Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

"Wie sehen Sie denn aus," meinte er stirnrunzelnd, "wie die Leichtsinnigste aller Leichtsinnigen." Und dann hatte er mit Madame eine heimliche, lange und heftige Unterredung, in der er ihr bedeutete, daß die Polizei ihnen auf der Fährte sei und es absolut nötig sei, so schnell wie möglich, Indras Spur zu verwischen. Zu diesem Zweck müsse er sie morgen früh auf dem P.N.O-(Pieno)-Steamer nach Yokohama bringen, und zwar in ganz dunkler, schlichter Kleidung. Zum Austausch habe er die kleine, reizende Japanerin mitgebracht, von der er früher schon gesprochen. Sie wartete im Vorzimmer und war das allgemeine Entzücken, als er sie hereinbrachte. Fudji (Glycinia) küßte Madame die Hand und sah so reizend in ihrem blauseidenen Kimono aus, daß diese sich mit dem Gedanken vertraut machte, Indra zu verlieren, von deren Zukunft sie sich ja so goldene Berge versprochen hatte. Indra war zumute wie einem zum Tode Verurteilten, dem man im letzten Moment das Begnadigungsurteil gesprochen. Boris führte sie eigenhändig in ihr Zimmer zurück und -- nahm sie wieder im Sturm.

„Wie sehen Sie denn aus,“ meinte er stirnrunzelnd, „wie die Leichtsinnigste aller Leichtsinnigen.“ Und dann hatte er mit Madame eine heimliche, lange und heftige Unterredung, in der er ihr bedeutete, daß die Polizei ihnen auf der Fährte sei und es absolut nötig sei, so schnell wie möglich, Indras Spur zu verwischen. Zu diesem Zweck müsse er sie morgen früh auf dem P.N.O-(Pieno)-Steamer nach Yokohama bringen, und zwar in ganz dunkler, schlichter Kleidung. Zum Austausch habe er die kleine, reizende Japanerin mitgebracht, von der er früher schon gesprochen. Sie wartete im Vorzimmer und war das allgemeine Entzücken, als er sie hereinbrachte. Fudji (Glycinia) küßte Madame die Hand und sah so reizend in ihrem blauseidenen Kimono aus, daß diese sich mit dem Gedanken vertraut machte, Indra zu verlieren, von deren Zukunft sie sich ja so goldene Berge versprochen hatte. Indra war zumute wie einem zum Tode Verurteilten, dem man im letzten Moment das Begnadigungsurteil gesprochen. Boris führte sie eigenhändig in ihr Zimmer zurück und — nahm sie wieder im Sturm.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0090" n="91"/>
        <p>&#x201E;Wie sehen Sie denn aus,&#x201C; meinte er stirnrunzelnd, &#x201E;wie die Leichtsinnigste aller Leichtsinnigen.&#x201C; Und dann hatte er mit Madame eine heimliche, lange und heftige Unterredung, in der er ihr bedeutete, daß die Polizei ihnen auf der Fährte sei und es absolut nötig sei, so schnell wie möglich, Indras Spur zu verwischen. Zu diesem Zweck müsse er sie morgen früh auf dem P.N.O-(Pieno)-Steamer nach Yokohama bringen, und zwar in ganz dunkler, schlichter Kleidung. Zum Austausch habe er die kleine, reizende Japanerin mitgebracht, von der er früher schon gesprochen. Sie wartete im Vorzimmer und war das allgemeine Entzücken, als er sie hereinbrachte. Fudji (Glycinia) küßte Madame die Hand und sah so reizend in ihrem blauseidenen Kimono aus, daß diese sich mit dem Gedanken vertraut machte, Indra zu verlieren, von deren Zukunft sie sich ja so goldene Berge versprochen hatte. Indra war zumute wie einem zum Tode Verurteilten, dem man im letzten Moment das Begnadigungsurteil gesprochen. Boris führte sie eigenhändig in ihr Zimmer zurück und &#x2014; nahm sie wieder im Sturm.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0090] „Wie sehen Sie denn aus,“ meinte er stirnrunzelnd, „wie die Leichtsinnigste aller Leichtsinnigen.“ Und dann hatte er mit Madame eine heimliche, lange und heftige Unterredung, in der er ihr bedeutete, daß die Polizei ihnen auf der Fährte sei und es absolut nötig sei, so schnell wie möglich, Indras Spur zu verwischen. Zu diesem Zweck müsse er sie morgen früh auf dem P.N.O-(Pieno)-Steamer nach Yokohama bringen, und zwar in ganz dunkler, schlichter Kleidung. Zum Austausch habe er die kleine, reizende Japanerin mitgebracht, von der er früher schon gesprochen. Sie wartete im Vorzimmer und war das allgemeine Entzücken, als er sie hereinbrachte. Fudji (Glycinia) küßte Madame die Hand und sah so reizend in ihrem blauseidenen Kimono aus, daß diese sich mit dem Gedanken vertraut machte, Indra zu verlieren, von deren Zukunft sie sich ja so goldene Berge versprochen hatte. Indra war zumute wie einem zum Tode Verurteilten, dem man im letzten Moment das Begnadigungsurteil gesprochen. Boris führte sie eigenhändig in ihr Zimmer zurück und — nahm sie wieder im Sturm.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/90
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/90>, abgerufen am 20.04.2024.