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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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so ist es schon der kluge Wunsch unsers Eigennutzes, daß das Wesen, mit dem wir uns in Verbindung setzen, unsere Zufriedenheit theile. Dazu gesellt sich die Eitelkeit, zu wissen, daß wir es sind, die so unmittelbar beglücken. Daher ist die Aeußerung der Sympathie mit dem Gleichartigen, und besonders der Geschlechtssympathie des Körpers und der Seele, ohne an und für sich Liebe zu seyn, der Regel nach mit Liebe verknüpft. Und dieß giebt wahrscheinlich zu der häufigen Verwechselung beyder mit einander Veranlassung.

Dreyzehntes Kapitel.

Harte Behandlung zur Beförderung des Glücks eines andern ist, als einzelner Akt betrachtet, nicht Liebe.

Gewisse Handlungen thun dem Menschen weh, gegen den sie unternommen werden, bezielen aber sein Glück in der Folge. Ein solcher Akt kann, als Form eines einzelnen Affekts, nie für Liebe genommen werden. Denn in dem Augenblicke, worin wir den andern quälen, um ihn dereinst zu beglücken, werden wir gewiß keine Wonne empfinden. Es geschieht vielmehr aus Bedürfniß, aus Ueberlegung, und die Handlung kann folglich nur der Vernunft, nicht dem Herzen unmittelbar angehören. Sie kann in die liebende Anhänglichkeit passen, und ein Ingredienz der Liebe in dieser Bedeutung seyn; aber eine einzelne liebende Aufwallung kann nicht dabey zum Grunde liegen. Allein auch in so fern die Härte mit der anhaltenden liebenden Stimmung in Beziehung auf eine bestimmte Person harmonieren soll, kommt alles darauf an: ob wirklich unsre Absicht dahin geht, daß der

so ist es schon der kluge Wunsch unsers Eigennutzes, daß das Wesen, mit dem wir uns in Verbindung setzen, unsere Zufriedenheit theile. Dazu gesellt sich die Eitelkeit, zu wissen, daß wir es sind, die so unmittelbar beglücken. Daher ist die Aeußerung der Sympathie mit dem Gleichartigen, und besonders der Geschlechtssympathie des Körpers und der Seele, ohne an und für sich Liebe zu seyn, der Regel nach mit Liebe verknüpft. Und dieß giebt wahrscheinlich zu der häufigen Verwechselung beyder mit einander Veranlassung.

Dreyzehntes Kapitel.

Harte Behandlung zur Beförderung des Glücks eines andern ist, als einzelner Akt betrachtet, nicht Liebe.

Gewisse Handlungen thun dem Menschen weh, gegen den sie unternommen werden, bezielen aber sein Glück in der Folge. Ein solcher Akt kann, als Form eines einzelnen Affekts, nie für Liebe genommen werden. Denn in dem Augenblicke, worin wir den andern quälen, um ihn dereinst zu beglücken, werden wir gewiß keine Wonne empfinden. Es geschieht vielmehr aus Bedürfniß, aus Ueberlegung, und die Handlung kann folglich nur der Vernunft, nicht dem Herzen unmittelbar angehören. Sie kann in die liebende Anhänglichkeit passen, und ein Ingredienz der Liebe in dieser Bedeutung seyn; aber eine einzelne liebende Aufwallung kann nicht dabey zum Grunde liegen. Allein auch in so fern die Härte mit der anhaltenden liebenden Stimmung in Beziehung auf eine bestimmte Person harmonieren soll, kommt alles darauf an: ob wirklich unsre Absicht dahin geht, daß der

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[307/0307] so ist es schon der kluge Wunsch unsers Eigennutzes, daß das Wesen, mit dem wir uns in Verbindung setzen, unsere Zufriedenheit theile. Dazu gesellt sich die Eitelkeit, zu wissen, daß wir es sind, die so unmittelbar beglücken. Daher ist die Aeußerung der Sympathie mit dem Gleichartigen, und besonders der Geschlechtssympathie des Körpers und der Seele, ohne an und für sich Liebe zu seyn, der Regel nach mit Liebe verknüpft. Und dieß giebt wahrscheinlich zu der häufigen Verwechselung beyder mit einander Veranlassung. Dreyzehntes Kapitel. Harte Behandlung zur Beförderung des Glücks eines andern ist, als einzelner Akt betrachtet, nicht Liebe. Gewisse Handlungen thun dem Menschen weh, gegen den sie unternommen werden, bezielen aber sein Glück in der Folge. Ein solcher Akt kann, als Form eines einzelnen Affekts, nie für Liebe genommen werden. Denn in dem Augenblicke, worin wir den andern quälen, um ihn dereinst zu beglücken, werden wir gewiß keine Wonne empfinden. Es geschieht vielmehr aus Bedürfniß, aus Ueberlegung, und die Handlung kann folglich nur der Vernunft, nicht dem Herzen unmittelbar angehören. Sie kann in die liebende Anhänglichkeit passen, und ein Ingredienz der Liebe in dieser Bedeutung seyn; aber eine einzelne liebende Aufwallung kann nicht dabey zum Grunde liegen. Allein auch in so fern die Härte mit der anhaltenden liebenden Stimmung in Beziehung auf eine bestimmte Person harmonieren soll, kommt alles darauf an: ob wirklich unsre Absicht dahin geht, daß der

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/307>, abgerufen am 29.03.2024.