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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Eine schöne Narbe bringe ich für mein Theil aus der
glorreichen Bataille heute. Ja, rufe der Herr Magister
da unten nur aus seiner Caverna! An meinen Rock¬
schooß will er sich hängen? Merci -- merde! Vivat
der Tod für's Vaterland! pro duce -- pro rege. Zum
Teufel mit allen Frauenzimmern. Dulce et decorum
est
-- So 'ne Wildkatze! ausgestopft im Glaskasten
möchte ich sie jetzo haben und nimmer anders! Da
kriecht der alte Herr richtig zu Tage, und mein Mädchen,
ma belle, ma Princesse ihm nach. Du mein Gott,
kann sich der Welt allerhöchste Schönheit und Lieblich¬
keit so in einen wüthigen Satan verwandeln? Für
solch Confekt danke ich in alle Ewigkeit. Kochen Sie
sich Jungfer Nichte sauer, Herr Klosteramtmann von
Amelungsborn!"

Es war ihm einerlei was ihm in den Hals kam;
aber singen -- brüllen mußte er; und da war der
Halberstädter Grenadier immer wieder der rechte Mann:

Zu rächen jeden Tropfen Blut,
Der unter Bevern floß,
War Alles Feuer, schäumte Wuth,
Schnob Rache Mann und Roß!

Aber im Begriff sich in das Lennethal und den heu¬
tigen Schlachttumult des guten Herzogs Ferdinand von
Bevern hinunter zu stürzen, spürte er plötzlich nicht die
Hand des Magisters Buchius an seinem Rockschooß,
sondern wahrlich eine gröbere Faust an seinem Rock¬
kragen.

Eine ſchöne Narbe bringe ich für mein Theil aus der
glorreichen Bataille heute. Ja, rufe der Herr Magiſter
da unten nur aus ſeiner Caverna! An meinen Rock¬
ſchooß will er ſich hängen? Mercimerde! Vivat
der Tod für's Vaterland! pro ducepro rege. Zum
Teufel mit allen Frauenzimmern. Dulce et decorum
est
— So 'ne Wildkatze! ausgeſtopft im Glaskaſten
möchte ich ſie jetzo haben und nimmer anders! Da
kriecht der alte Herr richtig zu Tage, und mein Mädchen,
ma belle, ma Princesse ihm nach. Du mein Gott,
kann ſich der Welt allerhöchſte Schönheit und Lieblich¬
keit ſo in einen wüthigen Satan verwandeln? Für
ſolch Confekt danke ich in alle Ewigkeit. Kochen Sie
ſich Jungfer Nichte ſauer, Herr Kloſteramtmann von
Amelungsborn!“

Es war ihm einerlei was ihm in den Hals kam;
aber ſingen — brüllen mußte er; und da war der
Halberſtädter Grenadier immer wieder der rechte Mann:

Zu rächen jeden Tropfen Blut,
Der unter Bevern floß,
War Alles Feuer, ſchäumte Wuth,
Schnob Rache Mann und Roß!

Aber im Begriff ſich in das Lennethal und den heu¬
tigen Schlachttumult des guten Herzogs Ferdinand von
Bevern hinunter zu ſtürzen, ſpürte er plötzlich nicht die
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[229/0237] Eine ſchöne Narbe bringe ich für mein Theil aus der glorreichen Bataille heute. Ja, rufe der Herr Magiſter da unten nur aus ſeiner Caverna! An meinen Rock¬ ſchooß will er ſich hängen? Merci — merde! Vivat der Tod für's Vaterland! pro duce — pro rege. Zum Teufel mit allen Frauenzimmern. Dulce et decorum est — So 'ne Wildkatze! ausgeſtopft im Glaskaſten möchte ich ſie jetzo haben und nimmer anders! Da kriecht der alte Herr richtig zu Tage, und mein Mädchen, ma belle, ma Princesse ihm nach. Du mein Gott, kann ſich der Welt allerhöchſte Schönheit und Lieblich¬ keit ſo in einen wüthigen Satan verwandeln? Für ſolch Confekt danke ich in alle Ewigkeit. Kochen Sie ſich Jungfer Nichte ſauer, Herr Kloſteramtmann von Amelungsborn!“ Es war ihm einerlei was ihm in den Hals kam; aber ſingen — brüllen mußte er; und da war der Halberſtädter Grenadier immer wieder der rechte Mann: Zu rächen jeden Tropfen Blut, Der unter Bevern floß, War Alles Feuer, ſchäumte Wuth, Schnob Rache Mann und Roß! Aber im Begriff ſich in das Lennethal und den heu¬ tigen Schlachttumult des guten Herzogs Ferdinand von Bevern hinunter zu ſtürzen, ſpürte er plötzlich nicht die Hand des Magiſters Buchius an ſeinem Rockſchooß, ſondern wahrlich eine gröbere Fauſt an ſeinem Rock¬ kragen.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/237>, abgerufen am 29.03.2024.