als wie Hartz riecht, und nicht ſo
geſchwinde weglodert. Auch kan man
es erkennen, wenn man einen Tropfen
auf den Nagel thut, denn wo er rein iſt,
bleibt er darauf ſtehen, wo er aber ver-
miſchet iſt, zerfließt er.

Es iſt dieſer Terpentin, wegen ſeiner
herrlichen Eigenſchaften, nicht allein zu
vielen dienlich, ſondern es gebrauchen
ihn auch allerley Handwercker, doch
vornehmlich diejenigen, welche Verniß
machen.

Die dritte Gattung des Terpentins
iſt der gemeine, deme der Name Ter-
pentin von Bayonne
oder von Bour-
deaux/
gegeben worden. Er iſt weiß,
und ſo dicke, wie Honig; wird ſolcher
geſtalt bereitet, als wie in dem Berichte
ſtehet, der mir von Dax zugeſchicket
worden, denn von dieſem Orte kommt
ſchier aller Terpentin, den wir verkauf-
fen, uͤber Bourdeaux, Nantes und
Rouan. Dieſer Terpentin aber rin-
net nicht aus den Fichten und Tannen,
wie zwar ihrer viele vermeinen; ſon-
dern er wird von einem weiſſen und
harten Hartz bereitet, das wir Galipot
[Spaltenumbruch] zu nennen pflegen, die Bergleute aber
Barras.

Was nun den aufrichtigen Vene-
tianiſchen
und Cypriſchen Terpen-
tin
betrifft, zuſamt dem, der von Piſa
kommt, von denenſelben bekommen
wir gar keinen zu ſehen, dann der, den
wir unter dem Namen des Venediſchen
verkauffen, iſt nur Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre/
etliche Meilen von
Lyon gelegen. Dem Cypriſchen
wird der von Chio ſubſtituiret, und
dem von Piſa derjenige, der aus Fran-
che Comte
kommt, ingleichen der ge-
meine/
unter den Terpentinoͤl geruͤhret
worden und etwas weniges Gruͤnſpan,
damit er einen gruͤnlichten Blick bekom-
me: wiewohl es ziemlich ungereimt
heraus kommt. Denn erſtlich iſt der
aufrichtige Piſiſche Terpentin weiß-
gelblicht. Zum andern verderbt dieſer
nachgemachte Terpentin alle Sachen,
damit er vermiſchet wird, und dieſes
wegen des Terpentinoͤls, welches ſich
nicht zu allen und ieden Dingen ſchicket.
Und drittens, weil er gruͤnlicht ſiehet, da
doch im Gegentheil der Piſaniſche gelb-
licht iſt.

Es wird aber ſchier an keinem Orte
ſo viel falſcher Terpentin gemacht, als
wie zu Rouan: daher auch alle Tabu-
letkramer daſelbſt hin ziehen, und dieſe
liederliche Waare kauffen, welche ſie
hernachmahls den Apotheckern und an-
dern Leuten auf dem Lande, die ſich eben
ſo genau nicht darauf verſtehen, fuͤr
aufrichtigen Venediſchen Terpentin
verhandeln. Treffen ſie aber verſtaͤn-
dige Apothecker an, ſo ſagen ſie, es ſey
freylich kein rechter Venediſcher, doch
kaͤme er von Piſa. Und dieſe abgefeim-
ten Betruͤger; darunter ich doch die-
jenigen nicht will mit begriffen haben,
welche etwa ohngefehr noch ehrlich ſeyn
moͤchten; nennen dieſen Terpentin und
alle Spezereyen, ſo wohl einfache als
zuſammengeſetzte; ob ſie ſchon wiſſen,
daß ſie nachgemachet ſind, und ſie dieſel-
ben entweder bereits gemiſcht gekauffet,
oder aber ſie ſelbſt verfaͤlſchet; la Gourre,Gourre.
und diejenigen, die ſie verkauffen,
Gourreurs.

Was die compoſitiones Pharmacevticas
betrifft, dieſelben heiſſen ſie Bernetz/ da-Bernez.
mit die Apothecker, denen es gehoͤret, ſie
zu viſitiren, nicht verſtehen moͤgen, was

es
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[0332] Der Spezereyen und Materialien Wann ſie nun den Terpentin geſamm- let, welches des Jahres zweymahl ge- ſchicht, im Fruͤhling und im Herbſte, ſo bringen ſie ihn in Tonnen und Bocks- haͤuten nach Lyon, und verkauffen ihn den Spezereyhaͤndlern, von denen wir ihn hernach erhandeln. Derohal- ben laſſe man ſich berichten, und glaube nicht, daß dasjenige, was wir unter dem Titel des Venediſchen Terpen- tins verkauffen, ſolcher ſey und daher komme: ſo ſoll man ihn auch fernerhin nicht mehr alſo nennen, ſondern feinen Terpentin aus dem Holtze bey Pi- latre/ oder von Lyon. Feiner Ter- pentin. Doch dem ſey wie ihm wolle, man erwehle nur dieſen Terpentin, der ſo klar und ſo weiß ſey, als immer ſeyn kan, und nehme ſich in Acht, daß eꝛ nicht nach- gemacht, oder Terpentinoͤl dazu gethan worden ſey; welches man iedoch gantz leichtlich an Geruch, Farbe und der Con- ſiſtentz vermercken kan: oder aber, man tuncket ein Stuͤcklein Papier drein, und zuͤndet es an, ſo giebt es eine ſchwartze ſtinckende Flamme, wenn er mit dieſem Oele vermehret worden, da hingegen, wann ſie ihn gelaſſen, wie er von Na- tur iſt, als wie Hartz riecht, und nicht ſo geſchwinde weglodert. Auch kan man es erkennen, wenn man einen Tropfen auf den Nagel thut, denn wo er rein iſt, bleibt er darauf ſtehen, wo er aber ver- miſchet iſt, zerfließt er. Es iſt dieſer Terpentin, wegen ſeiner herrlichen Eigenſchaften, nicht allein zu vielen dienlich, ſondern es gebrauchen ihn auch allerley Handwercker, doch vornehmlich diejenigen, welche Verniß machen. Die dritte Gattung des Terpentins iſt der gemeine, deme der Name Ter- pentin von Bayonne oder von Bour- deaux/ gegeben worden. Er iſt weiß, und ſo dicke, wie Honig; wird ſolcher geſtalt bereitet, als wie in dem Berichte ſtehet, der mir von Dax zugeſchicket worden, denn von dieſem Orte kommt ſchier aller Terpentin, den wir verkauf- fen, uͤber Bourdeaux, Nantes und Rouan. Dieſer Terpentin aber rin- net nicht aus den Fichten und Tannen, wie zwar ihrer viele vermeinen; ſon- dern er wird von einem weiſſen und harten Hartz bereitet, das wir Galipot zu nennen pflegen, die Bergleute aber Barras. Was nun den aufrichtigen Vene- tianiſchen und Cypriſchen Terpen- tin betrifft, zuſamt dem, der von Piſa kommt, von denenſelben bekommen wir gar keinen zu ſehen, dann der, den wir unter dem Namen des Venediſchen verkauffen, iſt nur Terpentin aus dem Holtze bey Pilatre/ etliche Meilen von Lyon gelegen. Dem Cypriſchen wird der von Chio ſubſtituiret, und dem von Piſa derjenige, der aus Fran- che Comte kommt, ingleichen der ge- meine/ unter den Terpentinoͤl geruͤhret worden und etwas weniges Gruͤnſpan, damit er einen gruͤnlichten Blick bekom- me: wiewohl es ziemlich ungereimt heraus kommt. Denn erſtlich iſt der aufrichtige Piſiſche Terpentin weiß- gelblicht. Zum andern verderbt dieſer nachgemachte Terpentin alle Sachen, damit er vermiſchet wird, und dieſes wegen des Terpentinoͤls, welches ſich nicht zu allen und ieden Dingen ſchicket. Und drittens, weil er gruͤnlicht ſiehet, da doch im Gegentheil der Piſaniſche gelb- licht iſt. Es wird aber ſchier an keinem Orte ſo viel falſcher Terpentin gemacht, als wie zu Rouan: daher auch alle Tabu- letkramer daſelbſt hin ziehen, und dieſe liederliche Waare kauffen, welche ſie hernachmahls den Apotheckern und an- dern Leuten auf dem Lande, die ſich eben ſo genau nicht darauf verſtehen, fuͤr aufrichtigen Venediſchen Terpentin verhandeln. Treffen ſie aber verſtaͤn- dige Apothecker an, ſo ſagen ſie, es ſey freylich kein rechter Venediſcher, doch kaͤme er von Piſa. Und dieſe abgefeim- ten Betruͤger; darunter ich doch die- jenigen nicht will mit begriffen haben, welche etwa ohngefehr noch ehrlich ſeyn moͤchten; nennen dieſen Terpentin und alle Spezereyen, ſo wohl einfache als zuſammengeſetzte; ob ſie ſchon wiſſen, daß ſie nachgemachet ſind, und ſie dieſel- ben entweder bereits gemiſcht gekauffet, oder aber ſie ſelbſt verfaͤlſchet; la Gourre, und diejenigen, die ſie verkauffen, Gourreurs. Gourre. Was die compoſitiones Pharmacevticas betrifft, dieſelben heiſſen ſie Bernetz/ da- mit die Apothecker, denen es gehoͤret, ſie zu viſitiren, nicht verſtehen moͤgen, was es Bernez.

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/332>, abgerufen am 28.03.2024.