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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
wieder Longobarden, (ein ursprünglich Teutsches
Volk, das aber schon geraume Zeit her in Panno-
nien seinen Sitz gehabt hatte,) in Italien ein,
568und faßten seit 568. in dessen oberem und mittle-
rem Theile festen Fuß. Von dieser Zeit an ent-
stand hier auf zwey hundert Jahre hin ein neues
Longobardisches Königreich. Doch konnte weder
Ravenna, wo der Griechische Exarch noch seinen
Sitz behielt, noch die Stadt Rom, noch der untere
Theil von Italien unter Longobardische Botmäßig-
keit gebracht werden.


II.

Aber eine ganz andere Revolution gab endlich
auch der Fränkischen Geschichte wieder ein neues
Leben. Die Minderjährigkeit der Söhne und
Thronfolger Dagoberts des I. hatte dem damals
schon hoch gestiegenen Ansehen der Majordomus
noch einen solchen Zuwachs verschafft, daß einer
derselben schon im Jahre 656. einen Versuch mach-
te, den Merovinger Stamm vom Throne zu ver-
drängen; einen Versuch, der zwar noch fehlschlug,
aber doch den Erfolg hatte, daß ein Schwestersohn
eben des Majordomus, Pipin von Herstall, mit
gleichen Entwürfen umgieng, die unter ihm und
seinem Sohne und Enkel endlich zur völligen Reife
gediehen.


III.

Nach mehrmaligen Todesfällen, die sich kurz
hinter einander in der regierenden Familie zutru-
gen, da ein anderer Majordomus in Neustrien,
ein anderer in Austrasien war, wollte bald dieser,
bald jener dem Prinzen, bey dem er die Stelle
eines Majordomus bekleidete, die ganze Monarchie
zuwenden. Darüber kam es zwischen Pipin von

Her-

I. Alte Zeiten bis 888.
wieder Longobarden, (ein urſpruͤnglich Teutſches
Volk, das aber ſchon geraume Zeit her in Panno-
nien ſeinen Sitz gehabt hatte,) in Italien ein,
568und faßten ſeit 568. in deſſen oberem und mittle-
rem Theile feſten Fuß. Von dieſer Zeit an ent-
ſtand hier auf zwey hundert Jahre hin ein neues
Longobardiſches Koͤnigreich. Doch konnte weder
Ravenna, wo der Griechiſche Exarch noch ſeinen
Sitz behielt, noch die Stadt Rom, noch der untere
Theil von Italien unter Longobardiſche Botmaͤßig-
keit gebracht werden.


II.

Aber eine ganz andere Revolution gab endlich
auch der Fraͤnkiſchen Geſchichte wieder ein neues
Leben. Die Minderjaͤhrigkeit der Soͤhne und
Thronfolger Dagoberts des I. hatte dem damals
ſchon hoch geſtiegenen Anſehen der Majordomus
noch einen ſolchen Zuwachs verſchafft, daß einer
derſelben ſchon im Jahre 656. einen Verſuch mach-
te, den Merovinger Stamm vom Throne zu ver-
draͤngen; einen Verſuch, der zwar noch fehlſchlug,
aber doch den Erfolg hatte, daß ein Schweſterſohn
eben des Majordomus, Pipin von Herſtall, mit
gleichen Entwuͤrfen umgieng, die unter ihm und
ſeinem Sohne und Enkel endlich zur voͤlligen Reife
gediehen.


III.

Nach mehrmaligen Todesfaͤllen, die ſich kurz
hinter einander in der regierenden Familie zutru-
gen, da ein anderer Majordomus in Neuſtrien,
ein anderer in Auſtraſien war, wollte bald dieſer,
bald jener dem Prinzen, bey dem er die Stelle
eines Majordomus bekleidete, die ganze Monarchie
zuwenden. Daruͤber kam es zwiſchen Pipin von

Her-
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[40/0074] I. Alte Zeiten bis 888. wieder Longobarden, (ein urſpruͤnglich Teutſches Volk, das aber ſchon geraume Zeit her in Panno- nien ſeinen Sitz gehabt hatte,) in Italien ein, und faßten ſeit 568. in deſſen oberem und mittle- rem Theile feſten Fuß. Von dieſer Zeit an ent- ſtand hier auf zwey hundert Jahre hin ein neues Longobardiſches Koͤnigreich. Doch konnte weder Ravenna, wo der Griechiſche Exarch noch ſeinen Sitz behielt, noch die Stadt Rom, noch der untere Theil von Italien unter Longobardiſche Botmaͤßig- keit gebracht werden. 568 Aber eine ganz andere Revolution gab endlich auch der Fraͤnkiſchen Geſchichte wieder ein neues Leben. Die Minderjaͤhrigkeit der Soͤhne und Thronfolger Dagoberts des I. hatte dem damals ſchon hoch geſtiegenen Anſehen der Majordomus noch einen ſolchen Zuwachs verſchafft, daß einer derſelben ſchon im Jahre 656. einen Verſuch mach- te, den Merovinger Stamm vom Throne zu ver- draͤngen; einen Verſuch, der zwar noch fehlſchlug, aber doch den Erfolg hatte, daß ein Schweſterſohn eben des Majordomus, Pipin von Herſtall, mit gleichen Entwuͤrfen umgieng, die unter ihm und ſeinem Sohne und Enkel endlich zur voͤlligen Reife gediehen. Nach mehrmaligen Todesfaͤllen, die ſich kurz hinter einander in der regierenden Familie zutru- gen, da ein anderer Majordomus in Neuſtrien, ein anderer in Auſtraſien war, wollte bald dieſer, bald jener dem Prinzen, bey dem er die Stelle eines Majordomus bekleidete, die ganze Monarchie zuwenden. Daruͤber kam es zwiſchen Pipin von Her-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/74>, abgerufen am 25.04.2024.