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Raabe, Heinrich August: Die Postgeheimnisse oder die hauptsächlichsten Regeln welche man beim Reisen und bei Versendungen mit der Post beobachten muß um Verdruß und Verlust zu vermeiden. Leipzig, 1803.

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werden. Man kann nicht verlangen und erwarten,
daß der Postmeister an einem kleinen Orte bestän¬
dig eine Menge Pferde aufs ungewisse im Stalle
stehen und auf unsre unangemeldete Ankunft sie schon
bereit habe. Es ist genug, wenn er in diesem
Falle die ihm vorgeschriebene Ordnung beobachtet,
wenn diese den Umständen angemessen ist, welches
leider auch nicht immer ist, weil diejenigen Leute,
welche sich solche Verordnungen entwerfen, selten in der
Lage gewesen sind, die Möglichkeit der Ausführung
derselben selbst versucht und erfahren zu haben.

Hierüber mit dem Posthalter Zank anzufangen,
würde vergeblich, in manchem Falle sogar unbillig
seyn. Der Reisende thut wohl, wenn er ihn um
möglichst geschwinde Fortschaffung ersucht und da
richtet man gewöhnlich mit freundlichen Worten
mehr aus, als durch Forderung der Strenge, oder
durch Androhung vom Anklagen und Rache. Der
Postmeister kann durch gutes Fahren leicht die Zeit
wieder einbringen lassen, die etwa durch ihn ver¬
säumt wurde. Größtentheils ist es überall Regel,
daß eine Extrapost mit eben so viel Pferden, wo¬
mit sie ausfuhr und auf einer Station ankam, wei¬
ter gebracht werden müsse. Weniger Pferde zu
nehmen, hängt also nicht von den Reisenden ab.
Nur da, wo der Weg vorzüglich gut ist, wird eine

werden. Man kann nicht verlangen und erwarten,
daß der Poſtmeiſter an einem kleinen Orte beſtaͤn¬
dig eine Menge Pferde aufs ungewiſſe im Stalle
ſtehen und auf unſre unangemeldete Ankunft ſie ſchon
bereit habe. Es iſt genug, wenn er in dieſem
Falle die ihm vorgeſchriebene Ordnung beobachtet,
wenn dieſe den Umſtaͤnden angemeſſen iſt, welches
leider auch nicht immer iſt, weil diejenigen Leute,
welche ſich ſolche Verordnungen entwerfen, ſelten in der
Lage geweſen ſind, die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung
derſelben ſelbſt verſucht und erfahren zu haben.

Hieruͤber mit dem Poſthalter Zank anzufangen,
wuͤrde vergeblich, in manchem Falle ſogar unbillig
ſeyn. Der Reiſende thut wohl, wenn er ihn um
moͤglichſt geſchwinde Fortſchaffung erſucht und da
richtet man gewoͤhnlich mit freundlichen Worten
mehr aus, als durch Forderung der Strenge, oder
durch Androhung vom Anklagen und Rache. Der
Poſtmeiſter kann durch gutes Fahren leicht die Zeit
wieder einbringen laſſen, die etwa durch ihn ver¬
ſaͤumt wurde. Groͤßtentheils iſt es uͤberall Regel,
daß eine Extrapoſt mit eben ſo viel Pferden, wo¬
mit ſie ausfuhr und auf einer Station ankam, wei¬
ter gebracht werden muͤſſe. Weniger Pferde zu
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[28/0036] werden. Man kann nicht verlangen und erwarten, daß der Poſtmeiſter an einem kleinen Orte beſtaͤn¬ dig eine Menge Pferde aufs ungewiſſe im Stalle ſtehen und auf unſre unangemeldete Ankunft ſie ſchon bereit habe. Es iſt genug, wenn er in dieſem Falle die ihm vorgeſchriebene Ordnung beobachtet, wenn dieſe den Umſtaͤnden angemeſſen iſt, welches leider auch nicht immer iſt, weil diejenigen Leute, welche ſich ſolche Verordnungen entwerfen, ſelten in der Lage geweſen ſind, die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung derſelben ſelbſt verſucht und erfahren zu haben. Hieruͤber mit dem Poſthalter Zank anzufangen, wuͤrde vergeblich, in manchem Falle ſogar unbillig ſeyn. Der Reiſende thut wohl, wenn er ihn um moͤglichſt geſchwinde Fortſchaffung erſucht und da richtet man gewoͤhnlich mit freundlichen Worten mehr aus, als durch Forderung der Strenge, oder durch Androhung vom Anklagen und Rache. Der Poſtmeiſter kann durch gutes Fahren leicht die Zeit wieder einbringen laſſen, die etwa durch ihn ver¬ ſaͤumt wurde. Groͤßtentheils iſt es uͤberall Regel, daß eine Extrapoſt mit eben ſo viel Pferden, wo¬ mit ſie ausfuhr und auf einer Station ankam, wei¬ ter gebracht werden muͤſſe. Weniger Pferde zu nehmen, haͤngt alſo nicht von den Reiſenden ab. Nur da, wo der Weg vorzuͤglich gut iſt, wird eine

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Zitationshilfe: Raabe, Heinrich August: Die Postgeheimnisse oder die hauptsächlichsten Regeln welche man beim Reisen und bei Versendungen mit der Post beobachten muß um Verdruß und Verlust zu vermeiden. Leipzig, 1803, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_postgeheimnisse_1803/36>, abgerufen am 28.03.2024.