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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] schliesse, will ich noch etwas recht merck-
würdiges anführen, den Unterschied der
Perlen und ihres Wassers betreffend,
indem einige sehr weiß sind, andere aber
sich aufs gelbe ziehen, und wieder an-
dere aufs schwartze, welche gar bleyhaft
sehen. Was diese letztern anlanget, die-
selben werden nur alleine in America
gefunden, und kommt blos von der Be-
schaffenheit des Grundes her, welcher
allhier mehr schlammicht ist, als im
Orient. Einsmahls fanden sich nach
Zurückkunft der Spanischen Gallio-
nen unter derjenigen Schiffsladung,
bey welcher der so berühmte Juwelirer
Jardin auch einen Theil hatte, sechs
vollkommen runde Perlen, die aber so
schwartz waren, als ein Gagat, und ei-
ne in die andere gerechnet, zwölff Karat
wugen. Er gab sie mir zwar nebst
noch mehr andern Dingen, daß ich sie
mit nach Orient nehmen solte, und zu-
sehen, ob ich ihrer los werden könte;
allein ich brachte sie ihm wieder mit zu-
rücke, weil sie niemand gefallen wolten.
Was die gelblichten betrifft, so kommt
dieses daher, daß die Fischer die Perlen-
muscheln hauffen weise verkauffen, die
Kauffleute aber bisweilen vierzehen
Tage und länger warten, bis sie sich sel-
ber öffnen, damit sie die Perlen heraus
[Spaltenumbruch] nehmen können, da dann einige von
diesen Muscheln ihr Wasser gehen las-
sen, verderben und werden stinckend:
das Perlein aber wird dadurch ange-
steckt und gelb, welches gantz gewiß ist,
denn in allen Muscheln, die ihr Wasser
behalten, sind die Perlen weiß. Oder
aber, man wartet darum so lange, bis
sich die Muscheln selbst aufthun, weilen
sonst die Perlen Schaden möchten neh-
men und zersprenget werden, wenn
man die Perlenaustern, als wie die an-
dern, mit Gewalt aufmachen wolte.
Die Austern aus der Enge bey Ma-
naar öffnen sich, natürlicher Weise,
fünff oder sechs Tage eher, dann die aus
dem Persianischen Golfo, dieweil die
Hitze zu Manaar viel grösser ist, indem
es unter dem zehenden Grad der Nor-
derbreite liegt, als auf der Jnsel Bah-
ren, die ohngefehr auf 27. Graden liegt.
Und aus dieser Ursachen finden sich gar
wenig gelbe unter denen, die von Ma-
naar kommen. Endlich habe ich auch
beobachtet, daß alle Orientalische Völ-
cker der weissen Farbe halber mit uns
einig sind, denn sie lieben die weissesten
Perlen, die weissesten Diamanten, das
weisseste Brod, und das weisseste Frau-
enzimmer gantz ungemein.

[Ende Spaltensatz]
Das sieben und viertzigste Capitel.
Wie die Perlen in den Austern oder Muscheln
erzielet werden.
[Spaltenumbruch]

JCh weiß sehr wohl, daß die meisten
glauben, die Perlen würden, nach
dem Zeugnüß etlicher alter Scriben-
ten, die der Sache nicht recht kundig ge-
wesen, von dem Thau des Himmels er-
zielet, und daß mehr nicht als eine eintzi-
ge Perle in einer Auster befindlich wä-
re: allein die Erfahrung bezeuget das
Gegentheil. Denn was das erste anbe-
trifft, so kommt die Auster gar nie vom
Grunde des Meeres, und dahin kan der
Thau nicht tringen, wie man dann oft-
mahls wohl zwölff Klafftern tieff unter-
tauchen muß; davon wir bald ein meh-
rers vernehmen wollen. Vor das an-
dere aber ist gewiß, daß bis zu sechs und
sieben Perlen in einer einigen Muschel
gefunden werden: wie ich dann eine in
Händen habe, in welcher wohl zehen
[Spaltenumbruch] Stück waren, die nunmehr solten for-
miret werden. Das ist wahr, daß sie
nicht alle von einer Grösse sind, indem
sie in den Muscheln, gleich als die Eyer
in dem Leibe der Hüner gezeuget wer-
den. Gleichwie nun das gröste Ey sich
am ersten nach dem Ausgange begiebet,
und am ersten hervor tringet, die klei-
nern aber annoch zurücke bleiben, bis
sie völlig formiret worden; eben also
kommt auch die gröste Perle zu aller-
erst hervor, indessen die andern und
kleinern, die ihre Vollkommenheit noch
nicht erhalten, unter der Auster, am
Grunde der Schale, liegen bleiben, bis
sie die Grösse erlanget, die ihnen die Na-
tur mittheilen kan. Doch darff man
auch darum nicht gleich sagen, daß in
allen Muscheln Perlen zu finden wä-

ren;

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] ſchlieſſe, will ich noch etwas recht merck-
wuͤrdiges anfuͤhren, den Unterſchied der
Perlen und ihres Waſſers betreffend,
indem einige ſehr weiß ſind, andere aber
ſich aufs gelbe ziehen, und wieder an-
dere aufs ſchwartze, welche gar bleyhaft
ſehen. Was dieſe letztern anlanget, die-
ſelben werden nur alleine in America
gefunden, und kommt blos von der Be-
ſchaffenheit des Grundes her, welcher
allhier mehr ſchlammicht iſt, als im
Orient. Einsmahls fanden ſich nach
Zuruͤckkunft der Spaniſchen Gallio-
nen unter derjenigen Schiffsladung,
bey welcher der ſo beruͤhmte Juwelirer
Jardin auch einen Theil hatte, ſechs
vollkommen runde Perlen, die aber ſo
ſchwartz waren, als ein Gagat, und ei-
ne in die andere gerechnet, zwoͤlff Karat
wugen. Er gab ſie mir zwar nebſt
noch mehr andern Dingen, daß ich ſie
mit nach Orient nehmen ſolte, und zu-
ſehen, ob ich ihrer los werden koͤnte;
allein ich brachte ſie ihm wieder mit zu-
ruͤcke, weil ſie niemand gefallen wolten.
Was die gelblichten betrifft, ſo kommt
dieſes daher, daß die Fiſcher die Perlen-
muſcheln hauffen weiſe verkauffen, die
Kauffleute aber bisweilen vierzehen
Tage und laͤnger warten, bis ſie ſich ſel-
ber oͤffnen, damit ſie die Perlen heraus
[Spaltenumbruch] nehmen koͤnnen, da dann einige von
dieſen Muſcheln ihr Waſſer gehen laſ-
ſen, verderben und werden ſtinckend:
das Perlein aber wird dadurch ange-
ſteckt und gelb, welches gantz gewiß iſt,
denn in allen Muſcheln, die ihr Waſſer
behalten, ſind die Perlen weiß. Oder
aber, man wartet darum ſo lange, bis
ſich die Muſcheln ſelbſt aufthun, weilen
ſonſt die Perlen Schaden moͤchten neh-
men und zerſprenget werden, wenn
man die Perlenauſtern, als wie die an-
dern, mit Gewalt aufmachen wolte.
Die Auſtern aus der Enge bey Ma-
naar oͤffnen ſich, natuͤrlicher Weiſe,
fuͤnff oder ſechs Tage eher, dann die aus
dem Perſianiſchen Golfo, dieweil die
Hitze zu Manaar viel groͤſſer iſt, indem
es unter dem zehenden Grad der Nor-
derbreite liegt, als auf der Jnſel Bah-
ren, die ohngefehr auf 27. Graden liegt.
Und aus dieſer Urſachen finden ſich gar
wenig gelbe unter denen, die von Ma-
naar kommen. Endlich habe ich auch
beobachtet, daß alle Orientaliſche Voͤl-
cker der weiſſen Farbe halber mit uns
einig ſind, denn ſie lieben die weiſſeſten
Perlen, die weiſſeſten Diamanten, das
weiſſeſte Brod, und das weiſſeſte Frau-
enzimmer gantz ungemein.

[Ende Spaltensatz]
Das ſieben und viertzigſte Capitel.
Wie die Perlen in den Auſtern oder Muſcheln
erzielet werden.
[Spaltenumbruch]

JCh weiß ſehr wohl, daß die meiſten
glauben, die Perlen wuͤrden, nach
dem Zeugnuͤß etlicher alter Scriben-
ten, die der Sache nicht recht kundig ge-
weſen, von dem Thau des Himmels er-
zielet, und daß mehr nicht als eine eintzi-
ge Perle in einer Auſter befindlich waͤ-
re: allein die Erfahrung bezeuget das
Gegentheil. Denn was das erſte anbe-
trifft, ſo kommt die Auſter gar nie vom
Grunde des Meeres, und dahin kan der
Thau nicht tringen, wie man dann oft-
mahls wohl zwoͤlff Klafftern tieff unter-
tauchen muß; davon wir bald ein meh-
rers vernehmen wollen. Vor das an-
dere aber iſt gewiß, daß bis zu ſechs und
ſieben Perlen in einer einigen Muſchel
gefunden werden: wie ich dann eine in
Haͤnden habe, in welcher wohl zehen
[Spaltenumbruch] Stuͤck waren, die nunmehr ſolten for-
miret werden. Das iſt wahr, daß ſie
nicht alle von einer Groͤſſe ſind, indem
ſie in den Muſcheln, gleich als die Eyer
in dem Leibe der Huͤner gezeuget wer-
den. Gleichwie nun das groͤſte Ey ſich
am erſten nach dem Ausgange begiebet,
und am erſten hervor tringet, die klei-
nern aber annoch zuruͤcke bleiben, bis
ſie voͤllig formiret worden; eben alſo
kommt auch die groͤſte Perle zu aller-
erſt hervor, indeſſen die andern und
kleinern, die ihre Vollkommenheit noch
nicht erhalten, unter der Auſter, am
Grunde der Schale, liegen bleiben, bis
ſie die Groͤſſe erlanget, die ihnen die Na-
tur mittheilen kan. Doch darff man
auch darum nicht gleich ſagen, daß in
allen Muſcheln Perlen zu finden waͤ-

ren;
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[0459] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. ſchlieſſe, will ich noch etwas recht merck- wuͤrdiges anfuͤhren, den Unterſchied der Perlen und ihres Waſſers betreffend, indem einige ſehr weiß ſind, andere aber ſich aufs gelbe ziehen, und wieder an- dere aufs ſchwartze, welche gar bleyhaft ſehen. Was dieſe letztern anlanget, die- ſelben werden nur alleine in America gefunden, und kommt blos von der Be- ſchaffenheit des Grundes her, welcher allhier mehr ſchlammicht iſt, als im Orient. Einsmahls fanden ſich nach Zuruͤckkunft der Spaniſchen Gallio- nen unter derjenigen Schiffsladung, bey welcher der ſo beruͤhmte Juwelirer Jardin auch einen Theil hatte, ſechs vollkommen runde Perlen, die aber ſo ſchwartz waren, als ein Gagat, und ei- ne in die andere gerechnet, zwoͤlff Karat wugen. Er gab ſie mir zwar nebſt noch mehr andern Dingen, daß ich ſie mit nach Orient nehmen ſolte, und zu- ſehen, ob ich ihrer los werden koͤnte; allein ich brachte ſie ihm wieder mit zu- ruͤcke, weil ſie niemand gefallen wolten. Was die gelblichten betrifft, ſo kommt dieſes daher, daß die Fiſcher die Perlen- muſcheln hauffen weiſe verkauffen, die Kauffleute aber bisweilen vierzehen Tage und laͤnger warten, bis ſie ſich ſel- ber oͤffnen, damit ſie die Perlen heraus nehmen koͤnnen, da dann einige von dieſen Muſcheln ihr Waſſer gehen laſ- ſen, verderben und werden ſtinckend: das Perlein aber wird dadurch ange- ſteckt und gelb, welches gantz gewiß iſt, denn in allen Muſcheln, die ihr Waſſer behalten, ſind die Perlen weiß. Oder aber, man wartet darum ſo lange, bis ſich die Muſcheln ſelbſt aufthun, weilen ſonſt die Perlen Schaden moͤchten neh- men und zerſprenget werden, wenn man die Perlenauſtern, als wie die an- dern, mit Gewalt aufmachen wolte. Die Auſtern aus der Enge bey Ma- naar oͤffnen ſich, natuͤrlicher Weiſe, fuͤnff oder ſechs Tage eher, dann die aus dem Perſianiſchen Golfo, dieweil die Hitze zu Manaar viel groͤſſer iſt, indem es unter dem zehenden Grad der Nor- derbreite liegt, als auf der Jnſel Bah- ren, die ohngefehr auf 27. Graden liegt. Und aus dieſer Urſachen finden ſich gar wenig gelbe unter denen, die von Ma- naar kommen. Endlich habe ich auch beobachtet, daß alle Orientaliſche Voͤl- cker der weiſſen Farbe halber mit uns einig ſind, denn ſie lieben die weiſſeſten Perlen, die weiſſeſten Diamanten, das weiſſeſte Brod, und das weiſſeſte Frau- enzimmer gantz ungemein. Das ſieben und viertzigſte Capitel. Wie die Perlen in den Auſtern oder Muſcheln erzielet werden. JCh weiß ſehr wohl, daß die meiſten glauben, die Perlen wuͤrden, nach dem Zeugnuͤß etlicher alter Scriben- ten, die der Sache nicht recht kundig ge- weſen, von dem Thau des Himmels er- zielet, und daß mehr nicht als eine eintzi- ge Perle in einer Auſter befindlich waͤ- re: allein die Erfahrung bezeuget das Gegentheil. Denn was das erſte anbe- trifft, ſo kommt die Auſter gar nie vom Grunde des Meeres, und dahin kan der Thau nicht tringen, wie man dann oft- mahls wohl zwoͤlff Klafftern tieff unter- tauchen muß; davon wir bald ein meh- rers vernehmen wollen. Vor das an- dere aber iſt gewiß, daß bis zu ſechs und ſieben Perlen in einer einigen Muſchel gefunden werden: wie ich dann eine in Haͤnden habe, in welcher wohl zehen Stuͤck waren, die nunmehr ſolten for- miret werden. Das iſt wahr, daß ſie nicht alle von einer Groͤſſe ſind, indem ſie in den Muſcheln, gleich als die Eyer in dem Leibe der Huͤner gezeuget wer- den. Gleichwie nun das groͤſte Ey ſich am erſten nach dem Ausgange begiebet, und am erſten hervor tringet, die klei- nern aber annoch zuruͤcke bleiben, bis ſie voͤllig formiret worden; eben alſo kommt auch die groͤſte Perle zu aller- erſt hervor, indeſſen die andern und kleinern, die ihre Vollkommenheit noch nicht erhalten, unter der Auſter, am Grunde der Schale, liegen bleiben, bis ſie die Groͤſſe erlanget, die ihnen die Na- tur mittheilen kan. Doch darff man auch darum nicht gleich ſagen, daß in allen Muſcheln Perlen zu finden waͤ- ren;

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/459>, abgerufen am 28.03.2024.