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von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

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nicht umsonst den jahrelangen Kampf mit dem Pfennig durchgefochten. Eines Abends zeitig, sie trug gerade ein Glas mit Tuberrosen in den Salon, kam ein Fremder und fragte nach Fräulein Margot. Er war groß und schlank und hatte ein freies, stolzes, schönes Gesicht und Augen wie blaue Edelsteine. Indra schaute hinein, und es beschlich sie ein Gefühl des Neides, daß er nach Margot verlangte. "Sie sind noch nicht lange hier?" fragte er sie. -- Indra: "Seit einem Monat, aber ich bin nur Hausdame." -- "Nur ist gut", sagte er; "danken Sie Gott dafür und bleiben Sie immer nur." -- Indem trat Margot herein. Er sprang ihr entgegen und küßte ihr ritterlich die Hand. Sie sah ihn an wie ein verliebtes Kätzchen (sie sah reizender aus denn je in dem kindlichen Spitzenkleidchen), dann ging sie ans Klavier und spielte Chopin, sein Lieblingsstück. Sie spielte sehr gut. Der Ausdruck in seinen Zügen ergriff Indra. Margot sprang dann plötzlich auf, nahm eine Champagnerflasche und zwei Gläser. "Hausdame, notier's!" rief sie lachend zu Indra hinüber und verschwand

nicht umsonst den jahrelangen Kampf mit dem Pfennig durchgefochten. Eines Abends zeitig, sie trug gerade ein Glas mit Tuberrosen in den Salon, kam ein Fremder und fragte nach Fräulein Margot. Er war groß und schlank und hatte ein freies, stolzes, schönes Gesicht und Augen wie blaue Edelsteine. Indra schaute hinein, und es beschlich sie ein Gefühl des Neides, daß er nach Margot verlangte. „Sie sind noch nicht lange hier?“ fragte er sie. — Indra: „Seit einem Monat, aber ich bin nur Hausdame.“ — „Nur ist gut“, sagte er; „danken Sie Gott dafür und bleiben Sie immer nur.“ — Indem trat Margot herein. Er sprang ihr entgegen und küßte ihr ritterlich die Hand. Sie sah ihn an wie ein verliebtes Kätzchen (sie sah reizender aus denn je in dem kindlichen Spitzenkleidchen), dann ging sie ans Klavier und spielte Chopin, sein Lieblingsstück. Sie spielte sehr gut. Der Ausdruck in seinen Zügen ergriff Indra. Margot sprang dann plötzlich auf, nahm eine Champagnerflasche und zwei Gläser. „Hausdame, notier’s!“ rief sie lachend zu Indra hinüber und verschwand

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[82/0081] nicht umsonst den jahrelangen Kampf mit dem Pfennig durchgefochten. Eines Abends zeitig, sie trug gerade ein Glas mit Tuberrosen in den Salon, kam ein Fremder und fragte nach Fräulein Margot. Er war groß und schlank und hatte ein freies, stolzes, schönes Gesicht und Augen wie blaue Edelsteine. Indra schaute hinein, und es beschlich sie ein Gefühl des Neides, daß er nach Margot verlangte. „Sie sind noch nicht lange hier?“ fragte er sie. — Indra: „Seit einem Monat, aber ich bin nur Hausdame.“ — „Nur ist gut“, sagte er; „danken Sie Gott dafür und bleiben Sie immer nur.“ — Indem trat Margot herein. Er sprang ihr entgegen und küßte ihr ritterlich die Hand. Sie sah ihn an wie ein verliebtes Kätzchen (sie sah reizender aus denn je in dem kindlichen Spitzenkleidchen), dann ging sie ans Klavier und spielte Chopin, sein Lieblingsstück. Sie spielte sehr gut. Der Ausdruck in seinen Zügen ergriff Indra. Margot sprang dann plötzlich auf, nahm eine Champagnerflasche und zwei Gläser. „Hausdame, notier’s!“ rief sie lachend zu Indra hinüber und verschwand

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Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/81>, abgerufen am 28.03.2024.