erschreckten Kollaborator in's Gesicht leuchtete, in der Hand.
"Ecce! ehem! hem! papae! um Gottes willen, wie spät --"
"Beruhige sich der Herr Magister nur. Zu spät ist's noch nicht. Wir haben das ganze Pläsir noch vor uns. Der Tag bricht eben erst an, und es ist nicht der Herr Rector von Amelungsborn, der an der Thür trommelt, sondern es sind nur die lieben Herren Franzosen, die wieder das Thor einschlagen und nochmal Quartier verlangen. Der Herr Prior und Rector liegen hoffent¬ lich zu Holzminden im Frieden und in den Federn und lassen höchstens im Traum den Herrn Magister grüßen."
Diese ausführlicheren Benachrichtigungen waren wirk¬ lich nicht nöthig. Zu halbem Bewußtsein gelangt, merkte es der alte Herr schon, daß es nicht sein früherer Scholarch sei, der ihm auf den Hacken sitze, sondern daß nur der Krieg der Krone Preußen mit der ganzen Welt augenblicklich noch fortdauere und Canada immer noch in Deutschland erobert werde. Die Trommeln der ziehenden Truppen, das Krachen des eingeschlagenen Klosterthores, das Gebrüll und Hallo auf den Höfen, auf den Treppen und in den Korridoren sprachen laut und deutlich genug für sich selber. Nur die Anwesen¬ heit, die Gegenwärtigkeit des Junkers von Münchhausen war dem aus tiefstem Schlaf Erweckten für einige Momente noch unbegreifbar.
erſchreckten Kollaborator in's Geſicht leuchtete, in der Hand.
„Ecce! ehem! hem! papae! um Gottes willen, wie ſpät —“
„Beruhige ſich der Herr Magiſter nur. Zu ſpät iſt's noch nicht. Wir haben das ganze Pläſir noch vor uns. Der Tag bricht eben erſt an, und es iſt nicht der Herr Rector von Amelungsborn, der an der Thür trommelt, ſondern es ſind nur die lieben Herren Franzoſen, die wieder das Thor einſchlagen und nochmal Quartier verlangen. Der Herr Prior und Rector liegen hoffent¬ lich zu Holzminden im Frieden und in den Federn und laſſen höchſtens im Traum den Herrn Magiſter grüßen.“
Dieſe ausführlicheren Benachrichtigungen waren wirk¬ lich nicht nöthig. Zu halbem Bewußtſein gelangt, merkte es der alte Herr ſchon, daß es nicht ſein früherer Scholarch ſei, der ihm auf den Hacken ſitze, ſondern daß nur der Krieg der Krone Preußen mit der ganzen Welt augenblicklich noch fortdauere und Canada immer noch in Deutſchland erobert werde. Die Trommeln der ziehenden Truppen, das Krachen des eingeſchlagenen Kloſterthores, das Gebrüll und Hallo auf den Höfen, auf den Treppen und in den Korridoren ſprachen laut und deutlich genug für ſich ſelber. Nur die Anweſen¬ heit, die Gegenwärtigkeit des Junkers von Münchhauſen war dem aus tiefſtem Schlaf Erweckten für einige Momente noch unbegreifbar.
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erſchreckten Kollaborator in's Geſicht leuchtete, in der
Hand.
„Ecce! ehem! hem! papae! um Gottes willen, wie
ſpät —“
„Beruhige ſich der Herr Magiſter nur. Zu ſpät
iſt's noch nicht. Wir haben das ganze Pläſir noch vor
uns. Der Tag bricht eben erſt an, und es iſt nicht
der Herr Rector von Amelungsborn, der an der Thür
trommelt, ſondern es ſind nur die lieben Herren Franzoſen,
die wieder das Thor einſchlagen und nochmal Quartier
verlangen. Der Herr Prior und Rector liegen hoffent¬
lich zu Holzminden im Frieden und in den Federn
und laſſen höchſtens im Traum den Herrn Magiſter
grüßen.“
Dieſe ausführlicheren Benachrichtigungen waren wirk¬
lich nicht nöthig. Zu halbem Bewußtſein gelangt, merkte
es der alte Herr ſchon, daß es nicht ſein früherer
Scholarch ſei, der ihm auf den Hacken ſitze, ſondern daß
nur der Krieg der Krone Preußen mit der ganzen Welt
augenblicklich noch fortdauere und Canada immer noch
in Deutſchland erobert werde. Die Trommeln der
ziehenden Truppen, das Krachen des eingeſchlagenen
Kloſterthores, das Gebrüll und Hallo auf den Höfen,
auf den Treppen und in den Korridoren ſprachen laut
und deutlich genug für ſich ſelber. Nur die Anweſen¬
heit, die Gegenwärtigkeit des Junkers von Münchhauſen
war dem aus tiefſtem Schlaf Erweckten für einige
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/134>, abgerufen am 18.04.2024.
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