Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Er läßt sich von ihm bedienen, pflegen, nutzt es als Mittel des Erwerbes und als ein unentbehrliches Werkzeug, seine Sinnlichkeit zu befriedigen, und sich zugleich eine Nachkommenschaft zu erwecken, die er wieder zu seiner Unterhaltung und zu seinem Gewinne bestimmt glaubt. Das ist die Lage des weicheren Geschlechts gegen das stärkere unter Menschen, deren grober Eigennutz weder durch feinere Sinnlichkeit noch durch Vernunft gemildert ist, und die sich der Geschlechtssympathie nur bedienen, um die Wege zur Befriedigung ihrer Selbstheit zu vermehren.

Bey einigen Völkern, besonders bey solchen, unter denen das heiße Klima, oder ein außerordentlicher Schmutz die dem schwächeren Geschlechte eigenthümlichen Unpäßlichkeiten stärker und schädlicher macht, erwacht sehr leicht die Idee einer Unvollkommenheit und Gefährlichkeit des Weibes, die einen physischen Ekel und einen religiösen Abscheu begründet. Man glaubt von der Natur selbst berechtigt zu seyn, ein Geschöpf, das sich von dem Manne durch Mängel auszeichnet, zu verachten, und sieht es wohl gar als verdienstlich an, ein Wesen, das die Götter geächtet, und zum Uebelthun und Leiden bestimmt haben, zu mißhandeln. Die Erstlinge des unnennbaren Genusses, welche ähnliche Erscheinungen mit denen der periodischen Unpäßlichkeiten an dem Weibe hervorbringen, werden als unrein verschmähet, und die unbefleckte Unschuld vor der Ehe, weit entfernt ein Vorzug zu seyn, wird vielmehr als ein noch nicht gehobener Fehler betrachtet. Demungeachtet gehört das Weib in der Ehe ausschließlich dem Manne. Bey keinem Volke in der Welt ist der Ehebruch jemahls als etwas Gleichgültiges betrachtet

Er läßt sich von ihm bedienen, pflegen, nutzt es als Mittel des Erwerbes und als ein unentbehrliches Werkzeug, seine Sinnlichkeit zu befriedigen, und sich zugleich eine Nachkommenschaft zu erwecken, die er wieder zu seiner Unterhaltung und zu seinem Gewinne bestimmt glaubt. Das ist die Lage des weicheren Geschlechts gegen das stärkere unter Menschen, deren grober Eigennutz weder durch feinere Sinnlichkeit noch durch Vernunft gemildert ist, und die sich der Geschlechtssympathie nur bedienen, um die Wege zur Befriedigung ihrer Selbstheit zu vermehren.

Bey einigen Völkern, besonders bey solchen, unter denen das heiße Klima, oder ein außerordentlicher Schmutz die dem schwächeren Geschlechte eigenthümlichen Unpäßlichkeiten stärker und schädlicher macht, erwacht sehr leicht die Idee einer Unvollkommenheit und Gefährlichkeit des Weibes, die einen physischen Ekel und einen religiösen Abscheu begründet. Man glaubt von der Natur selbst berechtigt zu seyn, ein Geschöpf, das sich von dem Manne durch Mängel auszeichnet, zu verachten, und sieht es wohl gar als verdienstlich an, ein Wesen, das die Götter geächtet, und zum Uebelthun und Leiden bestimmt haben, zu mißhandeln. Die Erstlinge des unnennbaren Genusses, welche ähnliche Erscheinungen mit denen der periodischen Unpäßlichkeiten an dem Weibe hervorbringen, werden als unrein verschmähet, und die unbefleckte Unschuld vor der Ehe, weit entfernt ein Vorzug zu seyn, wird vielmehr als ein noch nicht gehobener Fehler betrachtet. Demungeachtet gehört das Weib in der Ehe ausschließlich dem Manne. Bey keinem Volke in der Welt ist der Ehebruch jemahls als etwas Gleichgültiges betrachtet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0021" n="21"/>
Er läßt sich von ihm bedienen, pflegen, nutzt es als Mittel des Erwerbes und als ein unentbehrliches Werkzeug, seine Sinnlichkeit zu befriedigen, und sich zugleich eine Nachkommenschaft zu erwecken, die er wieder zu seiner Unterhaltung und zu seinem Gewinne bestimmt glaubt. Das ist die Lage des weicheren Geschlechts gegen das stärkere unter Menschen, deren grober Eigennutz weder durch feinere Sinnlichkeit noch durch Vernunft gemildert ist, und die sich der Geschlechtssympathie nur bedienen, um die Wege zur Befriedigung ihrer Selbstheit zu vermehren.</p>
          <p>Bey einigen Völkern, besonders bey solchen, unter denen das heiße Klima, oder ein außerordentlicher Schmutz die dem schwächeren Geschlechte eigenthümlichen Unpäßlichkeiten stärker und schädlicher macht, erwacht sehr leicht die Idee einer Unvollkommenheit und Gefährlichkeit des Weibes, die einen physischen Ekel und einen religiösen Abscheu begründet. Man glaubt von der Natur selbst berechtigt zu seyn, ein Geschöpf, das sich von dem Manne durch Mängel auszeichnet, zu verachten, und sieht es wohl gar als verdienstlich an, ein Wesen, das die Götter geächtet, und zum Uebelthun und Leiden bestimmt haben, zu mißhandeln. Die Erstlinge des unnennbaren Genusses, welche ähnliche Erscheinungen mit denen der periodischen Unpäßlichkeiten an dem Weibe hervorbringen, werden als unrein verschmähet, und die unbefleckte Unschuld vor der Ehe, weit entfernt ein Vorzug zu seyn, wird vielmehr als ein noch nicht gehobener Fehler betrachtet. Demungeachtet gehört das Weib in der Ehe ausschließlich dem Manne. Bey keinem Volke in der Welt ist der Ehebruch jemahls als etwas Gleichgültiges betrachtet
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0021] Er läßt sich von ihm bedienen, pflegen, nutzt es als Mittel des Erwerbes und als ein unentbehrliches Werkzeug, seine Sinnlichkeit zu befriedigen, und sich zugleich eine Nachkommenschaft zu erwecken, die er wieder zu seiner Unterhaltung und zu seinem Gewinne bestimmt glaubt. Das ist die Lage des weicheren Geschlechts gegen das stärkere unter Menschen, deren grober Eigennutz weder durch feinere Sinnlichkeit noch durch Vernunft gemildert ist, und die sich der Geschlechtssympathie nur bedienen, um die Wege zur Befriedigung ihrer Selbstheit zu vermehren. Bey einigen Völkern, besonders bey solchen, unter denen das heiße Klima, oder ein außerordentlicher Schmutz die dem schwächeren Geschlechte eigenthümlichen Unpäßlichkeiten stärker und schädlicher macht, erwacht sehr leicht die Idee einer Unvollkommenheit und Gefährlichkeit des Weibes, die einen physischen Ekel und einen religiösen Abscheu begründet. Man glaubt von der Natur selbst berechtigt zu seyn, ein Geschöpf, das sich von dem Manne durch Mängel auszeichnet, zu verachten, und sieht es wohl gar als verdienstlich an, ein Wesen, das die Götter geächtet, und zum Uebelthun und Leiden bestimmt haben, zu mißhandeln. Die Erstlinge des unnennbaren Genusses, welche ähnliche Erscheinungen mit denen der periodischen Unpäßlichkeiten an dem Weibe hervorbringen, werden als unrein verschmähet, und die unbefleckte Unschuld vor der Ehe, weit entfernt ein Vorzug zu seyn, wird vielmehr als ein noch nicht gehobener Fehler betrachtet. Demungeachtet gehört das Weib in der Ehe ausschließlich dem Manne. Bey keinem Volke in der Welt ist der Ehebruch jemahls als etwas Gleichgültiges betrachtet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/21
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/21>, abgerufen am 19.04.2024.