Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
Sempron vergleichen, und dem Nachbar erlau-
ben, in seinen Hof zu sehen. Die Unkosten wer-
den aus bewegenden Ursachen compensirt: Und
damit Sempron den Advocaten bezahlen kann, so
verkauft er das Haus. Nun hat er doch so viel
erlangt, daß der Nachbar nicht mehr in seinen
Hof sieht.

35.

Das war alles, was man von Philanders
(44) Klugheit und Wirthschaft erwarten konnte.
Er hat ausgerechnet, daß es ihm sehr viel kosten
würde, eine Frau zu nehmen. Er ist zu schlau,
als daß er nicht wohl merken sollte, eine Frau
würde mehr Herrschaft verlangen, als ihm erträg-
lich sey. Er nimmt also heute eine Magd zu sich,
und macht eine Maitresse aus ihr. Ehe noch ein
Jahr vergeht, wird ihn diese Magd zur Treppe
hinunter werfen, und ehe zehen Jahre vergehn,
wird diese Magd sein ganzes Vermögen an sich ge-
zogen haben, und wenn Philander essen will, so itzt
er das Gnadenbrodt aus der mildthätigen Hand
seiner Magd.

36.

Dort steigt Gurdus (45) vom Wagen, nach-
dem er vier Wochen außer Landes gewesen, und

von
(44) Seine gebietende Magd wird ihn zwar nur den alten
Hund nennen; eigentlich aber heißt er P - - E - -.
(45) Der Herr von C - -, so lange er außerhalb Landes
war, aber bey uns C - - schlecht weg.
L l 4

Zweytes Buch.
Sempron vergleichen, und dem Nachbar erlau-
ben, in ſeinen Hof zu ſehen. Die Unkoſten wer-
den aus bewegenden Urſachen compenſirt: Und
damit Sempron den Advocaten bezahlen kann, ſo
verkauft er das Haus. Nun hat er doch ſo viel
erlangt, daß der Nachbar nicht mehr in ſeinen
Hof ſieht.

35.

Das war alles, was man von Philanders
(44) Klugheit und Wirthſchaft erwarten konnte.
Er hat ausgerechnet, daß es ihm ſehr viel koſten
wuͤrde, eine Frau zu nehmen. Er iſt zu ſchlau,
als daß er nicht wohl merken ſollte, eine Frau
wuͤrde mehr Herrſchaft verlangen, als ihm ertraͤg-
lich ſey. Er nimmt alſo heute eine Magd zu ſich,
und macht eine Maitreſſe aus ihr. Ehe noch ein
Jahr vergeht, wird ihn dieſe Magd zur Treppe
hinunter werfen, und ehe zehen Jahre vergehn,
wird dieſe Magd ſein ganzes Vermoͤgen an ſich ge-
zogen haben, und wenn Philander eſſen will, ſo itzt
er das Gnadenbrodt aus der mildthaͤtigen Hand
ſeiner Magd.

36.

Dort ſteigt Gurdus (45) vom Wagen, nach-
dem er vier Wochen außer Landes geweſen, und

von
(44) Seine gebietende Magd wird ihn zwar nur den alten
Hund nennen; eigentlich aber heißt er P ‒ ‒ E ‒ ‒.
(45) Der Herr von C ‒ ‒, ſo lange er außerhalb Landes
war, aber bey uns C ‒ ‒ ſchlecht weg.
L l 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0557" n="535[533]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/>
Sempron vergleichen, und dem Nachbar erlau-<lb/>
ben, in &#x017F;einen Hof zu &#x017F;ehen. Die Unko&#x017F;ten wer-<lb/>
den aus bewegenden Ur&#x017F;achen compen&#x017F;irt: Und<lb/>
damit Sempron den Advocaten bezahlen kann, &#x017F;o<lb/>
verkauft er das Haus. Nun hat er doch &#x017F;o viel<lb/>
erlangt, daß der Nachbar nicht mehr in &#x017F;einen<lb/>
Hof &#x017F;ieht.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>35.</head><lb/>
              <p>Das war alles, was man von <hi rendition="#fr">Philanders</hi><lb/><note place="foot" n="(44)">Seine gebietende Magd wird ihn zwar nur den alten<lb/>
Hund nennen; eigentlich aber heißt er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">P &#x2012; &#x2012; E</hi></hi> &#x2012; &#x2012;.</note> Klugheit und Wirth&#x017F;chaft erwarten konnte.<lb/>
Er hat ausgerechnet, daß es ihm &#x017F;ehr viel ko&#x017F;ten<lb/>
wu&#x0364;rde, eine Frau zu nehmen. Er i&#x017F;t zu &#x017F;chlau,<lb/>
als daß er nicht wohl merken &#x017F;ollte, eine Frau<lb/>
wu&#x0364;rde mehr Herr&#x017F;chaft verlangen, als ihm ertra&#x0364;g-<lb/>
lich &#x017F;ey. Er nimmt al&#x017F;o heute eine Magd zu &#x017F;ich,<lb/>
und macht eine Maitre&#x017F;&#x017F;e aus ihr. Ehe noch ein<lb/>
Jahr vergeht, wird ihn die&#x017F;e Magd zur Treppe<lb/>
hinunter werfen, und ehe zehen Jahre vergehn,<lb/>
wird die&#x017F;e Magd &#x017F;ein ganzes Vermo&#x0364;gen an &#x017F;ich ge-<lb/>
zogen haben, und wenn Philander e&#x017F;&#x017F;en will, &#x017F;o itzt<lb/>
er das Gnadenbrodt aus der mildtha&#x0364;tigen Hand<lb/>
&#x017F;einer Magd.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>36.</head><lb/>
              <p>Dort &#x017F;teigt <hi rendition="#fr">Gurdus</hi> <note place="foot" n="(45)">Der Herr von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">C</hi></hi> &#x2012; &#x2012;, &#x017F;o lange er außerhalb Landes<lb/>
war, aber bey uns <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">C</hi></hi> &#x2012; &#x2012; &#x017F;chlecht weg.</note> vom Wagen, nach-<lb/>
dem er vier Wochen außer Landes gewe&#x017F;en, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 4</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[535[533]/0557] Zweytes Buch. Sempron vergleichen, und dem Nachbar erlau- ben, in ſeinen Hof zu ſehen. Die Unkoſten wer- den aus bewegenden Urſachen compenſirt: Und damit Sempron den Advocaten bezahlen kann, ſo verkauft er das Haus. Nun hat er doch ſo viel erlangt, daß der Nachbar nicht mehr in ſeinen Hof ſieht. 35. Das war alles, was man von Philanders (44) Klugheit und Wirthſchaft erwarten konnte. Er hat ausgerechnet, daß es ihm ſehr viel koſten wuͤrde, eine Frau zu nehmen. Er iſt zu ſchlau, als daß er nicht wohl merken ſollte, eine Frau wuͤrde mehr Herrſchaft verlangen, als ihm ertraͤg- lich ſey. Er nimmt alſo heute eine Magd zu ſich, und macht eine Maitreſſe aus ihr. Ehe noch ein Jahr vergeht, wird ihn dieſe Magd zur Treppe hinunter werfen, und ehe zehen Jahre vergehn, wird dieſe Magd ſein ganzes Vermoͤgen an ſich ge- zogen haben, und wenn Philander eſſen will, ſo itzt er das Gnadenbrodt aus der mildthaͤtigen Hand ſeiner Magd. 36. Dort ſteigt Gurdus (45) vom Wagen, nach- dem er vier Wochen außer Landes geweſen, und von (44) Seine gebietende Magd wird ihn zwar nur den alten Hund nennen; eigentlich aber heißt er P ‒ ‒ E ‒ ‒. (45) Der Herr von C ‒ ‒, ſo lange er außerhalb Landes war, aber bey uns C ‒ ‒ ſchlecht weg. L l 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/557
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 535[533]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/557>, abgerufen am 23.04.2024.