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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils erstes Buch.
[Spaltenumbruch] daß die Einwohner, nachdem es trocken
worden, so zu reden, eine rechte Ernde
halten.

Es geben aber nicht alle Pflantzen
diesen Thierlein eine taugliche Nahrung,
davon sie so schön roth werden; dannen-
hero erziehen sie die Einwohner auf dem
Gewächs Opuntium, daraus sie den ro-
then Saft saugen, welcher nicht wenig
zu ihrer hochrothen, denen Färbern so
angenehmen Farbe beyträgt. Weil auch
die Ameisen diesen Thierlein gar hef-
tig nachstehen, deswegen umgeben die
Spanier die Plätze, wo ietztgedachte Ge-
wächse stehen, mit Wassergräben, daß
also die Ameisen davon bleiben müssen.

Das vornehmste Gewächse, darauf
die Concenille wächst, wird von den
Americanern Raquette und Cardas-
se
genennet, von den Botanicis aber
Opuntium majus, spinosum, fructu sangui-
neo,
das heißt, ein grosser stachlich-
ter Jndianischer Feigenbaum, mit
blutrothen Früchten.

Diß Gewächse ist etwas gantz wun-
derbarliches, indem es nichts anders ist,
als ein Hauffen grosser langrunder,
stachlichter Blätter, die überaus schön
grün sind, mit langen spitzigen gelben
Stacheln besetzet. Oben auf diesen
Blättern wachsen grosse leibfarbene
Blumen, und hernach hochrothe Früch-
te, welche zu öberst gleichsam einen erd-
fahlen Nabel haben. Die Pflantzen
sind von unterschiedener Grösse, wie
dann etliche in Manns-Höhe gefunden
werden, welches aber blos der Güte des
Bodens muß zugeschrieben werden.
Wann nun die Einwohner dieses Unge-
ziefer sammlen wollen, so schlagen sie
dieselben mit ausdrücklich hierzu ge-
machten Ruthen in die mit Asche und
Wasser erfüllten Gefässe herunter, und
nehmen sie wiederum heraus, wenn sie
ersoffen sind, damit sie trocken werden.

Wenn diese Würmlein noch leben-
dig, sind sie roth, und als ob sie mit Meh-
le bestreuet wären: und darum sieht die
Conzenille, die uns geschickt wird, also
weißlicht. Dieses ist auch noch als etwas
sonderliches anzumercken, daß dieses
Ungeziefer sich so gar häuffig vermehret;
denn hundert vermögen gar wohl eine
Million Junge auszuhecken.

Den 30. Julius 1693. brachte mir
eben dieser P. Carolus Plumier/ ei-
[Spaltenumbruch] nen Zettel, darauf er nachfolgendes
eigenhändig aufgeschrieben.

P. Carl Plumiers, Minoriten-
Ordens, Beschreibung der
Conzenille.

Es ist die Conzenille/ welche man
aus Neuspanien oder von dem vesten
Lande in America bringet, ein Insectum
und Ungeziefer, an Gestalt und Grösse
einer Wantze nicht ungleich. Dasselbe
hänget sich an die Bäume, für allen an die
Acacien, und diejenigen, welche in de-
nen Frantzösischen Jnseln Kirschbäume
genennet werden. Dieses Thierlein ist
trefflich fruchtbar, denn es trägt zwi-
schen denen Beingen und am Bauche
eine gantze Menge schier unbegreiffli-
cher Eyergen, aus denen eine unzehliche
Anzahl kleiner rother Würmlein her-
für schlieffet, denen die Ameisen gar sehr
nachstehen. Wenn man die Mütter
zerdrückt, lassen sie einen Saft von sich,
der sich auf Scharlach ziehet, mit etwas
gelb vermischt: daß also diese Thierlein,
die auf dergleichen Bäumen wachsen,
keine rechte lebhafte Farbe geben. Da-
mit sie aber diesen schönen Saft empfa-
hen mögen, deswegen erziehen sie die
Jndianer auf gewissen Gewächsen, im
Latein Opuntium, Frantzösisch Raquette
genennet, auf. Gemeldte Gewächse
tragen eine Frucht, wie eine Feige groß,
welche voll unvergleichlich schönes ro-
thes Saftes ist, dahero auch der Saft
der Conzenillen, die auf dergleichen
Gewächsen erzogen worden, weit glän-
tzender und lebhafter ist, als deren, die
auf denen andern Gewächsen befindlich
sind. Als ich diese Würmlein zum er-
sten mahle auf der Jnsel S. Domingo
zu petit Goive antraff, wiese ich dieselben
zweyen Jndianischen Sclaven, die aus
dem Lande, darinne die Conzenille
wächst, gebürtig waren, und diese sag-
ten beyde, daß es Conzenillen wären.
Ein gleiches versicherten mich etliche
Flibustiers oder Corsaren, welche in
demselben Lande herum gereiset waren,
und sagten dabey, daß die Jndianer
diese Würmlein von den Raqvetten
sammleten, woraus ich abnahm, daß
allein die Wartung diese schöne Farbe
zu wege brächte, zu mahl da die Farbe
derjenigen Conzenille, die ich auf den
Kirschbäumen angetroffen, bey weitem
nicht so schöne war.

Nach-
C

Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
[Spaltenumbruch] daß die Einwohner, nachdem es trocken
worden, ſo zu reden, eine rechte Ernde
halten.

Es geben aber nicht alle Pflantzen
dieſen Thierlein eine taugliche Nahrung,
davon ſie ſo ſchoͤn roth werden; dannen-
hero erziehen ſie die Einwohner auf dem
Gewaͤchs Opuntium, daraus ſie den ro-
then Saft ſaugen, welcher nicht wenig
zu ihrer hochrothen, denen Faͤrbern ſo
angenehmen Farbe beytraͤgt. Weil auch
die Ameiſen dieſen Thierlein gar hef-
tig nachſtehen, deswegen umgeben die
Spanier die Plaͤtze, wo ietztgedachte Ge-
waͤchſe ſtehen, mit Waſſergraͤben, daß
alſo die Ameiſen davon bleiben muͤſſen.

Das vornehmſte Gewaͤchſe, darauf
die Concenille waͤchſt, wird von den
Americanern Raquette und Cardaſ-
ſe
genennet, von den Botanicis aber
Opuntium majus, ſpinoſum, fructu ſangui-
neo,
das heißt, ein groſſer ſtachlich-
ter Jndianiſcher Feigenbaum, mit
blutrothen Fruͤchten.

Diß Gewaͤchſe iſt etwas gantz wun-
derbarliches, indem es nichts anders iſt,
als ein Hauffen groſſer langrunder,
ſtachlichter Blaͤtter, die uͤberaus ſchoͤn
gruͤn ſind, mit langen ſpitzigen gelben
Stacheln beſetzet. Oben auf dieſen
Blaͤttern wachſen groſſe leibfarbene
Blumen, und hernach hochrothe Fruͤch-
te, welche zu oͤberſt gleichſam einen erd-
fahlen Nabel haben. Die Pflantzen
ſind von unterſchiedener Groͤſſe, wie
dann etliche in Manns-Hoͤhe gefunden
werden, welches aber blos der Guͤte des
Bodens muß zugeſchrieben werden.
Wann nun die Einwohner dieſes Unge-
ziefer ſammlen wollen, ſo ſchlagen ſie
dieſelben mit ausdruͤcklich hierzu ge-
machten Ruthen in die mit Aſche und
Waſſer erfuͤllten Gefaͤſſe herunter, und
nehmen ſie wiederum heraus, wenn ſie
erſoffen ſind, damit ſie trocken werden.

Wenn dieſe Wuͤrmlein noch leben-
dig, ſind ſie roth, und als ob ſie mit Meh-
le beſtreuet waͤren: und darum ſieht die
Conzenille, die uns geſchickt wird, alſo
weißlicht. Dieſes iſt auch noch als etwas
ſonderliches anzumercken, daß dieſes
Ungeziefer ſich ſo gar haͤuffig vermehret;
denn hundert vermoͤgen gar wohl eine
Million Junge auszuhecken.

Den 30. Julius 1693. brachte mir
eben dieſer P. Carolus Plumier/ ei-
[Spaltenumbruch] nen Zettel, darauf er nachfolgendes
eigenhaͤndig aufgeſchrieben.

P. Carl Plumiers, Minoriten-
Ordens, Beſchreibung der
Conzenille.

Es iſt die Conzenille/ welche man
aus Neuſpanien oder von dem veſten
Lande in America bringet, ein Inſectum
und Ungeziefer, an Geſtalt und Groͤſſe
einer Wantze nicht ungleich. Daſſelbe
haͤnget ſich an die Baͤume, fuͤr allẽ an die
Acacien, und diejenigen, welche in de-
nen Frantzoͤſiſchen Jnſeln Kirſchbaͤume
genennet werden. Dieſes Thierlein iſt
trefflich fruchtbar, denn es traͤgt zwi-
ſchen denen Beingen und am Bauche
eine gantze Menge ſchier unbegreiffli-
cher Eyergen, aus denen eine unzehliche
Anzahl kleiner rother Wuͤrmlein her-
fuͤr ſchlieffet, denen die Ameiſen gar ſehr
nachſtehen. Wenn man die Muͤtter
zerdruͤckt, laſſen ſie einen Saft von ſich,
der ſich auf Scharlach ziehet, mit etwas
gelb vermiſcht: daß alſo dieſe Thierlein,
die auf dergleichen Baͤumen wachſen,
keine rechte lebhafte Farbe geben. Da-
mit ſie aber dieſen ſchoͤnen Saft empfa-
hen moͤgen, deswegen erziehen ſie die
Jndianer auf gewiſſen Gewaͤchſen, im
Latein Opuntium, Frantzoͤſiſch Raquette
genennet, auf. Gemeldte Gewaͤchſe
tragen eine Frucht, wie eine Feige groß,
welche voll unvergleichlich ſchoͤnes ro-
thes Saftes iſt, dahero auch der Saft
der Conzenillen, die auf dergleichen
Gewaͤchſen erzogen worden, weit glaͤn-
tzender und lebhafter iſt, als deren, die
auf denen andern Gewaͤchſen befindlich
ſind. Als ich dieſe Wuͤrmlein zum er-
ſten mahle auf der Jnſel S. Domingo
zu petit Goive antraff, wieſe ich dieſelben
zweyen Jndianiſchen Sclaven, die aus
dem Lande, darinne die Conzenille
waͤchſt, gebuͤrtig waren, und dieſe ſag-
ten beyde, daß es Conzenillen waͤren.
Ein gleiches verſicherten mich etliche
Flibuſtiers oder Corſaren, welche in
demſelben Lande herum gereiſet waren,
und ſagten dabey, daß die Jndianer
dieſe Wuͤrmlein von den Raqvetten
ſammleten, woraus ich abnahm, daß
allein die Wartung dieſe ſchoͤne Farbe
zu wege braͤchte, zu mahl da die Farbe
derjenigen Conzenille, die ich auf den
Kirſchbaͤumen angetroffen, bey weitem
nicht ſo ſchoͤne war.

Nach-
C
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[0049] Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch. daß die Einwohner, nachdem es trocken worden, ſo zu reden, eine rechte Ernde halten. Es geben aber nicht alle Pflantzen dieſen Thierlein eine taugliche Nahrung, davon ſie ſo ſchoͤn roth werden; dannen- hero erziehen ſie die Einwohner auf dem Gewaͤchs Opuntium, daraus ſie den ro- then Saft ſaugen, welcher nicht wenig zu ihrer hochrothen, denen Faͤrbern ſo angenehmen Farbe beytraͤgt. Weil auch die Ameiſen dieſen Thierlein gar hef- tig nachſtehen, deswegen umgeben die Spanier die Plaͤtze, wo ietztgedachte Ge- waͤchſe ſtehen, mit Waſſergraͤben, daß alſo die Ameiſen davon bleiben muͤſſen. Das vornehmſte Gewaͤchſe, darauf die Concenille waͤchſt, wird von den Americanern Raquette und Cardaſ- ſe genennet, von den Botanicis aber Opuntium majus, ſpinoſum, fructu ſangui- neo, das heißt, ein groſſer ſtachlich- ter Jndianiſcher Feigenbaum, mit blutrothen Fruͤchten. Diß Gewaͤchſe iſt etwas gantz wun- derbarliches, indem es nichts anders iſt, als ein Hauffen groſſer langrunder, ſtachlichter Blaͤtter, die uͤberaus ſchoͤn gruͤn ſind, mit langen ſpitzigen gelben Stacheln beſetzet. Oben auf dieſen Blaͤttern wachſen groſſe leibfarbene Blumen, und hernach hochrothe Fruͤch- te, welche zu oͤberſt gleichſam einen erd- fahlen Nabel haben. Die Pflantzen ſind von unterſchiedener Groͤſſe, wie dann etliche in Manns-Hoͤhe gefunden werden, welches aber blos der Guͤte des Bodens muß zugeſchrieben werden. Wann nun die Einwohner dieſes Unge- ziefer ſammlen wollen, ſo ſchlagen ſie dieſelben mit ausdruͤcklich hierzu ge- machten Ruthen in die mit Aſche und Waſſer erfuͤllten Gefaͤſſe herunter, und nehmen ſie wiederum heraus, wenn ſie erſoffen ſind, damit ſie trocken werden. Wenn dieſe Wuͤrmlein noch leben- dig, ſind ſie roth, und als ob ſie mit Meh- le beſtreuet waͤren: und darum ſieht die Conzenille, die uns geſchickt wird, alſo weißlicht. Dieſes iſt auch noch als etwas ſonderliches anzumercken, daß dieſes Ungeziefer ſich ſo gar haͤuffig vermehret; denn hundert vermoͤgen gar wohl eine Million Junge auszuhecken. Den 30. Julius 1693. brachte mir eben dieſer P. Carolus Plumier/ ei- nen Zettel, darauf er nachfolgendes eigenhaͤndig aufgeſchrieben. P. Carl Plumiers, Minoriten- Ordens, Beſchreibung der Conzenille. Es iſt die Conzenille/ welche man aus Neuſpanien oder von dem veſten Lande in America bringet, ein Inſectum und Ungeziefer, an Geſtalt und Groͤſſe einer Wantze nicht ungleich. Daſſelbe haͤnget ſich an die Baͤume, fuͤr allẽ an die Acacien, und diejenigen, welche in de- nen Frantzoͤſiſchen Jnſeln Kirſchbaͤume genennet werden. Dieſes Thierlein iſt trefflich fruchtbar, denn es traͤgt zwi- ſchen denen Beingen und am Bauche eine gantze Menge ſchier unbegreiffli- cher Eyergen, aus denen eine unzehliche Anzahl kleiner rother Wuͤrmlein her- fuͤr ſchlieffet, denen die Ameiſen gar ſehr nachſtehen. Wenn man die Muͤtter zerdruͤckt, laſſen ſie einen Saft von ſich, der ſich auf Scharlach ziehet, mit etwas gelb vermiſcht: daß alſo dieſe Thierlein, die auf dergleichen Baͤumen wachſen, keine rechte lebhafte Farbe geben. Da- mit ſie aber dieſen ſchoͤnen Saft empfa- hen moͤgen, deswegen erziehen ſie die Jndianer auf gewiſſen Gewaͤchſen, im Latein Opuntium, Frantzoͤſiſch Raquette genennet, auf. Gemeldte Gewaͤchſe tragen eine Frucht, wie eine Feige groß, welche voll unvergleichlich ſchoͤnes ro- thes Saftes iſt, dahero auch der Saft der Conzenillen, die auf dergleichen Gewaͤchſen erzogen worden, weit glaͤn- tzender und lebhafter iſt, als deren, die auf denen andern Gewaͤchſen befindlich ſind. Als ich dieſe Wuͤrmlein zum er- ſten mahle auf der Jnſel S. Domingo zu petit Goive antraff, wieſe ich dieſelben zweyen Jndianiſchen Sclaven, die aus dem Lande, darinne die Conzenille waͤchſt, gebuͤrtig waren, und dieſe ſag- ten beyde, daß es Conzenillen waͤren. Ein gleiches verſicherten mich etliche Flibuſtiers oder Corſaren, welche in demſelben Lande herum gereiſet waren, und ſagten dabey, daß die Jndianer dieſe Wuͤrmlein von den Raqvetten ſammleten, woraus ich abnahm, daß allein die Wartung dieſe ſchoͤne Farbe zu wege braͤchte, zu mahl da die Farbe derjenigen Conzenille, die ich auf den Kirſchbaͤumen angetroffen, bey weitem nicht ſo ſchoͤne war. Nach- C

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/49>, abgerufen am 29.03.2024.