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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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erwecken, die den Geist des Beschauers mit der Wonne des Edeln füllen.

Eben jene Aeußerungen des urbanen Mannes können aber auch die Wonne am Schönen erwecken. Nehmt an, daß sein Gewand, sein Geräth, dem Auge geschmackvolle Gestalten darbieten, daß das Anlächeln seines Mundes dem erheiternden Sonnenblick, das Anbieten seines Arms der geschlängelten Blumenranke gleiche, daß der Wohllaut seiner Worte eurem Ohre mit harmonischen Tönen schmeichle; wird das Wohlgefallen, das ihr an diesen Formen der Urbanität nehmt, nicht noch verschieden von der Wonne an ihrer ausgezeichneten Wahrheit und Tüchtigkeit, und sogar noch verschieden von der Wonne an ihrem edeln Gehalte seyn? Unstreitig!

Gesetzt nun, die Gefühle des Edeln und Schönen, welche der urbane Mann in uns erweckte, zeigten sich unter Begleitung jener ausgezeichneten Vollständigkeit und Vortrefflichkeit, die ich oben angedeutet habe; würde dann nicht sogar das Bild einer absoluten Vollkommenheit in uns erweckt werden können?

Und so darf ich denn bereits hier als ausgemacht annehmen, was ich vielleicht in einem besondern Werke noch weitläufiger ausführen werde, daß die Urbanität, so wie jede andere edlere und schönere Fertigkeit, für den Beschauungshang arbeiten, und einem allgemeingültigen Geschmacksurtheile unterworfen werden kann. Es giebt eine Venus hospita, wie es eine Venus Charis und Urania giebt.

erwecken, die den Geist des Beschauers mit der Wonne des Edeln füllen.

Eben jene Aeußerungen des urbanen Mannes können aber auch die Wonne am Schönen erwecken. Nehmt an, daß sein Gewand, sein Geräth, dem Auge geschmackvolle Gestalten darbieten, daß das Anlächeln seines Mundes dem erheiternden Sonnenblick, das Anbieten seines Arms der geschlängelten Blumenranke gleiche, daß der Wohllaut seiner Worte eurem Ohre mit harmonischen Tönen schmeichle; wird das Wohlgefallen, das ihr an diesen Formen der Urbanität nehmt, nicht noch verschieden von der Wonne an ihrer ausgezeichneten Wahrheit und Tüchtigkeit, und sogar noch verschieden von der Wonne an ihrem edeln Gehalte seyn? Unstreitig!

Gesetzt nun, die Gefühle des Edeln und Schönen, welche der urbane Mann in uns erweckte, zeigten sich unter Begleitung jener ausgezeichneten Vollständigkeit und Vortrefflichkeit, die ich oben angedeutet habe; würde dann nicht sogar das Bild einer absoluten Vollkommenheit in uns erweckt werden können?

Und so darf ich denn bereits hier als ausgemacht annehmen, was ich vielleicht in einem besondern Werke noch weitläufiger ausführen werde, daß die Urbanität, so wie jede andere edlere und schönere Fertigkeit, für den Beschauungshang arbeiten, und einem allgemeingültigen Geschmacksurtheile unterworfen werden kann. Es giebt eine Venus hospita, wie es eine Venus Charis und Urania giebt.

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[226/0226] erwecken, die den Geist des Beschauers mit der Wonne des Edeln füllen. Eben jene Aeußerungen des urbanen Mannes können aber auch die Wonne am Schönen erwecken. Nehmt an, daß sein Gewand, sein Geräth, dem Auge geschmackvolle Gestalten darbieten, daß das Anlächeln seines Mundes dem erheiternden Sonnenblick, das Anbieten seines Arms der geschlängelten Blumenranke gleiche, daß der Wohllaut seiner Worte eurem Ohre mit harmonischen Tönen schmeichle; wird das Wohlgefallen, das ihr an diesen Formen der Urbanität nehmt, nicht noch verschieden von der Wonne an ihrer ausgezeichneten Wahrheit und Tüchtigkeit, und sogar noch verschieden von der Wonne an ihrem edeln Gehalte seyn? Unstreitig! Gesetzt nun, die Gefühle des Edeln und Schönen, welche der urbane Mann in uns erweckte, zeigten sich unter Begleitung jener ausgezeichneten Vollständigkeit und Vortrefflichkeit, die ich oben angedeutet habe; würde dann nicht sogar das Bild einer absoluten Vollkommenheit in uns erweckt werden können? Und so darf ich denn bereits hier als ausgemacht annehmen, was ich vielleicht in einem besondern Werke noch weitläufiger ausführen werde, daß die Urbanität, so wie jede andere edlere und schönere Fertigkeit, für den Beschauungshang arbeiten, und einem allgemeingültigen Geschmacksurtheile unterworfen werden kann. Es giebt eine Venus hospita, wie es eine Venus Charis und Urania giebt.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/226>, abgerufen am 16.04.2024.