Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Allein auch unvernünftige Wesen, unbelebte sogar, können ähnliche Triebe erwecken und befriedigen.

Die Wonne, welche die Begünstigung dieser Sinnlichkeit mit sich führt, setzt zum Voraus, daß ich dem Gegenstande, mit dem ich ins Verhältniß komme, das Gefühl seines Zustandes beylege, es sey durch eine Operation der Einbildungskraft, oder durch Ueberzeugung meiner Vernunft. Sie setzt ferner zum Voraus, daß ich in dem Gefühle, das ich dem Gegenstande von seinem Wohl beylege, den Grund meiner Lust suche, indem ich mich in seinen Zustand hineinzuversetzen und seine Gefühle zu theilen strebe. Denkt an die Erheiterung, die ihr in der Gesellschaft froher Unbekannten aufsucht; denkt an die Vorbereitung, die ihr zu einem Feste macht, das eure Hausgenossen erfreuen soll; denkt an die Ueberzeugung, die ihr dem Freunde von eurer ihn beglückenden Liebe zu geben sucht; - in diesen und ähnlichen Fällen begnügt ihr euch nicht, ihre Eigenthümlichkeiten ruhig anzuschauen; sondern ihr strebt, und wornach? sie glücklich zu wissen, und ihr Wohl zu theilen. Aber euer Streben geht nicht auf den Besitz ihres Zustandes aus, um nur euch froh zu fühlen; und wenn ihr auch ihren Zustand theilt, so hört damit das Bestreben nach weiterer Verbindung mit jenen Menschen nicht auf. Ihr genießt in ihrer Gegenwart, aber ihr strebt zugleich, diesen Genuß durch fortschreitende Annäherung an ihre Person, und Beförderung ihres Wohls immer weiter auszubilden.

Schon hier sondert sich die Wonne der Geselligkeit sehr bestimmt von der Wonne der ruhig und unthätig genießenden Beschauung und des Eigennutzes ab, der nur durch Rücksicht auf einen Gebrauch genießt, der sein

Allein auch unvernünftige Wesen, unbelebte sogar, können ähnliche Triebe erwecken und befriedigen.

Die Wonne, welche die Begünstigung dieser Sinnlichkeit mit sich führt, setzt zum Voraus, daß ich dem Gegenstande, mit dem ich ins Verhältniß komme, das Gefühl seines Zustandes beylege, es sey durch eine Operation der Einbildungskraft, oder durch Ueberzeugung meiner Vernunft. Sie setzt ferner zum Voraus, daß ich in dem Gefühle, das ich dem Gegenstande von seinem Wohl beylege, den Grund meiner Lust suche, indem ich mich in seinen Zustand hineinzuversetzen und seine Gefühle zu theilen strebe. Denkt an die Erheiterung, die ihr in der Gesellschaft froher Unbekannten aufsucht; denkt an die Vorbereitung, die ihr zu einem Feste macht, das eure Hausgenossen erfreuen soll; denkt an die Ueberzeugung, die ihr dem Freunde von eurer ihn beglückenden Liebe zu geben sucht; – in diesen und ähnlichen Fällen begnügt ihr euch nicht, ihre Eigenthümlichkeiten ruhig anzuschauen; sondern ihr strebt, und wornach? sie glücklich zu wissen, und ihr Wohl zu theilen. Aber euer Streben geht nicht auf den Besitz ihres Zustandes aus, um nur euch froh zu fühlen; und wenn ihr auch ihren Zustand theilt, so hört damit das Bestreben nach weiterer Verbindung mit jenen Menschen nicht auf. Ihr genießt in ihrer Gegenwart, aber ihr strebt zugleich, diesen Genuß durch fortschreitende Annäherung an ihre Person, und Beförderung ihres Wohls immer weiter auszubilden.

Schon hier sondert sich die Wonne der Geselligkeit sehr bestimmt von der Wonne der ruhig und unthätig genießenden Beschauung und des Eigennutzes ab, der nur durch Rücksicht auf einen Gebrauch genießt, der sein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0043" n="43"/>
Allein auch unvernünftige Wesen, unbelebte sogar, können ähnliche Triebe erwecken und befriedigen.</p>
            <p>Die Wonne, welche die Begünstigung dieser Sinnlichkeit mit sich führt, setzt zum Voraus, daß ich dem Gegenstande, mit dem ich ins Verhältniß komme, das Gefühl seines Zustandes beylege, es sey durch eine Operation der Einbildungskraft, oder durch Ueberzeugung meiner Vernunft. Sie setzt ferner zum Voraus, daß ich in dem Gefühle, das ich dem Gegenstande von seinem Wohl beylege, den Grund meiner Lust suche, indem ich mich in seinen Zustand hineinzuversetzen und seine Gefühle zu theilen strebe. Denkt an die Erheiterung, die ihr in der Gesellschaft froher Unbekannten aufsucht; denkt an die Vorbereitung, die ihr zu einem Feste macht, das eure Hausgenossen erfreuen soll; denkt an die Ueberzeugung, die ihr dem Freunde von eurer ihn beglückenden Liebe zu geben sucht; &#x2013; in diesen und ähnlichen Fällen begnügt ihr euch nicht, ihre Eigenthümlichkeiten ruhig anzuschauen; sondern ihr strebt, und wornach? sie glücklich zu wissen, und ihr Wohl zu theilen. Aber euer Streben geht nicht auf den Besitz ihres Zustandes aus, um nur euch froh zu fühlen; und wenn ihr auch ihren Zustand theilt, so hört damit das Bestreben nach weiterer Verbindung mit jenen Menschen nicht auf. Ihr genießt in ihrer Gegenwart, aber ihr strebt zugleich, diesen Genuß durch fortschreitende Annäherung an ihre Person, und Beförderung ihres Wohls immer weiter auszubilden.</p>
            <p>Schon hier sondert sich die Wonne der Geselligkeit sehr bestimmt von der Wonne der ruhig und unthätig genießenden Beschauung und des Eigennutzes ab, der nur durch Rücksicht auf einen Gebrauch genießt, der sein
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0043] Allein auch unvernünftige Wesen, unbelebte sogar, können ähnliche Triebe erwecken und befriedigen. Die Wonne, welche die Begünstigung dieser Sinnlichkeit mit sich führt, setzt zum Voraus, daß ich dem Gegenstande, mit dem ich ins Verhältniß komme, das Gefühl seines Zustandes beylege, es sey durch eine Operation der Einbildungskraft, oder durch Ueberzeugung meiner Vernunft. Sie setzt ferner zum Voraus, daß ich in dem Gefühle, das ich dem Gegenstande von seinem Wohl beylege, den Grund meiner Lust suche, indem ich mich in seinen Zustand hineinzuversetzen und seine Gefühle zu theilen strebe. Denkt an die Erheiterung, die ihr in der Gesellschaft froher Unbekannten aufsucht; denkt an die Vorbereitung, die ihr zu einem Feste macht, das eure Hausgenossen erfreuen soll; denkt an die Ueberzeugung, die ihr dem Freunde von eurer ihn beglückenden Liebe zu geben sucht; – in diesen und ähnlichen Fällen begnügt ihr euch nicht, ihre Eigenthümlichkeiten ruhig anzuschauen; sondern ihr strebt, und wornach? sie glücklich zu wissen, und ihr Wohl zu theilen. Aber euer Streben geht nicht auf den Besitz ihres Zustandes aus, um nur euch froh zu fühlen; und wenn ihr auch ihren Zustand theilt, so hört damit das Bestreben nach weiterer Verbindung mit jenen Menschen nicht auf. Ihr genießt in ihrer Gegenwart, aber ihr strebt zugleich, diesen Genuß durch fortschreitende Annäherung an ihre Person, und Beförderung ihres Wohls immer weiter auszubilden. Schon hier sondert sich die Wonne der Geselligkeit sehr bestimmt von der Wonne der ruhig und unthätig genießenden Beschauung und des Eigennutzes ab, der nur durch Rücksicht auf einen Gebrauch genießt, der sein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/43
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/43>, abgerufen am 16.04.2024.