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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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wollüstiger und zugleich bindender als die beyden vorigen! Hier ward meine Hand zum Anschmiegen und Einlagern aufgefordert; hier erhielt sie durch die Weichheit des Ueberzuges eine Reitzung, sich anzuneigen, und durch die Elasticität der Füllung, die sich ihr entgegen hob, eine zurückwirkende Spannung. Ich fand ferner, daß, je nachdem der Polster mir zu viel Widerstand oder zu wenig leistete, je nachdem die Wahrnehmung des rein Glatten, oder des rein Sanften sich vermehrte, das Ueberschwengliche in meinem Wollustgefühle und der Reitz, mich an ihn zu schmiegen, abnahm.

Was schloß ich daraus? Dieß: daß die Sensibilität, welche mit meinen Tastungsorganen verbunden ist, sich zuweilen gern gespannt, zuweilen gern gezärtelt fühlt, daß aber beyde Reitzungsarten, wenn sie bar und rein für sich wirken, weder so wollüstig noch so bindend an die Körper sind, welche sie erwecken, als jene andere Reitzungsart, wodurch meine Sensibilität zugleich gezärtelt und gespannt wird. Ich schloß ferner daraus, daß dieser letzte Zustand gleichzeitiger Spannung und Zärtelung seinen Grund in einem Wohlverhältnisse zwischen meinem Zustande beym Einnehmen der Empfindung und der Beschaffenheit des Körpers beym Geben haben müsse, und daß der Charakter der letzteren in dem Wohlverhältnisse seiner Nachgiebigkeits- und Widerstandsfähigkeit zu suchen sey.

Ich wandte diese Erfahrungen bald auf meine übrigen Sinne an, und es hat mir geschienen, daß bey ähnlichen Ursachen immer ähnliche Wirkungen erfolgt wären. In einem gleichen Grade von Klarheit konnten sie freylich nicht erscheinen, weil die körperliche Sympathie, oder die sinnliche Wahrnehmung eines Zusammenseyns

wollüstiger und zugleich bindender als die beyden vorigen! Hier ward meine Hand zum Anschmiegen und Einlagern aufgefordert; hier erhielt sie durch die Weichheit des Ueberzuges eine Reitzung, sich anzuneigen, und durch die Elasticität der Füllung, die sich ihr entgegen hob, eine zurückwirkende Spannung. Ich fand ferner, daß, je nachdem der Polster mir zu viel Widerstand oder zu wenig leistete, je nachdem die Wahrnehmung des rein Glatten, oder des rein Sanften sich vermehrte, das Ueberschwengliche in meinem Wollustgefühle und der Reitz, mich an ihn zu schmiegen, abnahm.

Was schloß ich daraus? Dieß: daß die Sensibilität, welche mit meinen Tastungsorganen verbunden ist, sich zuweilen gern gespannt, zuweilen gern gezärtelt fühlt, daß aber beyde Reitzungsarten, wenn sie bar und rein für sich wirken, weder so wollüstig noch so bindend an die Körper sind, welche sie erwecken, als jene andere Reitzungsart, wodurch meine Sensibilität zugleich gezärtelt und gespannt wird. Ich schloß ferner daraus, daß dieser letzte Zustand gleichzeitiger Spannung und Zärtelung seinen Grund in einem Wohlverhältnisse zwischen meinem Zustande beym Einnehmen der Empfindung und der Beschaffenheit des Körpers beym Geben haben müsse, und daß der Charakter der letzteren in dem Wohlverhältnisse seiner Nachgiebigkeits- und Widerstandsfähigkeit zu suchen sey.

Ich wandte diese Erfahrungen bald auf meine übrigen Sinne an, und es hat mir geschienen, daß bey ähnlichen Ursachen immer ähnliche Wirkungen erfolgt wären. In einem gleichen Grade von Klarheit konnten sie freylich nicht erscheinen, weil die körperliche Sympathie, oder die sinnliche Wahrnehmung eines Zusammenseyns

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wollüstiger und zugleich bindender als die beyden vorigen! Hier ward meine Hand zum Anschmiegen und Einlagern aufgefordert; hier erhielt sie durch die Weichheit des Ueberzuges eine Reitzung, sich anzuneigen, und durch die Elasticität der Füllung, die sich ihr entgegen hob, eine zurückwirkende Spannung. Ich fand ferner, daß, je nachdem der Polster mir zu viel Widerstand oder zu wenig leistete, je nachdem die Wahrnehmung des rein Glatten, oder des rein Sanften sich vermehrte, das Ueberschwengliche in meinem Wollustgefühle und der Reitz, mich an ihn zu schmiegen, abnahm.</p>
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[124/0124] wollüstiger und zugleich bindender als die beyden vorigen! Hier ward meine Hand zum Anschmiegen und Einlagern aufgefordert; hier erhielt sie durch die Weichheit des Ueberzuges eine Reitzung, sich anzuneigen, und durch die Elasticität der Füllung, die sich ihr entgegen hob, eine zurückwirkende Spannung. Ich fand ferner, daß, je nachdem der Polster mir zu viel Widerstand oder zu wenig leistete, je nachdem die Wahrnehmung des rein Glatten, oder des rein Sanften sich vermehrte, das Ueberschwengliche in meinem Wollustgefühle und der Reitz, mich an ihn zu schmiegen, abnahm. Was schloß ich daraus? Dieß: daß die Sensibilität, welche mit meinen Tastungsorganen verbunden ist, sich zuweilen gern gespannt, zuweilen gern gezärtelt fühlt, daß aber beyde Reitzungsarten, wenn sie bar und rein für sich wirken, weder so wollüstig noch so bindend an die Körper sind, welche sie erwecken, als jene andere Reitzungsart, wodurch meine Sensibilität zugleich gezärtelt und gespannt wird. Ich schloß ferner daraus, daß dieser letzte Zustand gleichzeitiger Spannung und Zärtelung seinen Grund in einem Wohlverhältnisse zwischen meinem Zustande beym Einnehmen der Empfindung und der Beschaffenheit des Körpers beym Geben haben müsse, und daß der Charakter der letzteren in dem Wohlverhältnisse seiner Nachgiebigkeits- und Widerstandsfähigkeit zu suchen sey. Ich wandte diese Erfahrungen bald auf meine übrigen Sinne an, und es hat mir geschienen, daß bey ähnlichen Ursachen immer ähnliche Wirkungen erfolgt wären. In einem gleichen Grade von Klarheit konnten sie freylich nicht erscheinen, weil die körperliche Sympathie, oder die sinnliche Wahrnehmung eines Zusammenseyns

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/124>, abgerufen am 18.04.2024.