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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Savoyen und die Schweiz.
ren Kräften 1). Die fünf Orte nahmen bei diesem Ab-
kommen Niemand aus, selbst nicht ihre Eidgenossen. Viel-
mehr war der Bund ohne Zweifel eben diesen entgegenge-
setzt: es gab sonst Niemand, mit dem sie um der Reli-
gion willen hätten besorgen müssen in Krieg zu gerathen.

Wie viel stärker war doch auch hier das religiöse
Moment als das nationale! Die Gemeinschaft im Glau-
ben vereinigte jetzt die alten Schwytzer und das Haus
Oestreich! Die Eidgenossenschaft ward für den Augenblick
hintangesetzt.

Ein Glück war es noch, daß es keinen Anlaß zu au-
genblicklicher Fehde gab. Der Einfluß jener Verbindungen
ward zunächst nur von Genf empfunden.

Der Herzog von Savoyen, Carl Emanuel, ein Fürst
sein Lebelang von unruhigem Ehrgeiz, hatte schon oft die
Neigung gezeigt sich bei günstiger Gelegenheit der Stadt
Genf wieder zu bemächtigen, als deren rechtmäßigen Herrn
er sich betrachtete: aber immer waren seine Absichten von vorn
herein an dem Widerstande der Schweizer und der Franzo-
sen, an dem Schutze, den diese Mächte den Genfern ange-
deihen ließen, gescheitert.

Jetzt aber hatten sich die Verhältnisse geändert. Im
Sommer 1588, unter dem Einfluß Guise's, versprach Hein-
rich III. eine Unternehmung gegen Genf nicht mehr stö-
ren zu wollen. Wenigstens die katholischen Cantone der
Schweiz hatten jetzt nichts mehr dagegen. So viel ich

1) Traite d'alliance fait entre Philipp II. etc. Dumont:
Corps diplomatique V. I, p.
459.

Savoyen und die Schweiz.
ren Kraͤften 1). Die fuͤnf Orte nahmen bei dieſem Ab-
kommen Niemand aus, ſelbſt nicht ihre Eidgenoſſen. Viel-
mehr war der Bund ohne Zweifel eben dieſen entgegenge-
ſetzt: es gab ſonſt Niemand, mit dem ſie um der Reli-
gion willen haͤtten beſorgen muͤſſen in Krieg zu gerathen.

Wie viel ſtaͤrker war doch auch hier das religioͤſe
Moment als das nationale! Die Gemeinſchaft im Glau-
ben vereinigte jetzt die alten Schwytzer und das Haus
Oeſtreich! Die Eidgenoſſenſchaft ward fuͤr den Augenblick
hintangeſetzt.

Ein Gluͤck war es noch, daß es keinen Anlaß zu au-
genblicklicher Fehde gab. Der Einfluß jener Verbindungen
ward zunaͤchſt nur von Genf empfunden.

Der Herzog von Savoyen, Carl Emanuel, ein Fuͤrſt
ſein Lebelang von unruhigem Ehrgeiz, hatte ſchon oft die
Neigung gezeigt ſich bei guͤnſtiger Gelegenheit der Stadt
Genf wieder zu bemaͤchtigen, als deren rechtmaͤßigen Herrn
er ſich betrachtete: aber immer waren ſeine Abſichten von vorn
herein an dem Widerſtande der Schweizer und der Franzo-
ſen, an dem Schutze, den dieſe Maͤchte den Genfern ange-
deihen ließen, geſcheitert.

Jetzt aber hatten ſich die Verhaͤltniſſe geaͤndert. Im
Sommer 1588, unter dem Einfluß Guiſe’s, verſprach Hein-
rich III. eine Unternehmung gegen Genf nicht mehr ſtoͤ-
ren zu wollen. Wenigſtens die katholiſchen Cantone der
Schweiz hatten jetzt nichts mehr dagegen. So viel ich

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Corps diplomatique V. I, p.
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[157/0169] Savoyen und die Schweiz. ren Kraͤften 1). Die fuͤnf Orte nahmen bei dieſem Ab- kommen Niemand aus, ſelbſt nicht ihre Eidgenoſſen. Viel- mehr war der Bund ohne Zweifel eben dieſen entgegenge- ſetzt: es gab ſonſt Niemand, mit dem ſie um der Reli- gion willen haͤtten beſorgen muͤſſen in Krieg zu gerathen. Wie viel ſtaͤrker war doch auch hier das religioͤſe Moment als das nationale! Die Gemeinſchaft im Glau- ben vereinigte jetzt die alten Schwytzer und das Haus Oeſtreich! Die Eidgenoſſenſchaft ward fuͤr den Augenblick hintangeſetzt. Ein Gluͤck war es noch, daß es keinen Anlaß zu au- genblicklicher Fehde gab. Der Einfluß jener Verbindungen ward zunaͤchſt nur von Genf empfunden. Der Herzog von Savoyen, Carl Emanuel, ein Fuͤrſt ſein Lebelang von unruhigem Ehrgeiz, hatte ſchon oft die Neigung gezeigt ſich bei guͤnſtiger Gelegenheit der Stadt Genf wieder zu bemaͤchtigen, als deren rechtmaͤßigen Herrn er ſich betrachtete: aber immer waren ſeine Abſichten von vorn herein an dem Widerſtande der Schweizer und der Franzo- ſen, an dem Schutze, den dieſe Maͤchte den Genfern ange- deihen ließen, geſcheitert. Jetzt aber hatten ſich die Verhaͤltniſſe geaͤndert. Im Sommer 1588, unter dem Einfluß Guiſe’s, verſprach Hein- rich III. eine Unternehmung gegen Genf nicht mehr ſtoͤ- ren zu wollen. Wenigſtens die katholiſchen Cantone der Schweiz hatten jetzt nichts mehr dagegen. So viel ich 1) Traité d’alliance fait entre Philipp II. etc. Dumont: Corps diplomatique V. I, p. 459.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/169>, abgerufen am 25.04.2024.