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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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dunkler, die Phantasie erschütternder Bilder, dennoch gefesselt fand. Ich habe dramatische Erzähler gekannt, die den erbärmlichsten Anekdoten, die in jedes andern Munde wahre Albernheiten geworden wären, eine Einkleidung zu geben wußten, wodurch sie der Aufmerksamkeit des aufgeklärtesten Kopfes würdig wurden. Werden aber nun gar diese schönen Formen zur Behandlung eines Gegenstandes gebraucht, der schon an sich vollkommen für die Conversation paßt, erhöhen, unterstützen sie unmittelbar seinen edeln inneren Gehalt; dann erhebt der gesellige Sprecher das unterhaltende Wesen an seiner Person zu einem Bilde absoluter Vollkommenheit. So erscheint Plato in seinen Dialogen, und in einem verschiedenen Charakter Fontenelle, Voltaire, u. s. w.

Diese Vollkommenheit der geselligen Unterhaltung wird dem edeln Weibe in seinem Liebhaber nicht gleichgültig seyn, und dieser wird allerdings darauf als auf ein Mittel rechnen dürfen, sich dem Herzen der Geliebten näher zu bringen. O! es liegt eine feine und hohe Schmeicheley für das Weib in der Wahl des Stoffs zur Conversation mit ihm, und in der Art, wie wir diesen behandeln. Aber es ist auch schwerer, als man gemeiniglich glaubt, den Punkt zu treffen, wo sich Pedanterie, Geschwätz, Anmaßung, Langweiligkeit, Ziererey, von edler und schöner Unterhaltung scheiden!

Vor allen Dingen hüte dich bey der edeln Frau nicht den Verdacht zu erwecken, als ob du ihren kindischen Geist nur zum Lachen bestimmt glaubtest, oder als ob gar die Fehler und Schwächen ihrer Mitmenschen allein berechtigt wären, sie zu unterhalten. Es ist gefährlich, sage ich, sich boshafte oder auch ehe wir genau gekannt sind, zu feine Bemerkungen über die Mängel anderer zu

dunkler, die Phantasie erschütternder Bilder, dennoch gefesselt fand. Ich habe dramatische Erzähler gekannt, die den erbärmlichsten Anekdoten, die in jedes andern Munde wahre Albernheiten geworden wären, eine Einkleidung zu geben wußten, wodurch sie der Aufmerksamkeit des aufgeklärtesten Kopfes würdig wurden. Werden aber nun gar diese schönen Formen zur Behandlung eines Gegenstandes gebraucht, der schon an sich vollkommen für die Conversation paßt, erhöhen, unterstützen sie unmittelbar seinen edeln inneren Gehalt; dann erhebt der gesellige Sprecher das unterhaltende Wesen an seiner Person zu einem Bilde absoluter Vollkommenheit. So erscheint Plato in seinen Dialogen, und in einem verschiedenen Charakter Fontenelle, Voltaire, u. s. w.

Diese Vollkommenheit der geselligen Unterhaltung wird dem edeln Weibe in seinem Liebhaber nicht gleichgültig seyn, und dieser wird allerdings darauf als auf ein Mittel rechnen dürfen, sich dem Herzen der Geliebten näher zu bringen. O! es liegt eine feine und hohe Schmeicheley für das Weib in der Wahl des Stoffs zur Conversation mit ihm, und in der Art, wie wir diesen behandeln. Aber es ist auch schwerer, als man gemeiniglich glaubt, den Punkt zu treffen, wo sich Pedanterie, Geschwätz, Anmaßung, Langweiligkeit, Ziererey, von edler und schöner Unterhaltung scheiden!

Vor allen Dingen hüte dich bey der edeln Frau nicht den Verdacht zu erwecken, als ob du ihren kindischen Geist nur zum Lachen bestimmt glaubtest, oder als ob gar die Fehler und Schwächen ihrer Mitmenschen allein berechtigt wären, sie zu unterhalten. Es ist gefährlich, sage ich, sich boshafte oder auch ehe wir genau gekannt sind, zu feine Bemerkungen über die Mängel anderer zu

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dunkler, die Phantasie erschütternder Bilder, dennoch gefesselt fand. Ich habe dramatische Erzähler gekannt, die den erbärmlichsten Anekdoten, die in jedes andern Munde wahre Albernheiten geworden wären, eine Einkleidung zu geben wußten, wodurch sie der Aufmerksamkeit des aufgeklärtesten Kopfes würdig wurden. Werden aber nun gar diese schönen Formen zur Behandlung eines Gegenstandes gebraucht, der schon an sich vollkommen für die Conversation paßt, erhöhen, unterstützen sie unmittelbar seinen edeln inneren Gehalt; dann erhebt der gesellige Sprecher das unterhaltende Wesen an seiner Person zu einem Bilde absoluter Vollkommenheit. So erscheint Plato in seinen Dialogen, und in einem verschiedenen Charakter Fontenelle, Voltaire, u. s. w.</p>
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[237/0237] dunkler, die Phantasie erschütternder Bilder, dennoch gefesselt fand. Ich habe dramatische Erzähler gekannt, die den erbärmlichsten Anekdoten, die in jedes andern Munde wahre Albernheiten geworden wären, eine Einkleidung zu geben wußten, wodurch sie der Aufmerksamkeit des aufgeklärtesten Kopfes würdig wurden. Werden aber nun gar diese schönen Formen zur Behandlung eines Gegenstandes gebraucht, der schon an sich vollkommen für die Conversation paßt, erhöhen, unterstützen sie unmittelbar seinen edeln inneren Gehalt; dann erhebt der gesellige Sprecher das unterhaltende Wesen an seiner Person zu einem Bilde absoluter Vollkommenheit. So erscheint Plato in seinen Dialogen, und in einem verschiedenen Charakter Fontenelle, Voltaire, u. s. w. Diese Vollkommenheit der geselligen Unterhaltung wird dem edeln Weibe in seinem Liebhaber nicht gleichgültig seyn, und dieser wird allerdings darauf als auf ein Mittel rechnen dürfen, sich dem Herzen der Geliebten näher zu bringen. O! es liegt eine feine und hohe Schmeicheley für das Weib in der Wahl des Stoffs zur Conversation mit ihm, und in der Art, wie wir diesen behandeln. Aber es ist auch schwerer, als man gemeiniglich glaubt, den Punkt zu treffen, wo sich Pedanterie, Geschwätz, Anmaßung, Langweiligkeit, Ziererey, von edler und schöner Unterhaltung scheiden! Vor allen Dingen hüte dich bey der edeln Frau nicht den Verdacht zu erwecken, als ob du ihren kindischen Geist nur zum Lachen bestimmt glaubtest, oder als ob gar die Fehler und Schwächen ihrer Mitmenschen allein berechtigt wären, sie zu unterhalten. Es ist gefährlich, sage ich, sich boshafte oder auch ehe wir genau gekannt sind, zu feine Bemerkungen über die Mängel anderer zu

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/237>, abgerufen am 20.04.2024.