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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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verschönern suchten, schränkten sich darauf ein, die gröbsten Begierden durch kurze Hindernisse und Beymischung solcher Verzierungen, woran der Verstand mehr Antheil hatte als das Herz, schmackhafter und dauernder zu machen. Das Wort Galanterie nahm nun eine ganz andere Bedeutung an. Zu Anfange des Jahrhunderts hatte Richelet noch von der Des Jardins ohne Vorwurf sagen dürfen: daß sie sich nach dem Verluste zweyer Gatten in die Galanterie geworfen hätte: d. h. den Umgang mit unserm Geschlechte nur zur Unterhaltung ihres Geistes aufgesucht habe. In der Mitte des nehmlichen Jahrhunderts, und schon früher, würde dieser Ausdruck eine sittenlose Aufführung bezeichnet haben, die sich nur von der Ausgelassenheit gemeiner Buhlerinnen durch Beobachtung solcher Formen unterscheidet, welche zur Erhöhung des Vergnügens und zur Bewahrung des Scheins der Achtung für das Publikum, der Selbstschätzung, und der Verehrung für die Damen dienen.

Die verworfenen Weiber, welche uns Crebillon und einige andere Schriftsteller aus diesen Zeiten schildern, geben sich bey aller Bereitwilligkeit zu den stärksten Gefälligkeiten immer das Ansehn, als ob sie gegen ihre Schamhaftigkeit und gegen Rücksichten auf ihren Ruf zu kämpfen hätten, und nur der Ueberzeugung von der Stärke und Dauer der Leidenschaft ihrer Liebhaber wichen. Diese geben sich gleichfalls den Schein der Achtung für das begehrte Weib, des Glaubens an die Schwierigkeit des Siegs, des Feuers und der Beständigkeit. Dieß konventionelle Benehmen, wobey man von beyden Seiten auf Wahrheit und Ueberzeugung keinesweges rechnete, hieß von nun

verschönern suchten, schränkten sich darauf ein, die gröbsten Begierden durch kurze Hindernisse und Beymischung solcher Verzierungen, woran der Verstand mehr Antheil hatte als das Herz, schmackhafter und dauernder zu machen. Das Wort Galanterie nahm nun eine ganz andere Bedeutung an. Zu Anfange des Jahrhunderts hatte Richelet noch von der Des Jardins ohne Vorwurf sagen dürfen: daß sie sich nach dem Verluste zweyer Gatten in die Galanterie geworfen hätte: d. h. den Umgang mit unserm Geschlechte nur zur Unterhaltung ihres Geistes aufgesucht habe. In der Mitte des nehmlichen Jahrhunderts, und schon früher, würde dieser Ausdruck eine sittenlose Aufführung bezeichnet haben, die sich nur von der Ausgelassenheit gemeiner Buhlerinnen durch Beobachtung solcher Formen unterscheidet, welche zur Erhöhung des Vergnügens und zur Bewahrung des Scheins der Achtung für das Publikum, der Selbstschätzung, und der Verehrung für die Damen dienen.

Die verworfenen Weiber, welche uns Crebillon und einige andere Schriftsteller aus diesen Zeiten schildern, geben sich bey aller Bereitwilligkeit zu den stärksten Gefälligkeiten immer das Ansehn, als ob sie gegen ihre Schamhaftigkeit und gegen Rücksichten auf ihren Ruf zu kämpfen hätten, und nur der Ueberzeugung von der Stärke und Dauer der Leidenschaft ihrer Liebhaber wichen. Diese geben sich gleichfalls den Schein der Achtung für das begehrte Weib, des Glaubens an die Schwierigkeit des Siegs, des Feuers und der Beständigkeit. Dieß konventionelle Benehmen, wobey man von beyden Seiten auf Wahrheit und Ueberzeugung keinesweges rechnete, hieß von nun

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[281/0281] verschönern suchten, schränkten sich darauf ein, die gröbsten Begierden durch kurze Hindernisse und Beymischung solcher Verzierungen, woran der Verstand mehr Antheil hatte als das Herz, schmackhafter und dauernder zu machen. Das Wort Galanterie nahm nun eine ganz andere Bedeutung an. Zu Anfange des Jahrhunderts hatte Richelet noch von der Des Jardins ohne Vorwurf sagen dürfen: daß sie sich nach dem Verluste zweyer Gatten in die Galanterie geworfen hätte: d. h. den Umgang mit unserm Geschlechte nur zur Unterhaltung ihres Geistes aufgesucht habe. In der Mitte des nehmlichen Jahrhunderts, und schon früher, würde dieser Ausdruck eine sittenlose Aufführung bezeichnet haben, die sich nur von der Ausgelassenheit gemeiner Buhlerinnen durch Beobachtung solcher Formen unterscheidet, welche zur Erhöhung des Vergnügens und zur Bewahrung des Scheins der Achtung für das Publikum, der Selbstschätzung, und der Verehrung für die Damen dienen. Die verworfenen Weiber, welche uns Crebillon und einige andere Schriftsteller aus diesen Zeiten schildern, geben sich bey aller Bereitwilligkeit zu den stärksten Gefälligkeiten immer das Ansehn, als ob sie gegen ihre Schamhaftigkeit und gegen Rücksichten auf ihren Ruf zu kämpfen hätten, und nur der Ueberzeugung von der Stärke und Dauer der Leidenschaft ihrer Liebhaber wichen. Diese geben sich gleichfalls den Schein der Achtung für das begehrte Weib, des Glaubens an die Schwierigkeit des Siegs, des Feuers und der Beständigkeit. Dieß konventionelle Benehmen, wobey man von beyden Seiten auf Wahrheit und Ueberzeugung keinesweges rechnete, hieß von nun

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/281>, abgerufen am 19.04.2024.