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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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5) Conrad der II. 1024-1039.

Mit der Verbindung, worin Italien mit Teutsch-VI.
land stehet, hat es überall eine ganz andere Be-
wandtniß. Sie hat selbst in Ansehung der Lage,
des Himmelsstrichs und der ursprünglichen Verschie-
denheit der Völker, bey weitem nicht soviel natür-
liches, als jene Vereinigung mit Burgund und
Lothringen. Aber auch was das politische Ver-
hältniß betrifft, ist unter andern der auffallende Un-
terschied, daß nie weder ein Erzbischof noch ein
Herzog von Mailand, oder irgend ein anderer Ita-
liänischer Fürst auf Teutschen Reichsversammlun-
gen Sitz und Stimme gehabt hat. Der König von
Sardinien kann wegen Savoyen, aber nicht wegen
Piemont einen Comitialgesandten nach Regensburg
schicken, weil dieses zum Longobardischen, und nur
jenes zum Burgundischen Reiche gehöret.

Gegen eine solche Errungenschaft, wie ConradVII.
der II. mit dem Burgundischen Königreiche gemacht
hat, kann man ihm schon eine Einbuße zu gut halten,
wodurch an einer andern Seite den Gränzen des
Teutschen Reichs unter seiner Regierung ein engeres
Ziel gesetzt worden. Der damalige mächtige König
Canut, der die drey Königreiche, Dänemark, Nor-
wegen und England zusammen besaß, vermochte Con-
raden dahin, daß er ihm die Marggrafschaft Schles-
wig
zurückgab, und also die Eider, wie sie es schon
zu Carls des Großen Zeiten gewesen war, von neuem
zur nördlichen Gränze des Teutschen Reichs bestimm-
te. Sie ist es noch jetzt so genau, daß in Rendsburg
diesseits der Eider noch im Kirchengebete des Kaisers
gedacht wird, hingegen in dem Theile der Stadt,
der jenseits der Eider liegt, nicht mehr.




VI.
J 5
5) Conrad der II. 1024-1039.

Mit der Verbindung, worin Italien mit Teutſch-VI.
land ſtehet, hat es uͤberall eine ganz andere Be-
wandtniß. Sie hat ſelbſt in Anſehung der Lage,
des Himmelsſtrichs und der urſpruͤnglichen Verſchie-
denheit der Voͤlker, bey weitem nicht ſoviel natuͤr-
liches, als jene Vereinigung mit Burgund und
Lothringen. Aber auch was das politiſche Ver-
haͤltniß betrifft, iſt unter andern der auffallende Un-
terſchied, daß nie weder ein Erzbiſchof noch ein
Herzog von Mailand, oder irgend ein anderer Ita-
liaͤniſcher Fuͤrſt auf Teutſchen Reichsverſammlun-
gen Sitz und Stimme gehabt hat. Der Koͤnig von
Sardinien kann wegen Savoyen, aber nicht wegen
Piemont einen Comitialgeſandten nach Regensburg
ſchicken, weil dieſes zum Longobardiſchen, und nur
jenes zum Burgundiſchen Reiche gehoͤret.

Gegen eine ſolche Errungenſchaft, wie ConradVII.
der II. mit dem Burgundiſchen Koͤnigreiche gemacht
hat, kann man ihm ſchon eine Einbuße zu gut halten,
wodurch an einer andern Seite den Graͤnzen des
Teutſchen Reichs unter ſeiner Regierung ein engeres
Ziel geſetzt worden. Der damalige maͤchtige Koͤnig
Canut, der die drey Koͤnigreiche, Daͤnemark, Nor-
wegen und England zuſammen beſaß, vermochte Con-
raden dahin, daß er ihm die Marggrafſchaft Schles-
wig
zuruͤckgab, und alſo die Eider, wie ſie es ſchon
zu Carls des Großen Zeiten geweſen war, von neuem
zur noͤrdlichen Graͤnze des Teutſchen Reichs beſtimm-
te. Sie iſt es noch jetzt ſo genau, daß in Rendsburg
dieſſeits der Eider noch im Kirchengebete des Kaiſers
gedacht wird, hingegen in dem Theile der Stadt,
der jenſeits der Eider liegt, nicht mehr.




VI.
J 5
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[137/0171] 5) Conrad der II. 1024-1039. Mit der Verbindung, worin Italien mit Teutſch- land ſtehet, hat es uͤberall eine ganz andere Be- wandtniß. Sie hat ſelbſt in Anſehung der Lage, des Himmelsſtrichs und der urſpruͤnglichen Verſchie- denheit der Voͤlker, bey weitem nicht ſoviel natuͤr- liches, als jene Vereinigung mit Burgund und Lothringen. Aber auch was das politiſche Ver- haͤltniß betrifft, iſt unter andern der auffallende Un- terſchied, daß nie weder ein Erzbiſchof noch ein Herzog von Mailand, oder irgend ein anderer Ita- liaͤniſcher Fuͤrſt auf Teutſchen Reichsverſammlun- gen Sitz und Stimme gehabt hat. Der Koͤnig von Sardinien kann wegen Savoyen, aber nicht wegen Piemont einen Comitialgeſandten nach Regensburg ſchicken, weil dieſes zum Longobardiſchen, und nur jenes zum Burgundiſchen Reiche gehoͤret. VI. Gegen eine ſolche Errungenſchaft, wie Conrad der II. mit dem Burgundiſchen Koͤnigreiche gemacht hat, kann man ihm ſchon eine Einbuße zu gut halten, wodurch an einer andern Seite den Graͤnzen des Teutſchen Reichs unter ſeiner Regierung ein engeres Ziel geſetzt worden. Der damalige maͤchtige Koͤnig Canut, der die drey Koͤnigreiche, Daͤnemark, Nor- wegen und England zuſammen beſaß, vermochte Con- raden dahin, daß er ihm die Marggrafſchaft Schles- wig zuruͤckgab, und alſo die Eider, wie ſie es ſchon zu Carls des Großen Zeiten geweſen war, von neuem zur noͤrdlichen Graͤnze des Teutſchen Reichs beſtimm- te. Sie iſt es noch jetzt ſo genau, daß in Rendsburg dieſſeits der Eider noch im Kirchengebete des Kaiſers gedacht wird, hingegen in dem Theile der Stadt, der jenſeits der Eider liegt, nicht mehr. VII. VI. J 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/171>, abgerufen am 19.04.2024.