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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
rigkeit empfunden haben, die hieraus entspringt. In den
einzelnen Momenten eines sich fortbildenden Lebens neh-
men wir doch die verschiedenen Strömungen der Weltge-
schicke wahr.

Diese Schwierigkeit verdoppelt sich aber noch, wenn
eine Macht, wie es zuweilen geschieht, eine Weltbewegung
anregt, ein Princip derselben vorzugsweise in sich darstellt.
An der Gesammthandlung des Jahrhunderts nimmt sie dann
einen so thätigen Antheil, sie setzt sich in eine so lebendige
Beziehung zu allen Kräften der Welt, daß ihre Geschichte
sich in gewissem Sinne zur Universalgeschichte erweitert.

In einen solchen Moment trat das Papstthum nach
dem tridentinischen Concilium ein.

In seinem Innern erschüttert, in dem Grunde seines
Daseyns gefährdet, hatte es sich zu behaupten und wie-
der zu erneuern gewußt. In den beiden südlichen Halb-
inseln hatte es bereits alle feindseligen Bestrebungen von
sich ausgestoßen, und die Elemente des Lebens aufs neue
an sich gezogen, durchdrungen. Jetzt faßte es den Gedan-
ken, die Abgefallenen in allen andern Theilen der Welt
wieder zu unterwerfen. Rom ward noch einmal eine er-
obernde Macht: es machte Entwürfe, es fing Unterneh-
mungen an, wie sie von diesen sieben Hügeln in der al-
ten Zeit, in den mittlern Jahrhunderten ausgegangen
waren.

Wir würden die Geschichte des restaurirten Papst-
thums noch wenig kennen, wenn wir uns bloß in seinem
Mittelpunkt aufhalten wollten. Erst in seiner Einwirkung
auf die Welt zeigt sich seine wesentliche Bedeutung.


Buch V. Gegenreformationen.
rigkeit empfunden haben, die hieraus entſpringt. In den
einzelnen Momenten eines ſich fortbildenden Lebens neh-
men wir doch die verſchiedenen Stroͤmungen der Weltge-
ſchicke wahr.

Dieſe Schwierigkeit verdoppelt ſich aber noch, wenn
eine Macht, wie es zuweilen geſchieht, eine Weltbewegung
anregt, ein Princip derſelben vorzugsweiſe in ſich darſtellt.
An der Geſammthandlung des Jahrhunderts nimmt ſie dann
einen ſo thaͤtigen Antheil, ſie ſetzt ſich in eine ſo lebendige
Beziehung zu allen Kraͤften der Welt, daß ihre Geſchichte
ſich in gewiſſem Sinne zur Univerſalgeſchichte erweitert.

In einen ſolchen Moment trat das Papſtthum nach
dem tridentiniſchen Concilium ein.

In ſeinem Innern erſchuͤttert, in dem Grunde ſeines
Daſeyns gefaͤhrdet, hatte es ſich zu behaupten und wie-
der zu erneuern gewußt. In den beiden ſuͤdlichen Halb-
inſeln hatte es bereits alle feindſeligen Beſtrebungen von
ſich ausgeſtoßen, und die Elemente des Lebens aufs neue
an ſich gezogen, durchdrungen. Jetzt faßte es den Gedan-
ken, die Abgefallenen in allen andern Theilen der Welt
wieder zu unterwerfen. Rom ward noch einmal eine er-
obernde Macht: es machte Entwuͤrfe, es fing Unterneh-
mungen an, wie ſie von dieſen ſieben Huͤgeln in der al-
ten Zeit, in den mittlern Jahrhunderten ausgegangen
waren.

Wir wuͤrden die Geſchichte des reſtaurirten Papſt-
thums noch wenig kennen, wenn wir uns bloß in ſeinem
Mittelpunkt aufhalten wollten. Erſt in ſeiner Einwirkung
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[4/0016] Buch V. Gegenreformationen. rigkeit empfunden haben, die hieraus entſpringt. In den einzelnen Momenten eines ſich fortbildenden Lebens neh- men wir doch die verſchiedenen Stroͤmungen der Weltge- ſchicke wahr. Dieſe Schwierigkeit verdoppelt ſich aber noch, wenn eine Macht, wie es zuweilen geſchieht, eine Weltbewegung anregt, ein Princip derſelben vorzugsweiſe in ſich darſtellt. An der Geſammthandlung des Jahrhunderts nimmt ſie dann einen ſo thaͤtigen Antheil, ſie ſetzt ſich in eine ſo lebendige Beziehung zu allen Kraͤften der Welt, daß ihre Geſchichte ſich in gewiſſem Sinne zur Univerſalgeſchichte erweitert. In einen ſolchen Moment trat das Papſtthum nach dem tridentiniſchen Concilium ein. In ſeinem Innern erſchuͤttert, in dem Grunde ſeines Daſeyns gefaͤhrdet, hatte es ſich zu behaupten und wie- der zu erneuern gewußt. In den beiden ſuͤdlichen Halb- inſeln hatte es bereits alle feindſeligen Beſtrebungen von ſich ausgeſtoßen, und die Elemente des Lebens aufs neue an ſich gezogen, durchdrungen. Jetzt faßte es den Gedan- ken, die Abgefallenen in allen andern Theilen der Welt wieder zu unterwerfen. Rom ward noch einmal eine er- obernde Macht: es machte Entwuͤrfe, es fing Unterneh- mungen an, wie ſie von dieſen ſieben Huͤgeln in der al- ten Zeit, in den mittlern Jahrhunderten ausgegangen waren. Wir wuͤrden die Geſchichte des reſtaurirten Papſt- thums noch wenig kennen, wenn wir uns bloß in ſeinem Mittelpunkt aufhalten wollten. Erſt in ſeiner Einwirkung auf die Welt zeigt ſich ſeine weſentliche Bedeutung.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/16>, abgerufen am 28.03.2024.