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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Opposition der Lehre.
dern auch festzuhalten und durchzusetzen, sämmtlich erklärte
Widersacher der kirchlichen Anmaßungen und der Ueber-
macht der Spanier 1). Um eine politische Richtung, auch
wenn sie in den Dingen gegründet ist, auszubilden und
ihr Nachdruck zu geben, wird es immer sehr wichtig seyn,
wenn sich talentvolle Männer finden, die sie in ihrer Per-
son darstellen, und nach verschiedenen Seiten hin ausbrei-
ten: doppelt wichtig ist es in einer Republik.

Unter diesen Umständen blieb man nicht allein bei Ge-
sinnungen und Hinneigungen stehn. Von allem Anfang
hatten die Venezianer das Vertrauen auf Heinrich IV,
daß er fähig seyn werde Frankreich wieder zu erheben,
das verlorene Gleichgewicht herzustellen. Obwohl dem
Papst, der Heinrich IV. excommunicirt hatte, mannigfal-
tig verpflichtet, obwohl von den Spaniern, die ihn zu ver-
derben wünschten, zu Land und See umfaßt, und an sich
von keiner weltbedeutenden Macht, hatten sie doch unter al-
len Katholiken zuerst das Herz ihn anzuerkennen. Auf die
Notification ihres Botschafters Mocenigo ermächtigten sie
denselben, Heinrich IV. zu beglückwünschen 2). Ihr Bei-
spiel verfehlte nicht Andere anzuregen. Wiewohl Großher-

1) In des Anonymo (Fra Fulgentio) Vita di Fra Paolo Sarpi
p
. 104, Griselinis Denkwürdigkeiten Fra Paolos p. 40. 78, und
in einigen Stellen bei Foscarini finden wir Nachrichten von diesem
ridotto Mauroceno. Außer den Genannten gehörten noch Peter und
Jacob Contarini, Jacob Morosini, Leonardo Mocenigo, der jedoch
nicht so regelmäßig kam wie die Andern, Antonio Quirini, Jacob
Marcello, Marino Zane, Alessandro Malipiero, der so alt er auch
war doch den Fra Paolo regelmäßig nach Hause begleitete, zu je-
ner Gesellschaft.
2) Andreae Mauroceni Historiarum Venetarum lib. XIII,
p. 548
.

Oppoſition der Lehre.
dern auch feſtzuhalten und durchzuſetzen, ſaͤmmtlich erklaͤrte
Widerſacher der kirchlichen Anmaßungen und der Ueber-
macht der Spanier 1). Um eine politiſche Richtung, auch
wenn ſie in den Dingen gegruͤndet iſt, auszubilden und
ihr Nachdruck zu geben, wird es immer ſehr wichtig ſeyn,
wenn ſich talentvolle Maͤnner finden, die ſie in ihrer Per-
ſon darſtellen, und nach verſchiedenen Seiten hin ausbrei-
ten: doppelt wichtig iſt es in einer Republik.

Unter dieſen Umſtaͤnden blieb man nicht allein bei Ge-
ſinnungen und Hinneigungen ſtehn. Von allem Anfang
hatten die Venezianer das Vertrauen auf Heinrich IV,
daß er faͤhig ſeyn werde Frankreich wieder zu erheben,
das verlorene Gleichgewicht herzuſtellen. Obwohl dem
Papſt, der Heinrich IV. excommunicirt hatte, mannigfal-
tig verpflichtet, obwohl von den Spaniern, die ihn zu ver-
derben wuͤnſchten, zu Land und See umfaßt, und an ſich
von keiner weltbedeutenden Macht, hatten ſie doch unter al-
len Katholiken zuerſt das Herz ihn anzuerkennen. Auf die
Notification ihres Botſchafters Mocenigo ermaͤchtigten ſie
denſelben, Heinrich IV. zu begluͤckwuͤnſchen 2). Ihr Bei-
ſpiel verfehlte nicht Andere anzuregen. Wiewohl Großher-

1) In des Anonymo (Fra Fulgentio) Vita di Fra Paolo Sarpi
p
. 104, Griſelinis Denkwuͤrdigkeiten Fra Paolos p. 40. 78, und
in einigen Stellen bei Foscarini finden wir Nachrichten von dieſem
ridotto Mauroceno. Außer den Genannten gehoͤrten noch Peter und
Jacob Contarini, Jacob Moroſini, Leonardo Mocenigo, der jedoch
nicht ſo regelmaͤßig kam wie die Andern, Antonio Quirini, Jacob
Marcello, Marino Zane, Aleſſandro Malipiero, der ſo alt er auch
war doch den Fra Paolo regelmaͤßig nach Hauſe begleitete, zu je-
ner Geſellſchaft.
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p. 548
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[197/0209] Oppoſition der Lehre. dern auch feſtzuhalten und durchzuſetzen, ſaͤmmtlich erklaͤrte Widerſacher der kirchlichen Anmaßungen und der Ueber- macht der Spanier 1). Um eine politiſche Richtung, auch wenn ſie in den Dingen gegruͤndet iſt, auszubilden und ihr Nachdruck zu geben, wird es immer ſehr wichtig ſeyn, wenn ſich talentvolle Maͤnner finden, die ſie in ihrer Per- ſon darſtellen, und nach verſchiedenen Seiten hin ausbrei- ten: doppelt wichtig iſt es in einer Republik. Unter dieſen Umſtaͤnden blieb man nicht allein bei Ge- ſinnungen und Hinneigungen ſtehn. Von allem Anfang hatten die Venezianer das Vertrauen auf Heinrich IV, daß er faͤhig ſeyn werde Frankreich wieder zu erheben, das verlorene Gleichgewicht herzuſtellen. Obwohl dem Papſt, der Heinrich IV. excommunicirt hatte, mannigfal- tig verpflichtet, obwohl von den Spaniern, die ihn zu ver- derben wuͤnſchten, zu Land und See umfaßt, und an ſich von keiner weltbedeutenden Macht, hatten ſie doch unter al- len Katholiken zuerſt das Herz ihn anzuerkennen. Auf die Notification ihres Botſchafters Mocenigo ermaͤchtigten ſie denſelben, Heinrich IV. zu begluͤckwuͤnſchen 2). Ihr Bei- ſpiel verfehlte nicht Andere anzuregen. Wiewohl Großher- 1) In des Anonymo (Fra Fulgentio) Vita di Fra Paolo Sarpi p. 104, Griſelinis Denkwuͤrdigkeiten Fra Paolos p. 40. 78, und in einigen Stellen bei Foscarini finden wir Nachrichten von dieſem ridotto Mauroceno. Außer den Genannten gehoͤrten noch Peter und Jacob Contarini, Jacob Moroſini, Leonardo Mocenigo, der jedoch nicht ſo regelmaͤßig kam wie die Andern, Antonio Quirini, Jacob Marcello, Marino Zane, Aleſſandro Malipiero, der ſo alt er auch war doch den Fra Paolo regelmaͤßig nach Hauſe begleitete, zu je- ner Geſellſchaft. 2) Andreae Mauroceni Historiarum Venetarum lib. XIII, p. 548.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/209>, abgerufen am 24.04.2024.